Im Kampf von David gegen Goliath hat eine Kneipen-Wirtin vor Gericht gegen die Premier League gewonnen. Für die englische Fußball-Liga ist das eine teure Niederlage. Die Bundesliga ist von dem Urteil auch betroffen, ihr drohen aber nur geringe Verluste.
Eine englische Pub-Besitzerin hat den Milliardenmarkt der TV-Sportrechte kräftig durcheinandergewirbelt, der Bundesliga drohen aber nur geringe Verluste. Karen Murphy vom „Red White & Blue“ in Portsmouth hat in ihrem spektakulären Streit mit der reichen Premier League gesiegt. Ein „Bosman-Urteil für Fernsehrechte“ nennen englische Kommentatoren das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom Dienstag, doch ganz so gravierend ist „Murphy’s Law“ nicht. Trotzdem sanken die Aktienkurse von Sky in Deutschland und dem englischen Anbieter BSkyB unmittelbar nach dem Richterspruch.
„Die Bundesliga muss nicht zittern“, sagte Hartmut Zastrow, Vorstand des Marketing-Unternehmens „Sport + Markt“: „Das ist kein Erdbeben“. Die deutsche Profivereine müssen „mit homöopathischen Einnahmenseinbußen durch den Wegfall der TV-Vermarktung in Europa rechnen.“ Sicher ist allerdings, dass viele der derzeitigen TV-Verträge in Teilbereichen ungültig sind und die Exklusiv-Vermarktung von Fernsehrechten im Sport geändert werden muss. Das betrifft die europäischen Fußball-Ligen ebenso wie die großen Sport-Verbände.
„Die FIFA, UEFA und Champions League müssen sich warm anziehen“, sagte Zastrow: „Nur die ganz großen Networks werden in Zukunft in der Lage sein, die Rechte zu kaufen.“ Momentan werden Rechte in jedem Land einzeln verkauft, demnächst dürfte das europaweit erfolgen.
Betroffen ist in Deutschland derzeit die Auslandsvermarktung der Bundesliga innerhalb der EU. Der Anteil in der laufenden Saison liegt bei rund 25 Millionen Euro, während die Liga im Inland etwa 420 Millionen Euro einnimmt. Die Rechte von der Saison 2013/14 an sollen noch in diesem Jahr neu ausgeschrieben werden.
Trotz des seit Jahren schwelenden Streits und des absehbaren EuGH-Urteils kommentierte die Deutsche Fußball Liga (DFL) mehr oder wenig nichtssagend. „Wir werden nun die Urteilsbegründung hinsichtlich möglicher Konsequenzen prüfen“, hieß es in einer Pressemitteilung. „Die DFL hat sich gemeinsam mit ihrer Vertriebstochter DFL Sports Enterprises in den vergangenen Monaten intensiv mit der Thematik befasst und Vorkehrungen getroffen, um Auswirkungen sowohl auf die nationalen als auch die internationalen Medienrechte soweit wie möglich einzuschränken.“ Details wollte die DFL nicht nennen.
„Der große Verlierer ist die Premier League, die könnte ein massives Problem bekommen. Sie könnte durch Auslandsvermarktung 300 bis 400 Millionen Euro pro Jahr verlieren“, prophezeite Zastrow. Die Premier League hat derzeit einen rund 1,8 Milliarden Pfund (2,14 Milliarden Euro) schweren Dreijahresvertrag im Inland. „Langfristig ist dieses Urteil sogar ein Vorteil für die Bundesliga, denn alles, was andere große Ligen in ihrer TV-Vermarktung beschränkt, in der die Bundesliga nicht so hohe Einnahmen aufweist, ist gut für die DFL“, so Zastrow weiter. Die TV-Erlöse sorgen in Deutschland nur für knapp ein Drittel der Gesamteinnahmen der Vereine.
Mit seiner Entscheidung vom Dienstag gab der EuGH der mutigen Pub-Besitzerin recht. Murphy hatte in ihrer Kneipe Spiele der Premier League gezeigt, dafür aber keine Decoderkarte des britischen Bezahlsenders BSkyB verwendet, sondern eine günstigere aus Griechenland (Nova). Murphy sparte nach eigenen Angaben rund 6400 Pfund im Jahr, sie zog sich aber den Ärger der Premier League und des TV-Senders zu.
Die Kneipen-Chefin wurde von der „Football Association Premier League“ (FAPL) verklagt, die die Rechte zur Ausstrahlung der englischen Top-Liga vermarktet. Nun hat sie den Rechtsstreit gewonnen. „Sie ist überwältigt vor Erleichterung“, sagte ihr Anwalt Paul Dixon der BBC. „Es war ein langer Weg für sie, aber sie ist hocherfreut, dass der Fall nun wieder nach London vor den High Court zurückkommt, wo er bald abgeschlossen wird, wie wir hoffen“, sagte Anwalt Dixon. Das Urteil auf europäischer Ebene muss noch von einem britischen Gericht bestätigt werden. Dies gilt allerdings als höchstwahrscheinlich. [Michael Rossmann und Christoph Meurer]
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