In „Monsieur Killerstyle“ wird der französische Schauspielstar Jean Dujardin zum eiskalten Mörder – angetrieben von einer Lederjacke. Ab heute ist die irre Groteske als Video on Demand erhältlich.
Einer Sache kann man sich bei Quentin Dupieux sicher sein: Es wird schräg. In seinem wohl berühmtesten Film „Rubber“ trieb ein mordender Autoreifen sein Unwesen. Sein letzter Film „Die Wache“ zeigte ein Polizeiverhör, das sich auf immer absurdere Weise selbst als Inszenierung enttarnte. In seinem kommenden Werk „Mandibles“ wird eine Riesenfliege trainiert. Und auch die Prämisse seines neuesten Streichs, der 2019 in Cannes die renommierte Quinzaine des réalisateurs eröffnen durfte, mutet auf den ersten Blick doch etwas gewöhnungsbedürftig an.
„Monsieur Killerstyle“ oder „Deerskin“, so der wesentlich bessere internationale Titel, erzählt von der Wende eines Lebens. Georges hat gerade seine alte Jacke in der Toilette ertränkt. Jetzt hat er nur noch seine neue Hirschlederjacke im Sinn und die scheint ihn auf merkwürdige Gedanken zu bringen. In einem französischen Landhotel beginnt Georges, mit einem Camcorder Filme zu drehen. Sein Filmstar: die Jacke. Denise, eine Kellnerin, will sich ihm als Cutterin anschließen. Doch die Filme des Lederjackenträgers werden schon bald immer radikaler.
Ein Narrenstreich
So sind die Weichen gestellt für Quentin Dupieuxs Antwort auf Klassiker wie „Peeping Tom“ von Michael Powell. „Monsieur Killerstyle“ profitiert erneut von Dupieuxs Gabe, aus simpelsten Situationen ein großes Filmerlebnis zu spinnen. Die Leder-Groteske funktioniert quasi als Zwei-Personen-Stück, prominent besetzt mit Jean Dujardin („The Artist“) und Adéle Haenel („Portrait einer jungen Frau in Flammen“).
Dupieux ist wahrscheinlich eine der großen Narrenfiguren des Gegenwartskinos. Einer, dessen reduzierte Filmideen wie skurrile Fingerübungen wirken, nur um dem Publikum dann umso gekonnter den Boden unter den Füßen wegzureißen. Peinlichkeit und großes Drama, Wahnsinn und Humor, Slapstick und tiefsinnige Satire, Kunst und Trash, all das liegt auch in „Monsieur Killerstyle“ so nah beieinander, dass man selten weiß, wie einem beim Sehen geschieht.
(K)ein Funsplatter
Mit dem inszenatorischen Irrwitz seines letzten Films kann der Regisseur dieses Mal nicht ganz mithalten. Wo „Die Wache“ nach und nach die Hüllen seines Verwirrspiels entblätterte, liegen in „Monsieur Killerstyle“ die Karten doch recht schnell ausgebreitet auf dem Tisch. Ein Grund, weshalb die nur 77 Minuten Laufzeit auf Dauer doch etwas zäh werden. Ganz neu ist die Mär vom werdenden Mörder ohnehin nicht. Aber gut, man kann andererseits auch nicht behaupten, dass „Monsieur Killerstyle“ nicht einige treffende Beobachtungen anstellen würde. Der Traum dieses einen perfekten Produktes, das scheinbar besser ist als jedes andere auf dem Markt. Nun, Dupieux spinnt hier im Zwiegespräch mit der wunderschönen Fransenjacke ja nur das weiter, was uns die Werbung tagtäglich verspricht. Bei ihm endet das in einigen ebenso spektakulären wie verstörenden Gewaltspitzen.
Gute-Laune-Filme macht der Franzose schließlich doch nicht. Auch hier gelingt es ihm, den irren Humor ganz unterschwellig mit tief sitzender Melancholie zu versehen. Wo das Produkt kein Bedürfnis mehr erfüllen kann, fließt das Blut. Und die Kamera hält unerbittlich drauf. Wozu eigentlich? Jacken werden in diesem Film viele getauscht und gestohlen. Doch Ersatz ist eigentlich schnell bei der Hand. Dupieuxs „Killerstyle“ fordert in seinem Anarchismus genau dort heraus, wo die Grenzen zwischen eigentlichem und uneigentlichem Erzählen, Ernst und Komik zerfließen. Und die Kunst? Die hat in dem ewigen Bedürfnisstillen schon längst ihre Unschuld verloren.
„Monsieur Killerstyle“ ist ab dem 10. September in Deutschland als Video on Demand (z.B. über Amazon, Google Play etc.) erhältlich und erscheint am 24. September auf DVD und Blu Ray.
Bildquelle:
- killerstyle: 2020 Koch Films
- Deerskin: 2020 Koch Films