In ihrer ersten Zusammenarbeit erzählen die Oscar-Preisträger Clint Eastwood und Tom Hanks die Geschichte hinter dem „Wunder vom Hudson“ und die Folgen der Flugzeug-Notlandung von 2009 als packendes Drama.
Flug 1549 der Fluggesellschaft US-Airways am 15. Januar 2009 sollte eine gute Stunde dauern. Der Airbus mit 150 Passagieren und fünf Besatzungsmitgliedern war bei gutem Wetter in New York mit dem Ziel Charlotte in North Carolina gestartet. Doch schon nach wenigen Minuten passiert es. „Birds!“, ruft der Pilot. Mit voller Wucht knallten Wildgänse gegen die Maschine. Beide Triebwerke fallen aus, nur knapp 1000 Meter über dem Grund.
Was sich in den nächsten 208 Sekunden abspielt, macht als „Wunder vom Hudson“ weltweit Schlagzeilen: Der damals 57-jährige Pilot Chesley „Sully“ Sullenberger landet die Maschine sicher auf dem eisigen Hudson-Fluss in New York. Die Passagiere klettern auf die Tragflächen, dort werden alle von Booten gerettet. Ein tiefer Schnitt im Bein einer Stewardess ist die schlimmste Verletzung.
Oscarpreisträger Clint Eastwood („American Sniper“, „Million Dollar Baby“) inszeniert daraus packende 96 Minuten, die weit über den Absturz hinausgehen. „Sully“ dreht sich um die weniger bekannten Nachwehen des Flugdramas: Die monatelange Crash-Untersuchungen der Flugsicherheitsbehörde, den Medienrummel um den als Held gefeierten Piloten, der bescheiden abwehrte: „Ich habe doch einfach nur meinen Job gemacht.“
Hätte Sully die gefährliche Notwasserung vermeiden können? Hätte er mit dem beschädigten Airbus nicht doch den LaGuardia Flughafen oder eine andere Landebahn ansteuern können? Mit grauen Haaren und dem ordentlich getrimmten Schnäuzer verwandelt sich Oscarpreisträger Tom Hanks (60, „Bridge of Spies: Der Unterhändler“) in Sully. Auch trifft er perfekt das nach außen gefasste Auftreten des erfahrenen Piloten, der schon als Teenager das Fliegen lernte.
Doch hinter der stoischen Fassade gibt es Turbulenzen. In seinen nächtlichen Alpträumen gleitet Sully mit dem Airbus durch die New Yorker Häuserschluchten und crasht in einen Wolkenkratzer. Der Ansturm der Reporter setzt ihn unter Druck, ebenso die Fragen der Ermittler. Gab es Ehe-Probleme? Trank er Alkohol? Warum hat er den Flieger nicht gleich umgedreht, um einen Flughafen zu erreichen?
Aaron Eckhart („London Has Fallen“) spielt den Co-Piloten Jeff Skiles an Sullys Seite. Zusammen werden sie von den Unfall-Experten der Flugaufsichtsbehörde in die Zange genommen. „Breaking Bad“-Schauspielerin Anna Gunn stellt taffe Fragen. Doch genau wie Laura Linney – als Sullenbergers besorgte Ehefrau Lorrie – fällt ihr nur eine kleine Rolle zu.
„Sully“ beruht auf der Autobiografie „Man muss kein Held sein“ des inzwischen im Ruhestand befindlichen Piloten. Ein Tatsachendrama nach wahren Begebenheiten, so vermarktet das Studio Warner Bros. den Film. Natürlich nimmt sich Eastwood künstlerische Freiheiten heraus. Die Ermittler wirken wie böse Bürokraten, die dem Flugkapitän gleich nach seiner Heldentat einen Fehler nachweisen wollen.
Tatsächlich zog sich die Untersuchung über Flug 1549 über 18 Monate hin. Flugexperten spielten verschiedene Szenarien durch. In einigen Fällen gelang es am Simulator, bei sofortiger Rückkehr zum Flughafen die Maschine knapp zu landen. Doch am Ende gab es für Sullenbergers meisterhafte Notwasserung gute Noten.
Die haben auch Eastwood und Hanks für ihre erste Zusammenarbeit verdient. „Sully“ geht unter die Haut, ohne die horrenden Minuten über dem Hudson River künstlich aufzubauschen. So ruhig und routiniert wie der Pilot das defekte Flugzeug notlandet, so sachlich und trotzdem spannend inszeniert Eastwood die Beinahe-Katastrophe. Dennoch, Zuschauer mit großer Flugangst sollten diesen Film besser meiden.Kinokritiken im Überblick
[Barbara Munker/buhl]
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