Das Schweizer Fernsehen hat die Ausstrahlung eines Werbespots für das IPTV-Angebot Sunrise TV abgelehnt. Begründung: Die vom Betreiber angebotene Funktion Comeback-TV, mit der im laufenden TV-Programm aller Sender bis zu 28 Stunden lang zurückgespult werden kann, verstoße möglicherweise gegen geltendes Recht.
„Wir sind der Meinung, dass sich die Funktion des Comeback-TV im rechtlichen Graubereich bewegt“, erklärte Martin Schreiber von der SRF-Vermarktungstochter Publisuisse, die exklusiv den Werbeverkauf für sämtliche Angebote der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt erledigt, gegenüber der „Sonntagszeitung“. Die Rechtssituation werde derzeit intern überprüft. Bis dahin werde man eine Bewerbung entsprechender Funktionen im Programm des SRF nicht billigen.
„SRF will das eigene Kernangebot schützen, weshalb wir uns für eine taktische Einschränkung einzelner Produkteigenschaften entschieden haben“, hieß es in einem Schreiben an die zuständige Werbeagentur von Sunrise. Man schränke zwar generell Werbung für konkurrierende TV-Angebote nicht ein, müsse aber „kommerzielle und wettbewerbliche Interessen gegeneinander abwägen“.
Die Bedenken des Senders sind nachvollziehbar. Zum einen tangiert das Angebot eigene Angebote zum zeitversetzten Abruf wie Mediatheken. Zum anderen sind die Geräte zur Messung der Einschaltquoten, die auch über die Höhe der Werbepreise entscheiden, derzeit nicht in der Lage, entsprechende Dienste zu erfassen. Damit sieht die öffentlich-rechtliche Sendeanstalt wichtige Einnahmen zur Refinanzierung gefährdet.
Rechtlich umstritten ist, ob von IPTV- und Kabelanbietern automatisch angefertigte Mitschnitte für zeitversetztes Fernsehen mit einer vom Zuschauer angestoßenen Aufnahme im Sinne einer Privatkopie gleichzusetzen sind oder einen Verstoß gegen die Urheberrechte der Sender darstellen, weil durch die Dauerarchivierung längerer Programmstrecken die Verfügbarkeit der ausgestrahlten Inhalte deutlich erhöht wird.
Sunrise-Chef Oliver Steil äußerte gegenüber der „Sonntagszeitung“ wenig Verständnis für die harte Linie des SRF: „Auch beim Fernsehen will der Kunde mehr Freiheit und Flexibilität. Fernsehen wird dadurch gegenüber dem Internet wieder an Relevanz gewinnen. Wir sind verwundert, dass man diese grossartigen Innovationen aufhalten will“. Sunrise prüft nach seinen Aussagen rechtliche Schritte. Comeback-TV war vom Anbieter erst im Januar als Mehrwert für seine aktuell rund 360 000 Internet-Kunden als Anreiz für die Nutzung des hauseigenen IPTV-Angebots eingeführt worden.
Der Ausgang eines möglichen Verfahrens dürfte auch die Sunrise-Konkurrenten Swisscom und UPC Cablecom brennend interessieren. Swisscom-Kunden sollen ab Jahresmitte flächendeckend auf ein entsprechendes TV-Archiv zurückgreifen können, auch die Liberty-Tochter UPC bereitet im Zuge der Lancierung ihrer neuen Set-Top-Boxen-Plattform Horizon eine entsprechende Funktion vor.
Die Auseinandersetzung erinnert an die Diskussionen um die hochauflösende Satellitenplattform HD Plus in Deutschland. Auch hier schränken die Sendeanstalten die zeitversetzte Nutzung von Programminhalten deutlich ein. Zentrale Restriktion ist eine Vorspulsperre. Durch die Möglichkeit, Werbespots per Fernbedienung zu überspringen, sehen die Privatsender ihr werbefinanziertes Geschäftsmodell gefährdet. [ar]
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