Nach der Hauptrolle in der Verfilmung von Stieg Larssons „Millenium“-Trilogie kehrt Noomi Rapace mit dem Psycho-Thriller „Babycall“ in die Kinos zurück. Als besorgte Mutter hört die 32-Jährige darin furchterregende Schreie aus einer fremden Wohnung.
Als taffe Hackerin konnte die Schwedin in den Filmen „Verblendung“, „Verdammnis“ und „Vergebung“ aus Steig Larssons „Millenium“-Trilogie überzeugen. Im neuen Film „Babycall“ zeigt sich Noomi Rapace nun von einer ganz anderen Seite. Für ihre Rolle in dem Psycho-Thriller gewann die 32-Jährige beim Filmfest Rom den Preis als Beste Schauspielerin.
In dem Film des norwegischen Regisseurs Pål Sletaune spielt Rapace die besorgte Mutter Anna. Um Schutz vor ihrem gewalttätigen Ehemann zu suchen, zieht sie mit Hilfe des Jugendamts in einen anonymen Wohnblock in Oslo. Die Erfahrungen aus ihrer Vergangenheit haben sie misstrauisch werden lassen: Anna schottet sich ab, zieht stets alle Vorhänge zu. Um ihren Sohn Anders auch im Schlaf schützen zu können, kauft sie ein Babyphone.
Gleich in der ersten Nacht schreckt sie prompt hoch: Laute Schreiedringen aus der Funkanlage! Wird ihr Sohn ermordet? Aber als sie zuAnders rennt, schläft der tief und fest. Anna stellt Nachforschungen an.Ein Verkäufer im Elektronikmarkt gibt ihr einen wichtigen Hinweis: DasBabyphone könnte auch Geräusche eines anderen Geräts übermittelt haben,irgendwo aus ihrem Wohnblock.
Fieberhaft sucht Anna die Quelle der Wehlaute. Doch dabei wird ihr plötzlich klar, dass sie Dinge sieht, die andere nicht sehen. Wird sie etwa verrückt? Aber warum ist Blut auf einer Zeichnung von Anders? Ist die Gefahr doch real? Anna nimmt ihre Umwelt jedenfalls immer bedrohlicher wahr – und schützt ihren Sohn und sich selbst mit allen Mitteln.
„Babycall“ erzählt diesen Plot konsequent aus der Perspektive von Anna. Die Spannung gründet auf den verschiedenen Ebenen ihrer fragwürdigen Wahrnehmung. Dieses Verwirrspiel macht die Panik der jungen Mutter spürbar und versetzt die Zuschauer in eine Zwischenwelt voller Zweifel: Ist das, was sie durch Annas Augen sehen, Halluzination oder Wirklichkeit?
Rapace verkörpert die verzagte Mutter Anna mit großer Natürlichkeit. Eine sympathische Figur – bis die Sorge um ihren Sohn manische Züge annimmt. Möglicherweise ist sie die eigentliche Psychopathin. Vielleicht aber auch nicht. Es spricht ebenso viel dafür wie dagegen. Wo liegt die Wahrheit? Es ist das Verdienst von Rapaces glaubwürdigem Spiel, dass diese Frage bis zum Schluss offen bleibt.
Regisseur Pål Sletaune wird für seine Thriller – etwa für seinen vorigen Film „Next Door“ – gern mit Roman Polanski verglichen. Diesem Ruf wird er auch mit „Babycall“ gerecht. Man könnte das nervenaufreibende Drama durchaus als moderne Hommage an Polanskis Frühwerk „Ekel“ aus dem Jahr 1965 sehen. Darin verschanzt sich eine junge Catherine Deneuve in ihrem Apartment und verfällt einem ähnlich panischen Wahn wie Noomi Rapace als Anna. Hier wie dort lebt zudem das psychotische Szenario der Leinwandgeschichte vor allem von der brillanten Darstellung der weiblichen Hauptfigur. Noomi Rapace erspielt sich mit „Babycall“ jedenfalls endgültig einen Platz in der Riege der stärksten Charakterdarstellerinnen ihrer Generation.Kinokritiken im Überblick
[Franziska Bossy/fm]
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