Statt Rooney Mara spielt „Queen“ Claire Foy die Hauptrolle und Daniel Craig ist Geschichte: Der fünfte Film zu Stieg Larssons düsteren „Millennium“-Bestsellern will der Thrillerreihe neue Impulse geben.
Hollywood hat eine seltsame Art, Hochachtung für einen ausländischen Film auszudrücken: Sobald es so aussieht, als ließe sich mit einer amerikanischen Version gutes Geld verdienen, wird der Film schlicht auf Englisch noch einmal haargenau nachgedreht. Aktuell wird immer wieder über eine US-Version von „Toni Erdmann“ spekuliert, bei der nun wohl doch nicht mehr Jack Nicholson an Bord ist und selbst Österreichs Arthouse-Provokateur Michael Hanneke hat eine solche Neuverfilmung mal für seine „Funny Games“ übernommen. Etwas komplizierter wird die Angelegenheit bei den Verfilmungen von Stieg Larssons Erfolgsthrillern.
Die Buch-Trilogie rund um Journalist Mikael Blomqvist und Hackerin Lisbeth Salander hat sich allein in Deutschland millionenfach verkauft – aus Schweden gab es deshalb auch hierzulande drei Filme, die unter den Titeln „Verblendung“, „Verdammnis“ und „Vergebung“ ihr Publikum im Kino und Fernsehen fanden. Hollywood drehte dann „Verblendung“ nach und erzielte erneut sowohl an den Kinokassen als auch bei der Kritik einen Erfolg, 2011 war der Film mit Rooney Mara und Daniel Craig sogar für fünf Oscars nominiert.
Doch dann gingen die Probleme los und die Arbeiten an den beiden weiteren Filmen gerieten ins Stocken. Schließlich entschied sich Sony Pictures dafür, mit einem anderem Buch als dem eigentlich geplanten „Verdammnis“ die Reihe neu aufzusetzen. Verfilmt werden sollte stattdessen „Verschwörung“, das vierte Buch mit Charakteren der Reihe. Das wurde aber nicht mehr von Larsson selbst, sondern nach dessen Tod von David Lagercrantz geschrieben. Klingt alles gehörig kompliziert? Willkommen in der Welt von „Verschwörung“!
Statt Rooney Mara spielt dabei nun Claire Foy – bekannt als britische Queen aus der Serie „The Crown“ – die vielschichtige Salander. Die Computerexpertin kommt als Mischung aus Robin Hood und James Bond daher, fährt auch schonmal eine Verfolgungsjagd im Volvo und starrt ansonsten recht gequält entweder durch die farblich extrem runtergedimmte blaugraue Landschaft Schwedens oder auf irgendwelche Computerbildschirme. Salander soll dafür sorgen, dass ein Programm, das den Online-Zugriff auf alle Atomwaffen weltweit ermöglicht, nicht in die falschen Hände gerät. Die us-amerikanische NSA und der schwedische Geheimdienst sind ebenfalls hinter dem Tool her und Salander entscheidet sich, erneut, Blomqvist um Hilfe zu bitten.
Gespielt wird der nicht mehr von Daniel Craig, sondern von Sverrir Gudnason, der auch schon in einigen Wallander-Filmen den Pontus verkörpert hat. Hier bleibt er blass – und das liegt nicht einmal an ihm: Außer für Salander zeigt das Drehbuch wenig Liebe zu seinen Figuren. Sie bleiben Abziehbilder, wie beispielsweise die sich selbst überschätzende Geheimdienstchefin, die über den leicht selbstverliebten NSA-Programmierer ungelenke Sätze sagen muss wie: „Schicken Sie ihn zurück nach Disneyland!“. Dadurch werden Talente wie der US-Amerikaner Lakeith Stanfield verschenkt, obwohl dieser sich zum Beispiel mit der Rolle eines Besessenen im Horror „Get Out“ und in der Satire „Sorry to Bother You“ eine gute Filmografie aufbaut.
Im Englischen gibt es für die komplex mit Nachfolgern und Vorgängern erzählten Filmreihen wie „Star Wars“ oder die Marvel-Comicverfilmungen den Gattungsbegriff „Franchise“. Nun also soll auch Salander zu einem solchen „Franchise“ aufgewertet werden. Noch in einer anderen Branche nutzen die US-Amerikaner den Begriff, bei Fast-Food-Ketten. Und am Ende ist genau das der beste Vergleich für „Verschwörung“: An manchen Tagen gut für Fans, schnell sättigend, aber leider nur von sehr geringem Nährwert. [Christian Fahrenbach]
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