ORF im Visier der Politik?

15
665
Die derzeitigen Regierungsverhandlungen in Österreich lassen negative Auswirkungen für den ORF und den Medienstandort Österreich befürchten.

Aktuell finden in Österreich Regierungsverhandlungen statt. Den Bundeskanzler wird nach derzeitiger Sicht der Dinge, von der rechtspopulistischen FPÖ gestellt werden.

Also einer Partei, die dem öffentlich-rechtlichen ORF alles andere als wohl gesonnen ist. Was bereits von den Regierungsverhandlungen an Plänen durchgedrungen ist, hat das Potential, die Medienlandschaft Österreichs markant zu verändern. Ungarn 2 lässt grüßen!

Was hat die FPÖ vor?

Einen guten Überblick über das, was die Freiheitliche Partei Österreichs so vorhat, wurde erst am 28. Januar unter anderem im Informations-Magazin „Report“ auf ORF2 thematisiert. Die Sendung kann in der ORF-Mediathek nachgesehen werden.

Wackelt die Haushaltsabgabe?

Erst mit Jahresbeginn 2024 wurde die Rundfunkgebühr durch eine gerechtere Haushaltsabgabe ersetzt. Sie berücksichtigt nun alle Empfangswege, auch Streaming. Gut für alle ehrlichen Österreicher: Sie bezahlen nun deutlich weniger für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Lande, als zuvor. Schlecht für alle, die die Rundfunkgebühr bisher erfolgreich umgangen haben: Sie müssen nun auch zahlen. Und das stinkt der FPÖ. Die will deshalb die Haushaltsabgabe wieder abschaffen und den ORF künftig aus dem Staatsbudget finanzieren.

Schafft das nicht Abhängigkeiten?

Das schafft sogar enorme Abhängigkeiten. Nüchtern betrachtet würde damit der ORF seine politische Unabhängigkeit verlieren. Denn um auch künftig sein Geld zu erhalten, müsste er stets brav das Sprachrohr der regierenden sein. Die bestimmen schließlich, wie viel Geld der Sender im nächsten Jahr bekommen würde. Und da hat man es auch in der Hand, unliebsame Berichterstattungen durch eine Reduzierung der finanziellen Zuwendungen zu „belohnen“.

Wie viel Geld würde der ORF bekommen?

Aus der Sicht der Freiheitlichen gibt der ORF viel zu viel Geld aus. Deshalb würde das Geld aus dem vom Finanzminister verwalteten Staatsbudget deutlich geringer ausfallen, als der ORF jetzt zur Verfügung hat. Die Rede ist von Kürzungen in der Größenordnung von 100 Millionen Euro. Das entspricht etwa ein Sechstel des bisherigen ORF-Budgets.

Was wären die Folgen?

Unausweichlich wären massive Kürzungen im Programm und im Personal. Darunter würden unter anderem Koproduktionen leiden. Da brauchen wir nur an die seit vielen Jahren bewährte Zusammenarbeit mit ARD und ZDF denken. Es wäre auch deutlich weniger für Sport und vieles mehr nicht mehr da.

Es ist auch davon auszugehen, dass die dann nötigen Einsparungen nicht nur inhaltlicher Natur wären, sondern auch Programme an sich treffen würde. Diese Vermutung kommt nicht von ungefähr. Erst vor wenigen Jahren musste der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Dänemark aufgrund ähnlicher Voraussetzungen zwei seiner TV- und eines seiner Radioprogramme schließen. Ein Plan, der uns zugetragenen, bislang nicht bestätigten Gerüchten, auch auf Österreich zutreffen könnte. Zum Einen steht das Jugendradio FM4, das erst dieser Tage seinen 30. Geburtstag feiern durfte, im Visier der FPÖ. Darüber berichtet unter anderem auch der „Report“. Es könnte aber auch sein, dass der ORF auf künftig nur noch einen einzigen Fernsehkanal zusammengestrichen wird. Würde so etwas wirklich kommen, wäre das ein Schaden für den Medienstandort Österreich, der sich auch künftig nicht mehr reparieren ließe.

Schwere Zeiten für Journalisten?

Auch für Journalisten könnten harte Zeiten anbrechen. Insbesondere, was die freie Berichterstattung anbelangt. So berichtet der „Report“ einmal mehr darüber, dass Journalisten bereits in der Vergangenheit von der FPÖ angegriffen wurden. Es ist zu befürchten, dass so etwas in Zukunft nicht weniger werden wird.

Was ist das Ziel der FPÖ?

In Ungarn haben Viktor Orban und seine Regierungspartei Fidesz, die Medienlandschaft grundlegend umgebaut. Regierungskritische Stimmen und Sender wurden zum Schweigen gebracht. Zu hören bekommen die Ungarn, nicht nur im Staatsfunk, nur noch die Linie der Regierenden. Also keine Widersprüche mehr im TV und Radio. Also ganz nach dem, was sich die FPÖ seit Jahren wünscht. Österreich, künftig ein Medienungarn 2? Es ist ernsthaft zu befürchten.

Was bliebe dann den Österreichern für eine Wahl? Dank der gemeinsamen Sprache mit Deutschland und der Schweiz bliebe den Österreichern im Extremfall, mehr der Tagesschau und heute zu vertrauen, als den möglichen heimischen „Parteinachrichten“. Auch der Nachrichtensender SRF Info wäre dann eine überlegenswerte Alternative.

Auch interessant:

15 Kommentare im Forum
  1. Jahrelang schimpfen rechte Parteien über „Staatsmedien“, nur um dann den unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf ihre Linie zu bringen. Wer jetzt noch über die angeblich unabhängigen Medien bei uns schimpft, sollte sich diese Entwicklung mal anschauen.
  2. Auch hier wieder die Denke, die Alternative zu linearem TV sei nur anderes lineares TV.
Alle Kommentare 15 im Forum anzeigen

Kommentieren Sie den Artikel im Forum