„Die Ringe der Macht“ fährt endlich die lang ersehnte große Schlacht auf und geht inszenatorisch in die Vollen. Das war lange überfällig und verlangt nach mehr.
Viel zu lange hat es sich bis zu diesem Punkt auf mäandernden Wegen hingezogen: Aber endlich fährt die Amazon-Produktion „Die Ringe der Macht“ in der jüngst veröffentlichten siebten Episode der zweiten Staffel die erste große Schlacht der Serie auf. Über den Handlungsverlauf soll hier auch gar nichts Weiteres verraten werden, um Spoiler zu vermeiden. Stattdessen soll es in dieser Besprechung darum gehen, wie „Die Ringe der Macht“ ihren bisherigen inszenatorischen Höhepunkt ausspielt und auf welche Qualitäten im Kommenden zu hoffen ist. Auch die Schwächen, die die Serie weiterhin mitschleppt, müssen Erwähnung finden.
Weitere ausführliche Berichte und Analysen zu Amazons „Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht“ gibt es ebenfalls hier bei DIGITAL FERNSEHEN.
Bombastisches Kinospektakel
Endlich kommt es zur großen Schlacht zwischen Elben und Orks im Rahmen einer opulent inszenierten Stadtbelagerung. Das ist bemessen an dem handwerklich wie materiell beeindruckendem Aufwand genau das große Spektaktel, das die Serie schon lange versprochen, bisher aber kaum eingelöst hat. Was die hunderte Millionen schwere Amazon-Produktion hier auffährt, hält den Vergleich mit jedem epischen Blockbuster-Kinofilm locker stand und sucht in der Serienlandschaft auf weiter Flur ihresgleichen.
Audiovisuell ist das fraglos eine Wucht. Ein riesiges Orkheer mit Belagerungsmaschinen; ein wütender Troll, der alles auf seinem Weg niederstampft und kilometerweit durch die Gegend schleudert; dramatische Kampfszenen auf Leben und Tod und ebenso dramatische Opfer, die gebracht werden, sorgen endlich für die Gravitas, die einer Fantasy-Geschichte in Tolkiens Mittelerde Rechnung trägt.
Als noch erfreulicher stellt sich heraus, dass die Serie in dieser Episode nicht ständig zwischen zehn verschiedenen Handlungsorten hin und her springt, wie es bisher stets üblich und auch lästig war. Stattdessen werden mehrere Story-Fäden zu einem gemeinsamen Knotenpunkt zusammengeführt, wie es eine gute Erzählung im Sinne der dramaturgischen Verdichtung auch tun sollte. Das hat über bisher fast zwei komplette Staffeln zwar viel zu lange gedauert, aber besser spät als nie.
„Die Ringe der Macht“ ist immer noch zu oberflächlich
Leider gibt es nicht nur gute Nachrichten. Nach einem so sehr in die Länge gezogenen, holprigen Werdegang schleppt die Serie weiterhin noch diverse Problemfelder mit sich. Zu den größten Sorgenkindern zählen nach wie vor die Dialoge, die oft nur das wiederkäuen, was wir Zuschauer schon längst wissen oder aktuell ohnehin direkt auf dem Bildschirm sehen. Dadurch wirkt vieles des Gesagten schlicht überflüssig. Alternativ gibt es bedeutungsschwangeres, verkitschtes Geschwafel: „Es ist nicht die Kraft, die die Dunkelheit überwindet, sondern das Licht.“ … Äh … Ok? … Hier fehlen die geschliffenen und mit dem Tiefgang eines Zeitalter-übergreifenden Vermächtnisses angereicherten Dialoge des Urschöpfers Tolkien. Seine gehaltvolle, hintergründige Sprache lässt sich eben nicht so einfach nachmachen.
Ebenso fällt auf, dass die Serie inszenatorisch regelmäßig Peter Jacksons „Der Herr der Ringe“-Filme kopiert, spezifisch die Belagerung von Minas Tirith aus „Die Rückkehr des Königs“ oder die Schlacht von Helms Klamm aus „Die zwei Türme“. Des Weiteren entstehen einige Zweifel darüber, welche Teile der Erzählung hier eigentlich noch in Tolkiens Sinne gewesen wären. Ohne etwas Konkretes zu verraten, sei dazu nur erwähnt, dass zu viele aufgesetzte Formeln bedient werden, um beispielsweise noch eine kitschige Romantikszene in die Episode reinzudrücken, die erzählerisch so gar nicht zu den Charakterisierungen aus Tolkiens Büchern passen will.
Generell platziert die Serie diverse ihrer Protagonisten hier und dort, wo sie gerade vom Drehbuch gebraucht werden. Das wirkt konstruiert und unnatürlich zusammengeschustert.
Eine verheißungsvolle Zukunft?
Alles in allem ist die siebte Folge aber genau die ersehnte dramatische Verdichtung, die schon so lange überfällig war. Endlich entsteht die nötige Dringlichkeit samt der angemessenen Epik. Das Episodenende besteht zwar wieder in einem obligatorischen Cliffhanger, aber jener ist dieses Mal ein durchaus willkommener Wegbereiter für das hoffentlich würdige Staffelfinale, das uns nächsten Donnerstag (3. Oktober) mit der achten Folge bevorsteht. Die Weichen wurden nun gestellt, um einen dramatischen Abschluss zu präsentieren, welcher uns mit verheißungsvoller Vorfreude auf die dritte Staffel entlassen könnte. Auch wenn die Serie nach wie vor eine Reihe an offenen Baustellen mit sich trägt, ist Episode 7 das Beste, was bisher abgeliefert wurde.
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