Spannende Oscars – Frauenpower, Vielfalt und ein Fantasy-Märchen

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Bild: © Romolo Tavani - Fotolia.com
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Wird „Shape of Water“ abräumen? Einige Trophäen sind dem Oscar-Favoriten so gut wie sicher. Doch im Zuge der #MeToo-Bewegung ist die 90. Preisgala für Überraschungen gut. Frauen und Vielfalt geben den Ton an.

Den Ablauf der Oscar-Nacht hält die Filmakademie gewöhnlich geheim, doch einige Gäste haben die Verleiher von Hollywoods wichtigsten Preisen vorab verraten. „Wonder Woman“ Gal Gadot wird bei der Gala Trophäen aushändigen. Auch die chilenische Transgender-Schauspielerin Daniela Vega, „Lady Bird“-Regisseurin Greta Gerwig, „Black Panther“-Star Chadwick Boseman und seine afroamerikanischen Kollegen Viola Davis und Mahershala Ali werden auf der Bühne stehen.

Fehlen wird Casey Affleck. Als Oscar-Preisträger des vergangenen Jahres würde der Schauspieler traditionell die neue beste Hauptdarstellerin küren. Doch der „Manchester by the Sea“-Star, dem zwei frühere Arbeitskolleginnen sexuelle Belästigung vorgeworfen haben, will der Oscar-Gala fernbleiben.
 
So viel ist sicher – der Blick auf die Gästeliste genügt: Das 90. Oscar-Jubiläum steht im Zeichen von Vielfalt, Frauenpower, der #MeToo-Bewegung und dem Ruf nach Gleichstellung. Frauen und Afroamerikaner waren in der langen Oscar-Geschichte oft übergangen worden, doch diesmal wird es wohl nicht die Show der weißen Männer werden.
 
Die Golden-Globe-Gala und die Baftas haben es vorgemacht. Die Globe-Verleihung im Januar war eine leidenschaftliche Kampfansage an Sexismus, Missbrauch und Benachteiligung. Der Schlachtruf „Time’s Up“ (Die Zeit ist um) wurde zum Slogan der Show, die Preise gingen an Filme mit starken Frauenrollen und einer politischen Botschaft. Statt Farbe und Glitter trugen die Promis Schwarz, solidarisch als Protest gegen Missbrauch.
 
Auch bei den britischen Bafta-Preisen Mitte Februar stachen schwarze Roben und kämpferische Reden hervor. Es dürfte spannend werden, wenn der bissige US-Komiker Jimmy Kimmel in der Oscar-Nacht zum zweiten Mal den Ton angibt und das liberale Amerika vor einem Millionenpublikum im Rampenlicht steht.
 
Vor einem Jahr räumte das nostalgische Musical „La La Land“ sechs Trophäen ab, auch für Emma Stone in der Hauptrolle einer aufstrebenden Schauspielerin. Jetzt ist Frances McDormand als taffe Mutter, die nach der Ermordung ihrer Tochter für Gerechtigkeit kämpft, die Favoritin. Die Tragikomödie „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ von Martin McDonagh ist siebenfach nominiert, auch als bester Film.
 
Der starke Auftritt in der Rolle der Power-Frau Katharine Graham brachte Meryl Streep ihre 21. Oscar-Nominierung ein. In Steven Spielbergs Politfilm „Die Verlegerin“ spielt sie die frühere Herausgeberin der „Washington Post“. Mit-Konkurrentin ist Sally Hawkins, die sich in „Shape of Water – Das Flüstern des Wassers“ als stumme Putzfrau in einem Forschungslabor in ein gefangenes Wasserwesen verliebt. 
 
Das fantasievollen Märchen des Mexikaners Guillermo del Toro, in dem gesellschaftliche Außenseiter eine berührende Liebe vorleben, ist mit 13 Nominierungen zahlenmäßig der Spitzenreiter. Nach seinem Sieg bei den Globes, Baftas und den US-Regiepreisen sollte Del Toro eine Dankesrede parat haben. Chancen auf den Regie-Oscar haben auch Christopher Nolan mit dem achtfach nominierten Kriegsdrama „Dunkirk“ und der Afroamerikaner Jordan Peele mit dem sozialkritischen Gruselstreifen „Get Out“.
 
Doch die Regie-Sparte bei den Oscars ist diesmal keine reine Männersache. Die US-Schauspielerin Greta Gerwig (34), die die Tragikomödie „Lady Bird“ über eine rebellische Studentin inszenierte, geht als erst fünfte Frau für den Regiepreis ins Rennen. Bislang ist Kathryn Bigelow („Tödliches Kommando – The Hurt Locker“, 2010) die einzige Oscar-prämierte Regisseurin.
 
Schon vor der Oscar-Nacht schreibt die Amerikanerin Rachel Morrison Geschichte, als erste Frau, die jemals in der Sparte „Beste Kamera“ nominiert wurde. „Wir sind nicht mehr zu stoppen“, jubelte die 39-Jährige im Interview des „Hollywood Reporter“. Gefilmt hat sie das Südstaatendrama „Mudbound“, unter der Regie der schwarzen Filmemacherin Dee Rees.
 
Noch vor zwei Jahren stand mit dem Twitter-Hashtag #OscarsSoWhite die mangelnde Vielfalt der Nominierten am Pranger – 2015 und 2016 hatten es keine Schwarzen in die Schauspielkategorien geschafft. Nun ringen die Afroamerikaner Denzel Washington („Roman J. Israel, Esq.“) und Daniel Kaluuya („Get Out“) um den Preis als bester Hauptdarsteller, neben Gary Oldman („Churchill – Die dunkelste Stunde“), Daniel Day-Lewis („Der seidene Faden“) und Timothée Chalamet („Call Me By Your Name“). Octavia Spencer („Shape of Water“) und die Sängerin Mary J.Blige als schwarze Farmersfrau in „Mudbound“ sind Anwärterinnen für den Nebenrollen-Oscar.
 
Für die deutsche Schauspielerin Diane Kruger und Regisseur Fatih Akin waren nach dem Golden-Globe-Triumph die Oscar-Träume schon im Januar zerplatzt. Das NSU-Drama „Aus dem Nichts“ kam nicht in die Oscar-Endrunde. Doch andere deutsche Filmschaffende sind im Rennen: Regisseurin Katja Benrath mit „Watu Wote/All Of Us“ in der Kategorie „Live-Action-Kurzfilm“, Jakob Schuh und Jan Lachauer mit „Revolting Rhymes“ („Es war einmal…nach Roald Dahl“) in der Sparte „Animierter Kurzfilm“.
 
Die Filmmusik für „Dunkirk“ brachte Star-Komponist Hans Zimmer seine elfte Nominierung ein. Für den Potsdamer Special-Effects-Spezialisten Gerd Nefzer ist es dagegen der erste Oscar-Auftritt. Der 52-Jährige ist mit seinem Team für den Film „Blade Runner 2049“ in der Kategorie visuelle Effekte nominiert. In dem Action-Streifen hat Nefzer insbesondere mit der Inszenierung von schlechtem Wetter für die erwünschte düstere Stimmung gesorgt. Das brachte ihm schon eine Bafta-Trophäe ein, also rosige Aussichten für die Oscar-Nacht. 

[Barbara Munker]

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