Ein Hörspiel über die Erfahrung des Krieges, ein Reisehörspiel aus dem Nordkaukasus, eine düster-schrille Komödie über Selbstoptimierung und Coaching: Die Wettbewerbsstücke für den deutschen Hörspiel-Preis sind breit gefächert. Ein Trend für eine ganze Branche im Wandel?
Dank des Erfolgs von Podcasts und Streamingdiensten wie Netflix experimentieren Hörspielmacher und wollen noch mehr Menschen erreichen. „Momentan wird viel ausprobiert, auch für ein jüngeres Publikum“, sagte der Leiter der ARD-Audiothek, Thomas Müller, anlässlich der 20. ARD-Hörspieltage, die bis Sonntag vier Tage im Zentrum für Kunst und Medien (ZKM) in Karlsruhe stattfinden.
Das Hörspiel habe sich in den zwei Jahrzehnten aufgrund der neuen Einflüsse sehr verändert, sagte Müller. Zum einen seien da digitale Ausspielwege. Hörspiele seien dadurch sichtbarer geworden. „Die Podcast-Zielgruppe ist spannend, weil sie auf digitalen Plattformen unterwegs ist und affin für Unterhaltung und Zerstreuung.“ So könne ein Publikum erschlossen werden, für das es nach den Kinderhörspielen lange Zeit kein richtiges Angebot gab, erklärte er. „Wir bedienen einen Need (Bedarf), den viele vorher gar nicht wahrgenommen haben.“
ARD-Hörspieltage werden 20
Zum anderen gebe es neue Erzählformen. „Das traditionelle Hörspiel hat sich weiterentwickelt und für neue Narrative geöffnet“, sagte Müller. „Wenn was Böses passierte, wurden früher gern Oboenklänge unterlegt.“ Heute seien die Menschen eine andere Art zu erzählen gewohnt: viel direkter, über Heldinnen und Helden.
Die Idee, ausschließlich in linearen Ausstrahlungen – also in zeitlich strukturierten Programmen – zu denken, sei überholt, sagte Müller. Ebenso die Idee, mit allen Angeboten die breite Masse ansprechen zu wollen. Aus den Erfahrungen etwa mit Netflix wisse man, dass auch genügend Menschen in einer Nische zusammenkommen können, für die sich eine Produktion lohne. Wie viel Zeit zum Erstellen eines Hörspiels benötigt wird, variiere sehr.
Sehr beliebt sei auch bei Hörspielen das Krimi-Genre, sagte Müller. Mystery und Fantasy funktionierten ebenfalls gut. „Mein Wunsch ist, dass wir jeden Monat in der ARD-Audiothek mit einem neuen Hörspiel rauskommen.“
Hörspiel-Krimis sehr beliebt
Bei den ARD Hörspieltagen gehen wieder zwölf Hörspiele von ARD, Deutschlandradio, Österreichischem Rundfunk (ORF) sowie dem Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) in den Wettbewerb um den mit 5.000 Euro höchstdotierten Preis für das deutschsprachige Hörspiel. Die Jury um Schriftstellerin und Journalistin Jenni Zylka diskutiert am Freitag öffentlich, die Entscheidung wird am Samstag bekanntgegeben.
Zudem bieten die vom Südwestrundfunk (SWR) organisierten Hörspieltage unter anderem einen sogenannten Binge-Listening-Marathon über vier Stunden mit dem Hörspiel „Mia Insomnia“, in dem Bastian Pastewka mitwirkte, und das Live-Hörspiel „Die Tetris“ von Mariola Brillowska. Beim Kinderhörspieltag am Sonntag wird das Stück „Der Tag, an dem die Oma das Internet kaputt gemacht hat“ nach Marc-Uwe Kling („Die Känguru-Chroniken“) aufgeführt. Für manche Veranstaltungen brauchen Interessierte Tickets, bei anderen ist der Eintritt frei.
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