Regie-Altmeister Ridley Scott vergießt in seinem neuen Film „The Councelor“ jede Menge Blut. Doch es ist nicht die mitunter brutale Gewalt, die den Drogenkrimi zu einem packenden Thriller macht, sondern vielmehr die ausgefeilten Dialoge zwischen den Protagonisten.
In Ridley Scotts Drogenthriller „The Counselor“ geht es sofort zur Sache. Zärtlich und verführerisch. Unter der Bettdecke. Den ungewöhnlichen Auftakt für den düsteren Krimi, der im Grenzgebiet von Mexiko und Texas spielt, geben Michael Fassbender und Penélope Cruz. Er ist ein erfolgreicher Anwalt, der von allen nur „Counselor“ genannt wird. Sie ist seine bildschöne Freundin Laura, die er nicht nur mit Liebe, sondern auch mit Schmuck und Luxus verwöhnen will. Dazu braucht er viel mehr Geld als seinen Anwaltslohn.
Das Blutvergießen kommt erst später, dann aber reichlich. Kein Wunder, denn „Prometheus“-Regisseur Scott hat für seinen neuen Thriller Amerikas Meister für düstere, erbarmungslose Stoffe verpflichtet. Pulitzer-Preisträger Cormac McCarthy liefert mit „The Counselor“ sein erstes Original-Drehbuch für einen Film ab. Sein postapokalyptisches Werk „Die Straße“ und den bluttriefenden Roman „Kein Land für alte Männer“ hat Hollywood bereits verfilmt.
Auch in dem Oscar-Abräumer „Kein Land für alte Männer“ war ein Drogendeal schief gelaufen. Javier Bardem zog damals als psychopathischer Killer los. Jetzt mischt der spanische Star und Ehemann von Cruz mit Pomade im Haar und knalligen Designerhemden als zwielichtiger Nachtclubbesitzer und Drogendealer mit. In seiner Luxusvilla hält sich Reiner (Bardem) zwei Geparden und eine Femme Fatale, gespielt von Cameron Diaz. Oder hat die Geliebte mit dem Killer-Blick die Fäden in der Hand?
Von Geldgier getrieben steigt der Counselor bei einem Drogendeal ein. Es geht um einen Kokaintransport von Mexiko nach Chicago. 20 Millionen Dollar Straßenwert. Weder Reiner noch der clever-lässige Mittelsmann Westray (Brad Pitt mit weißem Cowboyhut) erreichen ihn mit ihren Warnungen vor der brutalen Schmugglerbranche. Das riskante Spiel geht schief, das Kartell rächt sich. Die Zuschauer tappen bei der Handlung stellenweise im Dunkeln. Scott setzt ihnen oft nur blutige Puzzle-Teile vor. Doch das reicht.
Denn die Spannung liegt nicht in pausenloser Thriller-Action, sondern in McCarthys verstörenden bis poetischen Dialogen. Es ist ein sprachlastiger Krimi. Die Worte wirken, etwa wenn Reiner die „Bolito“-Mordwaffe beschreibt. Eine dünne Metallschleife wird dem Opfer über den Kopf geworfen, ein kleiner Motor aktiviert. Im minutenlangen Todeskampf zieht sich die Schlinge zu, der Kopf wird langsam abgetrennt. Man ahnt, dass es nicht nur bei der Beschreibung bleiben wird.
Auch der Counselor findet auf grausame Weise heraus, dass er sein schillerndes Leben verpfuscht hat. Die Erkenntnis kommt nicht etwa in einem Kugelhagel, sondern viel subtiler, am Telefon. Am anderen Ende erteilt Kartell-Chef Jefe, gespielt von dem Sänger Rubén Blades, eine philosophische Lektion über Gier und die tödlichen Folgen.
In Filmen wie „Alien“, „Blade Runner“, „Black Hawk Down“ und „Prometheus“ hat der britische Regisseur Ridley Scott schon viel Blut vergossen. Doch mit „The Counselor“ hat er die gnadenlose Düsterkeit seines bisherigen Werks noch übertroffen.
Trotz Starbesetzung und Top-Team Scott und McCarthy kam „The Counselor“ in den USA an den Kinokassen und bei vielen Kritikern nicht gut an. Eine undurchsichtige Handlung und zu wortlastig, so die Vorwürfe. Genau das macht den Film zu einem andersartigen, packenden Erlebnis, das über bloße Thriller-Action weit hinausgeht.
Fassbender lobte in einem Interview des „San Francisco Chronicle“ McCormacks hintergründiges Drehbuch. „Es war so eindrucksvoll und so anders, als alles, was ich in vielen Jahren gelesen habe“, sagte der irisch-deutsche Star. „Ich denke, die Zuschauer sollen ein wenig mitarbeiten, das fesselt sie dann mehr“.Kinokritiken im Überblick
[Barbara Munker/fm]
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