Wer nach dem RTL-Event „Die Passion“ erleben will, wie ein tatsächlich gelungenes TV-Passionsspiel aussehen kann, sollte im Streaming einen Blick auf „The Third Day: Autumn“ werfen.
Die RTL-„Passion“ war DAS TV-Gesprächsthema der Woche, wenn auch eher auf unfreiwillig komische Weise. Der Privatsender hatte in der Essener Innenstadt mit allerlei Fernsehprominenz die Leiden Jesu als modernes Musik-Spektakel aufgeführt. Wer ein Herz für Trash-TV besitzt sollte sich das religiöse Treiben jedenfalls nicht entgehen lassen, wie im Rückblick von DIGITAL FERNSEHEN nachzulesen ist. Aber wenn man ehrlich ist: Als formal interessante, ernstzunehmende Auseinandersetzung mit der Passionsgeschichte kann man die RTL-Show eher nicht bezeichnen.
Dabei hat eine Sky-Serie vor zwei Jahren vorgemacht, wie sich die christliche Passion in die Gegenwart transportieren lässt, ohne ins Lächerliche zu rutschen. „The Third Day: Autumn“ bildete damals eine Art Intermezzo der Horrorserie „The Third Day“, die 2020 bei Sky und HBO ihre Premiere feierte. Die sechsteilige Miniserie besteht dabei aus zwei Handlungssträngen, die sich am Ende zusammenfügen. In den ersten drei Folgen unter dem Titel „Summer“ steht Jude Law im Mittelpunkt, der als traumatisierter Vater in die mysteriösen Gebräuche auf einer abgelegenen Insel verwickelt wird. In den übrigen Folgen bricht dann der „Winter“ an. Naomie Harris reist gemeinsam mit ihrer kleinen Tochter ebenfalls auf Insel und gerät in die Fänge der Sekte.
Jude Law als moderner Jesus
Was hat es nun aber mit „The Third Day: Autumn“ auf sich? Die Theaterkompanie „Punchdrunk“ hatte ein bis dato einzigartiges TV-Experiment veranstaltet und mit „Autumn“ eine Live-Serienepisode inszeniert, die als Bindeglied zwischen den zwei großen Handlungssträngen der Mutterserie fungiert. „Autumn“ arbeitet dabei an der Schnittstelle von Theater, Fest und Spielfilm und verfolgt Jude Law durch einen echten Leidenstrip. Der Hollywood-Star musste in der rund zwölfstündigen Live-Übertragung eine Reihe von Prozeduren über sich ergehen lassen, die an die Stationen der christlichen Passion angelehnt sind. Das Publikum konnte über den Tag hinweg das Geschehen live an den heimischen Fernsehbildschirmen verfolgen.
Was „The Third Day: Autumn“ als Passionsspiel so spannend erscheinen lässt, ist einerseits die völlige Immersion, die dem TV-Experiment gelingt. Wer sich die Zeit nimmt, die äußerst üppige Laufzeit durchzustehen, wird voll und ganz in die schaurige Atmosphäre und verirrte Zeitwahrnehmung des Sky Originals gezogen und mit teils atemberaubend schönen Bildern belohnt. Andererseits ist es den Schöpfern gelungen, die Passion gleichermaßen in einem brutalen Naturalismus zu adaptieren und zugleich zu befragen, wie sich deren Wunder in das 21. Jahrhundert transportieren lassen. Biblische Motive treffen dabei auf phantastische Horrorfilmelemente. Unberechenbare Live-Ereignisse treffen auf höchst durchdachte Bildsprache, raue Naturgewalt auf Übersinnliches, Party-Exzesse auf Wiederauferstehung.
„The Third Day: Autumn“ zum Streamen
Wer sich, passend zu Ostern, in die Welt von „The Third Day: Autumn“ begeben und Jude Law bei seiner eigenen Passion begleiten will, kann den Mitschnitt der Live-Übertragung inzwischen auf der offiziellen Punchdrunk-Website streamen. Dort findet man außerdem weitere Hintergrundinformationen zu dem Live-Experiment. Die Serie „The Third Day“ kann man in Deutschland derweil bei Sky Ticket auf Abruf sehen.
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Bildquelle:
- thethirdday: HBO/Plan B/Punchdrunk/Sky