Derzeit tobt in den Kinos der Cinemaxx- und der Cinestar-Kette der Arbeitskampf, denn die Angestellten streiken für eine bessere Bezahlung. Kinobesucher müssen sich daher auf lange Warteschlangen an den Kassen oder verschobene Vorstellungen gefasst machen.
Ein gemütlicher Abend im Kino, mit Popcorn und Softdrink einen tollen Film anschauen – so hatte sich Florian Schmidt seinen Abend zumindest vorgestellt. Doch kaum hat er die richtige Position im Sessel gefunden, wird die Leinwand dunkel und Kinomitarbeiter verkünden, dass sie jetzt streiken – für gut 45 Minuten. Ein Tarifvertrag mit dem Kinobetreiber soll her. Dafür kämpfen Verdi und die Mitarbeiter bereits seit Anfang des Jahres, doch bisher erfolglos.
Bei der Hamburger Kinokette Cinemaxx sind ein Großteil der Mitarbeiter studentische Aushilfen, die Getränke, Popcorn oder Tickets verkaufen und meist nur befristete Verträge haben. Verdi fordert für sie einen Euro mehr pro Arbeitsstunde für dieses Jahr und eine weitere Erhöhung um zehn Prozent für 2013. „Stundenlöhne von derzeit 8 Euro für die Servicekräfte sind alles andere als üppig“, argumentiert Gewerkschaftssekretär Dietrich Peters. Erste Warnstreiks habe es während der Berliner Filmfestspiele im Februar gegeben. Die letzten Aktionen waren im April. „Und wir machen weiter“, kündigt
Peters an.
Für Florian Schmidt ist der verspätete Filmstart nicht so schlimm. Auch Verdi beobachtet, dass die meisten Kinobesucher Verständnis für die Cinemaxx-Beschäftigten zeigen. Dass die Leinwand tatsächlich leer bleibt, sei sowieso bislang die Ausnahme gewesen. Meist komme es eher zu langen Schlangen an den Kassen oder Verzögerungen beim Popcornverkauf, wenn die Mitarbeiter kurz ihre Arbeit niederlegen.
„Die Kinobetreiber haben sich vorbereitet – mit Telefonlisten von Ersatzkräften“, berichtet Peters. „Da laufen leider viele Aktionen ins Leere. Von „kalter Aussperrung“ ist die Rede, weil die Streikenden einfach nach Hause geschickt werden. Außerdem würden Streikbrecherprämien ausgelobt. Verdi wirft den Arbeitgebern vor, bislang kein Angebot vorgelegt zu haben. Im Mai könnte es erneut Gespräche geben. Zu Arbeitsniederlegungen kam es auch schon in Hamburg, Bremen, Kiel, Hannover, Göttingen und Krefeld.
Für Cinemaxx sind die Gewerkschaftsforderungen von mehr als 20 Prozent Lohnzuwachs in zwei Jahren völlig unrealistisch. „Wir können unseren Besuchern nicht zumuten, entsprechend mehr pro Ticket zu zahlen“, erklärt die Berliner Cinemaxx-Theaterleiterin Britta Lorenz. Die Cinemaxx-Mitarbeiter verdienten weit über dem Branchendurchschnitt. Das börsennotierte Unternehmen verweist auf die schwierige Marktsituation und die erheblichen Investitionen: Allein im vergangenen Jahr seien für neue Kinositze und Technik mehr als 16 Millionen Euro ausgegeben worden. In Deutschland betreibt die Kette mit ihren rund 2200 Mitarbeitern 30 Multiplexe und ein traditionelles
Kino.
Der Tarifstreit mit dem Multiplex-Betreiber Cinestar ist verfahrener. „Weil die Unternehmensstruktur völlig kompliziert ist, müssen wir mit jeder einzelnen Gesellschaft verhandeln“, berichtet Verdi-Medienexperte Frank Schreckenberg. Bei Cinestar mit seinen 74 Filmpalästen erhielten die meist befristet beschäftigten Servicekräfte zwischen 6,30 bis 6,80 Euro. „Das ist schon Niedriglohnniveau“, schimpft Schreckenberg. Gefordert werde ein Stundenlohn von 8,50 Euro.
Laut Cinestar handelt es sich bei den von Verdi genannten Zahlen um Bezüge für 400-Euro-Aushilfskräfte oder ungelernte Teilzeitmitarbeiter in der Probezeit. Alle Beschäftigte bekämen Sonderzahlungen wie Nacht- und Feiertagszuschläge. Die Gewerkschaftsforderungen, „die teilweise eine Lohnerhöhung von über 30 Prozent beinhalten, würden das Überleben von Kinostandorten in der Fläche, wo wir ebenfalls stark vertreten sind, erheblich gefährden“, betont Cinestar-Geschäftsführer Matthias Kutz.
Auf die übrige Kinobranche werden sich die derzeitigen Tarifauseinandersetzungen wohl nicht auswirken. In Deutschland gibt es noch 1671 Filmtheater. Zu den großen Kinoanbietern zählen neben Cinemaxx und Cinestar noch UCI Kinowelt, Cineplex und Kinopolis. Mit UCI handelte Verdi im vergangenen Jahr einen Tarifvertrag aus. Mit zahlreichen kleineren Betreibern wurden auch Vereinbarungen geschlossen, die aber teils noch nicht rechtswirksam sind.
Bei Cinemaxx gab es schon vor gut zehn Jahren einen zähen Tarifkonflikt. Damals dauerte es fast vier Jahre, bis beide Seiten sich einigten. Ob es sich diesmal wieder so lange hinziehen wird, ist noch offen. „Wir hoffen nicht, aber es sieht derzeit nicht gut aus“, meint Verdi-Sekretär Frank Schreckenberg. [Maren Martell/fm]
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