WM: Jenseits von Adidas – Wer rüstet kleine Nationalteams aus?

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Bild: © Romolo Tavani - Fotolia.com
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Die Fußball-WM ist immer auch ein riesiger Ausrüster-Wettbewerb. Mit zwölf Nationalmannschaften liegt Adidas vorn. Aber wer stattet eigentlich die schlechteren Teams aus, die von den Konzernen keiner haben will?

50 Millionen Euro bekommt der Deutsche Fußball-Bund von Adidas pro Jahr. Von solch einem Vertrag können sie im Südsudan nur träumen. Für die Nationalmannschaft des jüngsten Staats der Welt – unabhängig seit 2011, die Fußballer auf Platz 157 der FIFA-Rangliste, in der WM-Qualifikation gleich in der ersten Runde ausgeschieden – wurden die Trikots anfangs noch im Laden gekauft. Das Logo musste vor dem Anpfiff noch aufgebügelt werden.

Inzwischen haben die „Bright Stars“ aus Afrika ebenfalls einen ordentlichen Ausrüster. Ihre Trikots – Grundfarbe Weiß, dicker Bruststreifen in Blau-Rot mit gelbem Stern – kommen von einer kleinen Firma aus Australien namens AMS. Zahlen muss die South Sudan Football Association (SSFA) dafür nicht. Aber das war es dann auch. Geld kriegt sie auch keins.
 
Hinter AMS steckt Luke Westcott, ein 24 Jahre alter Australier, der am Royal Institute of Technology in Melbourne (RMIT) noch Betriebswissenschaft studiert. Es ist ein ziemliches Gegenmodell zur Geschäftspraxis der Konzerne: Die Australier haben „Nationalmannschaften“ unter Vertrag, die sonst (noch) keiner haben will. Aktuell sind es zwischen drei und mehr als einem Dutzend, alle aus Afrika.
 
Die genaue Zahl hängt davon ab, ab wann man von einer eigenständigen Nation sprechen will. Neben dem Südsudan sind es die Nationalmannschaften von Dschibuti und Eritrea. Hinzu kommen die Teams von politisch umstrittenen Gebieten wie Westsahara, halbautonomen Inseln wie Sansibar oder Teilstaaten wie Puntland in Somalia. Außerdem versorgt AMS mehrere Vereinsmannschaften.
 
Westcott gründete seine Firma 2014. Mehr als eine Hand voll Leute sind es bis heute nicht. Der Australier hatte schon mit 15 damit begonnen, Trikots zu sammeln und auch auf eBay zu verkaufen. Die Idee, größer ins Geschäft einzusteigen, kam ihm, als er feststellte, dass manche Mannschaften nicht einmal ein ordentliches Trikot hatten. Das Design entwirft er immer noch am eigenen Computer. Hergestellt werden die Trikots dann in China.
 
„Ich hatte immer schon eine Leidenschaft für Trikots“, sagt der Australier. „Und irgendwann kam die Idee, eine eigene Marke zu gründen. Der Markt an Leuten, die so etwas kaufen und sammeln, ist groß.“ Sein Geschäftsmodell besteht darin, dass er die Mannschaften ausstattet und im Gegenzug die Lizenzen für den Weiterverkauf bekommt. Das Südsudan-Trikot zum Beispiel kostet im Handel 45 US-Dollar (etwa 38 Euro). Die erste Serie von 3000 Exemplaren ist längst ausverkauft.
 
In Juba, der südsudanesischen Hauptstadt, hat AMS inzwischen einen kleinen Shop. Bei Länderspielen sind viele Leute auf Jubas Straßen damit unterwegs. Nationalspieler Benard Agele (24) sagt: „Ich denke, dass wir das schönste Trikot überhaupt haben. Das bringt unserem Volk, das genug zu leiden hat, ein Lächeln auf die Lippen. Und ich selbst bin sehr stolz, wenn ich es anziehen darf.“ Ein besonderer Coup gelang vergangenes Jahr, als FIFA-Chef Gianni Infantino das Südsudan-Trikot überzog.
 
Im Vergleich zu Adidas, Nike oder Puma sind die Hemden auch noch einigermaßen günstig. Die großen afrikanischen Teams wie Ägypten, Nigeria oder Senegal – alle bei der WM dabei – werden inzwischen von den großen Konzernen ausgestattet. Wegen der hohen Preise sind in diesen Ländern aber enorm viele gefälschte Hemden im Umlauf. „Niemand dort kann sich die Original-Trikots leisten“, meint Westcott.
 
Trotzdem will AMS weiter vor allem auf Mannschaften aus Afrika setzen. „Das ist ein großer Markt, wo Fußball extrem populär ist und der Wettbewerb sehr gering.“ Allerdings hat AMS auch schon Kunden verloren. Wenn die Mannschaften erfolgreicher werden, wird es schwierig: Die Nationalmannschaft von Sierra Leone wechselte nach einem Jahr zu Adidas. Das Team aus Ruanda trägt inzwischen eine italienische Marke, Erreà.
 
Neuerdings sind die Australier aber auch mit einigen Kleinstaaten im Pazifik im Gespräch. Mit Pohnpei, einem der vielen Bundessstaaten der Inselrepublik Mikronesien, gibt es auch schon einen Vertrag. Die „Nationalmannschaft“ von Palm Tree Island trägt jetzt ebenfalls AMS: ein Trikot in Grau und Meeresblau mit Palme.

[Christoph Sator]

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