Im Gegensatz zu Netflix, Disney+ und Paramount+ sucht Amazon Prime immer noch nach einem eigenen Serienhit. Mit dem ambitionierten Projekt „Citadel“ und zwei Marvel-Experten könnte das jetzt endlich gelingen.
Quo vadis, Prime Video? Der Streamingdienst von Amazon ist weiter auf der Suche nach einem Serienhit. «Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht» sollte eigentlich das Aushängeschild werden. Doch die teure Fantasy-Produktion floppte. Laut einem Bericht des Branchenblatts «The Hollywood Reporter» schaute nicht mal die Hälfte der Zuschauer die erste Staffel zu Ende. Nun ruhen die Hoffnungen bei Amazon auf dem nächsten Megaprojekt. Die Spionage-Serie „Citadel“ soll laut Insidern umgerechnet rund 270 Millionen Euro gekostet haben – und die Macher haben noch viel vor. Zunächst gibt es sechs Folgen der Agentenserie. Start ist diesen Freitag (28. April).
„Game Of Thrones“-Star Richard Madden und Bollywood-Ikone Priyanka Chopra sind die Stars von „Citadel“. Mit Tausendsassa Stanley Tucci und der wandlungsfähigen Lesley Manville sind auch die Nebenrollen hochkarätig besetzt. Madden und Chopra spielen die Agenten Mason Kane und Nadia Sinh, die für den globalen Geheimdienst Citadel arbeiten. Ohne einem Land oder einer Regierung verpflichtet zu sein, operiert Citadel international, um die Welt besser zu machen, indem Kriege, Anschläge oder sonstige schwere Verbrechen verhindert werden.
Doch die Organisation hat mächtige Feinde. Denen gelingt es eines Tages, Citadel fast vollständig auszulöschen. Mason und Nadia überleben, aber ihre Erinnerungen werden gelöscht. Nachdem beide jahrelang nichtsahnend ein anderes Leben geführt haben, wird Mason von seinem früheren Kollegen Bernard Orlick (Tucci) reaktiviert. Um seine junge Familie zu beschützen, lässt sich Mason auf ein neues Abenteuer ein. Dafür muss er zunächst Nadia reaktivieren. Doch die Feinde von Citadel lauern überall. Und die Vergangenheit hält einige düstere Geheimnisse parat.
„Citadel“ beginnt temporeich
Gleich in den ersten Folgen von Citadel“ geht es mächtig zur Sache. Ein Zug explodiert und entgleist. Unzählige Menschen werden getötet. Es gibt Action, Action und nochmals Action. Die Brüder Anthony und Joe Russo, bekannt als Regisseure mehrerer Marvel-Blockbuster wie „Avengers: Endgame“, sind die ausführenden Produzenten der Serie, die mit auffälligen – vielleicht etwas zu aufdringlichen – Farben und aufwendigen Kamerafahrten mehr nach Kino als nach Fernsehen aussieht.
Die brutale Action und intensive Spannung bei „Citadel“ wird durch amüsante Momente aufgelockert. „Es ist sehr unterhaltsam, düster, brutal, aber auch lustig“, sagt Richard Madden im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in London. Der 36-Jährige, der auch schon als James-Bond-Kandidat galt, darf im Gegensatz zu seinen ernst angelegten Rollen in „Game Of Thrones“ und der Thriller-Miniserie „Bodyguard“ hier auch seine coolere Seite zeigen. Als 007 empfiehlt er sich allerdings nicht, dafür fehlt ihm die Ausstrahlung. Die Rolle des hin- und hergerissenen Mason Kane liegt ihm hingegen. Und die Chemie mit Co-Darstellerin Priyanka Chopra stimmt.
Wie Madden musste auch die 40-jährige Chopra ein hartes Fitness- und Kampftraining über sich ergehen lassen, um die unzähligen intensiven Action-Szenen leisten zu können. „Anderthalb Jahre lang musste ich permanent in Topform bleiben“, sagt sie im dpa-Gespräch. „Wenn etwas nach dir geworfen wird, musst du die Reflexe haben, sofort springen und schießen können – und liefern.“
Stanley Tucci in einer Nebenrolle
Den beiden Hauptdarstellern stiehlt Stanley Tucci beinahe die Show. Als Computerspezialist und Geheimdienstlenker Bernard läuft er in „Citadel“ zur Höchstform auf. Er liefert sich ein unterhaltsames, erbittertes Duell mit Lesley Manville, die als Dahlia Archer eine wirklich garstige Gegenspielerin gibt. Dass es manchmal sehr hart zur Sache geht, räumt Tucci ein. „Bei einigen Folterszenen möchte man gar nicht auf den Bildschirm gucken“, sagt er. „Aber ich glaube, sie haben die richtige Balance gefunden.“
Wie sehr Amazon Prime auf „Citadel“ setzt, zeigt die Tatsache, dass bereits zwei Spin-off-Serien in Italien und Indien in Auftrag gegeben wurden. Geplant ist ein zusammenhängendes und erweiterbares „Citadel“-Serien-Universum, ähnlich dem Marvel Cinematic Universe (MCU), das die Russos maßgeblich mitgeprägt haben.
„Es ist ein fortwährendes Experiment des Geschichtenerzählens und des Filmemachens“, erklärt Anthony Russo im dpa-Interview. „Wir haben eine Idee, wo es hingehen soll, aber wir müssen gleichzeitig offen dafür sein, wie es sich entwickelt. So haben wir auch die Filme im MCU gemacht.“ Man wolle nicht nur die Zuschauer, sondern auch sich selbst damit überraschen, was passiere.
Der erste Eindruck von „Citadel“ ist vielversprechend. Die Serie, die unverkennbar von James Bond, Jason Bourne und den „Mission: Impossible“-Filmen inspiriert wurde, ist spannend und kurzweilig. Gute Voraussetzungen also, damit die Zuschauer nicht wie bei „Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht“ in Scharen abbrechen, sondern die Staffel komplett schauen und „Citadel“ auch darüber hinaus die Treue halten. Eine zweite Staffel ist bereits in Arbeit.
Text: dpa/ Redaktion: JN
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