In Drama „Still Alice“ mimt Hollywood-Star Julianne Moore eine zweifache Mutter, die an Alzheimer erkrankt und nach und nach ihre Erinnerungen, ihre Eigenständigkeit und ihre Persönlichkeit verliert. Für diese Leistung wurde sie erst kürzlich mit einem Oscar geehrt.
Was, wenn das Leben schon zu verblassen beginnt, obwohl es noch in vollem Gange ist? Was, wenn die eigenen Kinder, der eigene Ehemann zu Fremden werden? Der Film „Still Alice“ erzählt vom Drama der tückischen Alzheimer-Erkrankung. In der Hauptrolle überzeugt Julianne Moore, die für ihre Leistung gerade mit einem Oscar ausgezeichnet wurde. Es dürfte die Rolle ihres Lebens sein.
Moore spielt die Linguistik-Professorin Alice, der erst ab und zu ein Wort nicht mehr einfällt – bis sie irgendwann nicht mehr weiß, wer sie ist. Mit Kleinigkeiten fängt es an: Ihr fällt das Rezept für ihr unzählige Male gekochtes Lieblingsgericht nicht ein. Doch es wird schlimmer: Irgendwann findet sie nach dem Joggen den Weg nach Hause nicht mehr. Als es so weit ist, geht sie zum Arzt und bekommt die schockierende Diagnose: Alzheimer – und das mit nur 50 Jahren.
Weil es sich um eine zwar äußerst seltene, aber auch vererbbare Form der Erkrankung handelt, besteht die Gefahr, dass Alice sie an ihre Kinder weitergegeben hat. Ihre älteste Tochter Anna (Kate Bosworth) will Gewissheit, ihre Jüngste Lydia (Kristen Stewart) nicht. Das eigene drohende Schicksal immer vor Augen, wenn sie ihre Mutter ansieht, entfernt Anna sich immer weiter von ihr. Lydia hingegen ist ihr bald so nah wie nie zuvor.
Der Film zeichnet nach, wie Alice, die Sprachwissenschaftlerin, ihre Sprache verliert – und auch den Kampf um ihre Selbstbestimmung. Das Handy, in das sie Fragen eingetippt hat, die sie jeden Morgen beantworten will, um sich ihren Geisteszustand vor Augen zu führen, findet sie irgendwann einfach nicht mehr. Und irgendwann hört auch ihr Ehemann (Alec Baldwin) auf, sie als die Frau an seiner Seite zu sehen. Der Titel „Still Alice“ ist dabei wunderbar doppeldeutig gewählt: „Still“ kann im Englischen „noch“, aber auch „leise“ bedeuten – immerhin ist auch Alice immer noch Alice, auch wenn sie so leise geworden ist.
Trotzdem hat der Film durchaus Schwächen. Was ein Alzheimer-Fall für die Familie bedeutet, wie auch Kinder und Ehemann leiden, weil sie hin- und hergerissen sind zwischen der eigenen Trauer und Verzweiflung und der pflichtbewussten Hingabe für die kranke Mutter, das gerät in den Hintergrund. So werden die Familienmitglieder zu Stereotypen: die egoistische Tochter und der überforderte Ehemann auf der einen, die selbstlose Tochter auf der anderen Seite.
Dank der umwerfenden Julianne Moore ist das aber fast egal. Ihre Darstellung ist gleichzeitig feinfühlig und schonungslos. Die emotionale Wucht, mit der sie die kranke Alice spielt, trifft den Zuschauer mitten ins Herz. Ihrem unglaublich rührenden Spiel ist es zu verdanken, dass aus einem eher mittelmäßigen Familiendrama ein Oscar-würdiger Film wurde, der einen sehr lange nicht mehr loslässt.
Moores Mann Bart Freundlich war übrigens der erste, der den Film mit ihr gemeinsam sah – und auch der erste, der einen ganz bestimmten Verdacht hatte, wie sie in der Oscarnacht sagte. „Als wir rauskamen, sagte er zu mir: Du wirst einen Oscar gewinnen. Und ich sagte: Ach, mach mal halblang.“Kinokritiken im Überblick
[Britta Schultejans/fm]
Bildquelle:
- Inhalte_Kino_Artikelbild: © Romolo Tavani - Fotolia.com