Filme im Internet ausleihen und ansehen, wann immer Sie es wollen. Das Potential von Videoübertragungen über das Word-Wide-Web haben Filmanbieter längst erkannt und überschwemmen den Markt derzeit mit Video-on-Demand-Diensten (VoD). Der Nutzer fühlt sich verunsichert. Ein Kommentar von Ricardo Petzold, Chefredakteur der Zeitschrift DIGITAL FERNSEHEN.
Insgesamt 23 Bezahlanbieter bieten mittlerweile Filme zum Verleih in Deutschland über unterschiedliche Medien an. Der Kunde ist zurecht verunsichert. Wo soll nun der Film geliehen werden? Maxdome oder doch lieber Acetrax? Dabei spielt der Preis gar nicht die erste Geige, viel wichtiger ist es neben dem Angebot an Filmen zu schauen, was die im Haus befindliche Hardware überhaupt unterstützt. Hier ist ein weiterer Pferdefuß dieser VoD-Schwemme, denn nicht jeder Service läuft auf jedem Fernseher. Steht im Wohnzimmer zum Beispiel ein Sony-Gerät, wird die Auswahl auf Lovefilm reduziert. Noch schlimmer kommt es, wenn dann als Zweitgerät ein Fernseher eines anderen Herstellers zum Einsatz kommt, denn dann muss ein zweiter Anbieter gewählt werden. In der Praxis bedeutet dies, mehrere Kundenkonten zu pflegen, regelmäßig Kontoauszüge zu prüfen, mehrere Passwörter merken und sich mit diversen Kundendiensten herumärgern, wenn nicht alles glatt läuft. Ganz schön blöd.
Auch die Qualität sowie die bereitgestellte Auswahl an Inhalten unterscheidet die Anbieter. Während einige fast alles auch in HDTV-Auflösung anbieten, haben andere nur ausgewählte Filme im Portfolio. Bereits in der Printausgabe unseres Fachmagazins DIGITAL FERNSEHEN 06/2012 (Nachbestellung möglich) nahm die Redaktion die Angebote einmal unter die Lupe – mit geteiltem Urteil. Zwischen 1 500 und 47 000 Titel sind bei den verschiedenen VoD-Diensten abrufbar – was der eine zu wenig, hat der andere zuviel. Hat man einen speziellen Film im Kopf, den man gern sehen will, kann es schnell zum abendfüllenden Programm werden, einen Anbieter zu finden, der diesen auch bereitstellt und zugleich noch auf dem eigenen Fernseher anzeigen kann. Zu große technische Hürden bei der Suche, zum Teil zu lange Zeitkontingente bis der Film gefunden wurde, wenn er denn überhaupt gefunden wurde. Abstürze des Systems, Neustart und zu fummelige Neueingabe nerven den User. In der Zwischenzeit hätte man sich den Film auch aus der Videothek besorgen können. Und: Bei VoD ist längst nicht jeder Film verfügbar, auch wenn das alle Anbieter behaupten.
Neben den VoD-Plattformen versuchen auch die TV-Sender mit ihren Serien und Shows ein Stück vom Besten des Zuschauers, seinem Geld, abzubekommen. Jüngstes Beispiel ist hier RTL. Der Kölner Sender will VoD-Dienste mit RTL Now auch auf Fernsehgeräten über die HD-Plus-Plattform anbieten. Doch schnell wird klar, dass der Mehrwert für den Nutzer eher gering ausfällt. Warum soll man sich eine Folge der Castingshow DSDS kostenpflichtig kaufen, wenn diese bereits vorab kostenfrei über den Sender ausgestrahlt wurde? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt und eventuell sogar dieses Thema mit dem Signalschutz der HDTV-Ausstrahlung verknüpft. Gehässige Mitstreiter würden jetzt wahrscheinlich einen Komplott vermuten. Erst versucht der Anbieter alles, um Aufnahmen zu verhindern, um dann Recyclingware kostenpflichtig veräußern zu können. Schöne neue VoD-Welt? Von wegen, bloß nicht für den Kandidaten RTL voten!
Beim Thema Geldverdienen werden sich allerdings die Anbieter auch weiterhin schwer tun. Einerseits sorgt das Überangebot dafür, dass für jeden Einzelnen weniger vom ohnehin (noch) kleinen Kuchen übrig bleibt, andererseits fühlt sich die Großzahl der Nutzer mit den neuen Angeboten einfach überfordert. Ein echter Marktführer, der die Massen anspricht, lässt sich nicht ausmachen. Maxdome prahlt zwar mit einem überbordenden Filmangebot, wird bei den Abo-Zahlen aber kleinlaut. Die gibt man lieber nicht bekannt. Allzu positiv können die Zahlen also nicht sein. Oder ist Maxdome das einzige Unternehmen der Welt, das positive Neuigkeiten für sich behält? Wohl kaum.
Bleibt zu hoffen, dass in Zukunft das Angebot wieder eingebremst wird zugunsten übersichtlicher Plattformen, auf denen der Kunde sich wohlfühlt. Aus den Kinderschuhen ist VoD längst noch nicht heraus. Aber Konkurrenz belebt auch hier gerade das Geschäft und das macht die werbenden Angebote über die nächsten Monate spannend, sowohl was die eingesetzte Technik als auch die Preise angeht. Letztlich geht es aber auch darum: Wer hat welche Inhalte? Denn Content ist weiterhin King. [rp]
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