DDR-Radiosender DT64 – Seit 60 Jahren laut

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Zum DDR-Rundfunk mögen viele ihre eigene Meinung gehabt haben. Klar diente er als Staatssender als Sprachrohr der Machthaber. Und klar auch, dass die meisten im deutschen Osten die Gelegenheit nutzten, Westradio zu hören. Doch vor 60 Jahren nahm in der DDR etwas seinen Anfang, was durchaus akzeptiert wurde: DT64.

Was bedeutet DT64?

DT64 ist die Abkürzung für Deutschlandtreffen der Jugend 1964. Diese Deutschlandtreffen wurden während der 1950er- und 1960er-Jahre von der kommunistischen Jugendorganisation FDJ organisiert und hatten zum Ziel, die deutsche Einheit nach ostdeutscher Vorstellung zu propagieren.

Anlässlich des Deutschlandtreffens der Jugend 1964 wurde ein Sonderstudio ins Leben gerufen, das im Mai 1964 99 Stunden am Stück internationale Musik für die Teilnehmer des Treffens ausstrahlte.

Wie ging es mit DT64 weiter?

Ein eigenständiges Programm war DT64 damals noch nicht. Aber diese 99 Stunden Sonderprogramm für die Jugend blieb nicht ohne Folgen. Es fand in der Zielgruppe einen derart großen Anklang, dass sich die Verantwortlichen veranlasst sahen, DT64 als Jugendsendung weiterzuführen. Zu hören war es als Jugendstudio DT64 DDR-weit auf den Frequenzen des Berliner Rundfunks. Besonders daran: Es war die erste Sendung des DDR-Rundfunks speziell für Jugendliche.

Wann wurde DT64 ein eigenständiger Sender?

Nach und nach wurde das Programm ausgebaut. Ab 1976 gab es etwa eine regelmäßige Abendschiene von 19 bis 24 Uhr auf der Stimme der DDR. Nachdem eine eigene UKW-Senderkette installiert wurde, konnte DT64 am 7. März 1986 als eigenständiges Programm starten. Gesendet wurde damals von 13 bis 24 Uhr. Im Dezember 1987 wurde die Sendezeit auf täglich 20 Stunden erweitert.

Was war so besonders an DT64?

Die Machthaber in Ostberlin wussten sehr wohl, dass die Musik des Klassenfeinds bei den Jugendlichen sehr hoch im Kurs stand. Um sie nicht gänzlich an westliche Sender zu verlieren, wurden auf DT64 auch westliche Hits gespielt. Dazu gab es sogar die Hitparaden aus Westdeutschland, UK und den USA. Freilich kam auf DT64 auch das heimische Musikschaffen nicht zu kurz und bot auch ostdeutschen Künstlern eine Plattform.

DT64 im Westen

Mit DT64 sind auch ganz persönliche Erinnerungen verbunden. Der Sender Inselberg hatte aufgrund seiner exponierten Lage eine ausgesprochen hohe Reichweite und konnte selbst in Oberösterreich noch empfangen werden. Allerdings nur noch mit großer UKW-Dachantenne.

Mitten unter den anderen aus Westdeutschland und Österreich empfangbaren Radiostationen nahm DT64 eine Sonderstellung ein. Denn auf diesem Sender gab es wirklich gute Musik zu hören, die man hierzulande absolut nicht kannte. Eben die der DDR-Künstler und –Bands, deren Namen nach dem Fall des Eisernen Vorhangs auch im Westen eine gewisse Bekanntheit erlangten. Damals jedenfalls war DT64 so etwas wie ein Strahl aus einer anderen Welt. Einer, der es absolut wert war, beachtet zu werden.

DT64 nach der Wiedervereinigung

Nach der deutschen Wiedervereinigung kamen turbulente Zeiten auf DT64 zu. Der Sender hatte zu viele Fans, um einfach abgewickelt zu werden. Allerdings passte DT64 nicht mehr in die Struktur der gerade entstehenden Landesrundfunkanstalten. Jedenfalls lebte DT64 zunächst auf UKW weiter. Zuletzt aber nur noch im MDR-Sendegebiet und ganz am Ende auch nur noch auf Mittelwelle.

Lebt DT64 noch weiter?

Am 1. Mai 1993 wurde der Name DT64 zu Grabe getragen. Allerdings nur, weil der Sender mit diesem Tag in MDR Sputnik umbenannt wurde. Die Idee stammt übrigens vom damaligen sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf. MDR Sputnik ist im gesamten MDR-Sendegebiet über DAB+ und in Sachsen-Anhalt zusätzlich auch über UKW zu empfangen. Somit hat DT64, wenn auch unter anderem Namen, bis heute überlebt.

21 Kommentare im Forum
  1. Nein, den gibt es schon lange nicht mehr. Aus DT64 wurde MDR Sputnik. Mit dem Start des MDR in 1992.
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