
Harmony Korine („Spring Breakers“) provoziert jüngst mit abgefahrenen Digitaltrick-Experimenten. Seinen neuen Film „Baby Invasion“ kann man nun streamen.
Inzwischen hat sich Harmony Korine offenbar vollends von einem konventionellen Filmemachen verabschiedet. Der Regisseur hinter vieldiskutierten Werken wie „Spring Breakers“ und „Gummo“ hat sich in seine 2023 gegründete Produktionsfirma EDGLRD zurückgezogen, die sich an neuen filmischen Formen und Formaten versuchen will. Die ersten Langfilme, die dabei entstanden, „Aggro Dr1ft“ und „Baby Invasion“, kann man nur noch im entferntesten Sinne als Erzählkino bezeichnen. Mit dem, was man herkömmlicherweise aus Hollywood serviert bekommt, haben sie fast nichts mehr zu tun.
Ihre grob skizzierten Prämissen sind lediglich der Rahmen für ein völlig entfesseltes Spiel mit filmischen Ästhetiken, die hier vor allem mit den Bildwelten sozialer Medien, Musikvideos, der Gaming-Industrie und Streaming-Netzwerke verschmelze. Sie experimentieren dabei hemmungslos mit digitalen Effekten, Filtern und künstlicher Intelligenz.
In beiden genannten Filmen stehen vor allem die Gewalt und der Versuch im Mittelpunkt, neue Ästhetiken für sie zu entwickeln und zu spiegeln. „Aggro Dr1ft“ verfolgt den Weg eines Auftragskillers, der einen mächtigen Dämon erledigen will. Die Bilder des Films, der sich abwechselnd wie ein obszönes Let’s Play und überlanges Musikvideo anfühlt, sind komplett in Infrarot-Ästhetik gehalten. „Aggro Dr1ft“ wird dadurch zu einem Rausch verfremdeter Farbflächen, bei denen man teilweise nur noch instinktiv erahnen kann, was dort überhaupt gerade zu sehen ist.
„Baby Invasion“ zeigt einen brutalen Ego-Livestream
Korines neuestes Werk „Baby Invasion“, das DIGITAL FERNSEHEN vergangenes Jahr bei den Filmfestspielen von Venedig sehen konnte, ist nicht weniger radikal und befremdlich geraten. Der ganze Film ist in der Form eines Livestreams im Internet gehalten, in dem eine Gruppe Gangster filmt, wie sie reiche Menschen in ihren Häusern überfällt, ausraubt und ermordet. Hintergrund dessen ist, wie eingangs erklärt wird, der Hack eines geplanten Videospielprojekts, das nun vorzeitig im Darknet gelandet ist und dafür sorgt, dass Menschen nicht mehr zwischen Realität und Spiel unterscheiden können.
Während man quasi hautnah und aus der Ego-Perspektive bei dieser Gewaltorgie dabei ist, läuft permanent ein Chat am Bildrand entlang, der das Gezeigte kommentiert. Die Bilder sind derweil aufgemotzt mit psychedelischen Farbeffekten und teils KI-generierten Animationen. Menschen werden zu Strichmännchen oder außerirdisch anmutenden Flackerwesen. Die Gesichter der Gangster sind permanent mit Gesichtern von Babys überlagert. Verpixelte, surreale Konturen und Gebilde tauchen immer wieder in den Aufnahmen auf. Im Hintergrund läuft treibende Elektromusik von Burial.
Hier kann man den Film sehen
In Deutschland gibt es keine offizielle Gelegenheit, diese provozierte Reizüberflutung im Kino erleben zu können. Stattdessen ist „Baby Invasion“ seit dem 21. März 2025 nun international im Streaming verfügbar. Auf der Website von EDGLRD kann man den Film für knapp 15 Euro digital erwerben. Darüber hinaus kann man an selber Stelle ebenso das Vorgängerwerk „Aggro Dr1ft“ schauen. Für die Zukunft kündigte Harmony Korine im Zuge des Filmfestivals in Venedig übrigens eine erweiterte Version des Films an, bei der man via QR-Codes während des Schauens zu weiteren Filmen gelangen soll, die man dann parallel dazu abspielen kann.
Einen ersten Eindruck von „Baby Invasion“ vermittel der offizielle Trailer:
Hinweis: Bei einigen Verlinkungen handelt es sich um Affiliate-Links. Mit einem Kauf über diesen Link erhält DIGITAL FERNSEHEN eine kleine Provision. Auf den Preis hat das keinerlei Auswirkung.