Österreich: Neue Regierung bringt Medien eine Verschnaufpause

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Österreich Politik

Die Österreichische Medienpolitik steht vor großen Veränderungen. Unser Gastkommentar von Jochen Prüller analysiert, wie die neue Koalition die Medienlandschaft beeinflusst.

Die Drohungen der FPÖ, die bis Mitte Februar knapp vor ihrer ersten Kanzlerschaft stand, waren massiv: Von Einsparungen bis zu 15 Prozent beim öffentlich-rechtlichen ORF war die Rede, der Streichung einzelner TV-Sender wie ORF III oder ORF Sport Plus, der Änderung der Medienförderungen hin zu mehr Geld für parteinahe Medien sowie einer drastischen Reduktion der Regierungsinserate. Der Schock in der Branche war groß, der ORF-Redakteursrat reagierte mit den Worten „Die Zerstörung des ORF beginnt“ und die Österreichischen Medienverbände forderten gemeinsam mehr Maßnahmen zum Schutz der Vielfalt, Qualität und Unabhängigkeit des österreichischen Medienmarkts.

Jetzt ist alles anders: Die FPÖ stellt doch nicht den Bundeskanzler und seit 3. März regiert in Österreich erstmals eine Dreierkoalition – aus der konservativen ÖVP, der sozialdemokratischen SPÖ und den liberalen NEOS. Im Regierungsprogramm „Jetzt das Richtige tun. Für Österreich“ sind ihre Pläne für den „Medienstandort“ auf vier Seiten formuliert und das erste Fazit ist klar: Die Aussichten für Österreichs Medien sind zumindest besser als in einer FPÖ-Kanzlerschaft. Die aktuellen Pläne von ÖVP, SPÖ und NEOS bringen eine Verschnaufpause für eine Branche mit multiplen Herausforderungen, aber längst keine Erholung.

Was sich für den ORF künftig ändern soll

Die wichtigsten Vorhaben im Detail: Der ORF soll reformiert werden, allerdings nicht so drastisch, wie das die FPÖ wollte. Die Haushaltsabgabe, in Österreich ORF-Beitrag genannt, soll bis 2029 „eingefroren“ – also nicht an die Inflation angepasst – werden. ORF-Chef Roland Weißmann spricht von einem zusätzlichen Sparbedarf von 220 Millionen Euro pro Jahr und dem „größten Sparpaket, mit dem der ORF jemals konfrontiert war“. Klar ist, dass wohl mit Maßnahmen beim Personal und Programm zu rechnen ist. Ob und wann das die TV-Konsument:innen merken, kann noch nicht abgeschätzt werden. Auch die Medienförderung wird neu aufgestellt und noch stärker an die Kriterien Qualität, Innovation und Zukunft geknüpft. Die Details dazu sind noch offen und so ist unklar, wer von einer Änderung profitiert und wer nicht. Für die meiste Unsicherheit sorgt jedenfalls der Plan, die Regierungsinserate um 10 Prozent zu kürzen. Die Einschränkung wird alle Medien treffen, am meisten jedoch den Boulevard.

Also alles halb so schlimm? Ist ist die österreichische Medienlandschaft mit einem blauen Auge davongekommen? Klar ist: Bis die neue Regierung ihre Pläne umsetzt, wird noch einige Zeit vergehen. Die Politik kann grundsätzlich aber nur die Rahmenbedingungen für einen funktionierenden Medienmarkt schaffen, Förderungen und Regulierungen sind hier wichtige Werkzeuge. Mehr denn je müssen sich Österreichs Medien deshalb auf ihre ureigenste Aufgabe besinnen und attraktive Angebote für ihre Zielgruppen entwickeln, die auch nachgefragt und bezahlt werden. Sich ausschließlich auf die Politik zu „verlassen“, war immer falsch und wird auch in Zukunft falsch sein.

Jochen Prüller ist Kommunikationsberater bei „Three Winters“, „inpublic“ und führt die Agentur PRÜLLER PR

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  • Politik Austria: © niyazz/stock.adobe.com
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