Roland Emmerich hat in seinen Filmen schon allerhand in die Luft gejagt. Auch das Weiße Haus war bereits darunter. In seinem neuen Actionthriller „White House Down“ tut er dies nun zum wiederholten male. Dabei möchte der Regisseur mit dem Film unter anderem auf die tiefe politische Spaltung des Landes hinweisen, wie er im Interview erklärt.
Bei Roland Emmerich kracht’s immer gewaltig. Können Sie sich vorstellen, auch mal einen ruhigen, poetischen Film zu drehen?
Roland Emmerich: Haben Sie „Anonymus“ gesehen?
Ja, aber da ging’s ja auch zur Sache …
Emmerich: … aber nur ein bisschen. Aber klar, ich kann mir das schon vorstellen. Allerdings wird es für mich schwierig sein, dass die Zuschauer so einen Film akzeptieren. Man steckt doch immer ein bisschen in einem Käfig mit dem, womit man Erfolg hatte. Die Leute wollen dann immer dasselbe in allen möglichen Varianten und Formen, und es ist schwierig, ihnen plötzlich etwas anderes zu verkaufen. Das war ja selbst bei Hitchcock so. Wenn Hitchcock mal ’ne Komödie gemacht hat, war die nicht so erfolgreich wie seine Thriller.
In „White House Down“ lassen Sie amerikanische Terroristen den Präsidenten angreifen und nicht irgendwelche bösen Mächte von außen. Warum?
Emmerich: Ich glaube, dass das die wahre Gefahr ist für Amerika. Schon Lincoln hat gesagt, dass Amerika sehr in der Gefahr steht, von innen heraus zerstört zu werden. Er konnte sich damals natürlich nicht Terrorismus vorstellen, aber selbst Terrorismus zerstört ja Amerika nicht, er verändert es nur. Das einzige, was Amerika wirklich bedroht, ist die Spaltung des Landes. Weil es 50:50 Prozent geteilt ist, denken beide Seiten, sie könnten mit ihrer Mehrheit machen, was sie wollen.
Also ein bisschen ein Weckruf?
Emmerich: Ja, aber nicht nur ein bisschen. Ich versuche ja mit meinen Filmen eigentlich immer eine Botschaft zu verbinden, damit man neben der Unterhaltung auch nachdenken kann, mit Freunden diskutieren und halt noch was anderes mitbekommt. Ich glaube, dass es Filme immer relevant macht, wenn sie sich mit Wirklichkeit auseinandersetzen.
Ihr voriger Film „Anonymus“ war ein Flop an den Kinokassen, Ihr jetziger hat sehr mäßige Kritiken bekommen. Macht Ihnen das was aus?
Emmerich: Nein. Nein! Also, dass „Anonymus“ nicht erfolgreich war, das hat mich ein bisschen gestört, weil ich sehr stolz auf den Film war. Aber das muss man akzeptieren, es kann nicht alles erfolgreich sein. Und ich denke, als Filmemacher will man, wenn man stirbt, auch nicht die Boxoffice-Zahlen auf dem Grabstein haben, sondern die Filmtitel. Zum Beispiel „Blade Runner“ (1982) von Ridley Scott – das war für mich damals der großartigste Film überhaupt, aber er ist wirklich gefloppt. Und heute gibt es keine Liste mehr mit den zehn besten Filmen, wo „Blade Runner“ nicht vorkommt.
Glauben Sie, dass Gewalt im Film eine Auswirkung auf Gewalt im echten Leben hat?
Emmerich: Mit dieser Frage beschäftige ich mich wirklich ernsthaft. Ich habe zwei Filme gemacht, die in Amerika das höchste Gewalt-Rating hatten. Aber jetzt in diesem Film habe ich eigentlich versucht, so wenig Blut wie möglich zu zeigen. Ja, da wird ein Mädchen sehr viel mit einer Waffe bedroht, aber die Figur dieses Mädchens, die ist so mutig und so bei sich selbst, dass ich glaube, es ist okay. Aber was mir zu denken gibt, sind diese Spiele für Kids, wo du Punkte kriegst, wenn du jemanden umknallst, weil es Kinder abstumpft und weil diese Spiele ja auch immer lebensechter werden.
Sie leben jetzt schon sehr lange in Hollywood. Fühlen Sie sich trotzdem noch als Deutscher?
Emmerich: Ja, eindeutig. Ich bin zwar 23 Jahre in Amerika, aber ich war 34 Jahre in Deutschland. Fragen Sie mich in zehn Jahren noch mal (lacht).
Was halten Sie als einstiger Obama-Fan …
Emmerich: … nein, ich bin, glaub‘ ich, noch der letzte Fan. Es gibt keinen Politiker, der so sehr kritisiert wurde wie Obama. Das ist ja mittlerweile schon ein Sport, ein weltweiter Sport. Dabei muss er die ganzen Dinge ausbaden, die Bush angestellt hat. Es ist ja nicht so, dass Obama gesagt hätte, jetzt horchen wir mal alle Leute ab, das ist unter Bush entstanden. Der einzige Vorwurf, den man ihm machen könnte – er hat halt nicht gesagt, dass es passiert. Was ich aber wirklich großartig finde, ist sein Einsatz für die Rechte der Homosexuellen.
Was halten Sie von der Strategie des US-Präsidenten, einen Militärschlag gegen Syrien von der Zustimmung des Kongresses abhängig zu machen?
Emmerich: Das ist gut. Er ist ein Demokrat. Solche Entscheidungen sollte man nie als Einzelner treffen, und deshalb ist es gut, dass es den Senat und das Repräsentantenhaus gibt. Die sollten eigentlich beide Ja sagen. Und wenn beide Ja sagen, dann finde ich es auch gut, dass Amerika etwas gegen Giftgas tut. Dass es das immer noch gibt, ist eine Schande.
Vielen Dank für das Gespräch.[Nada Weigelt/ps]
Bildquelle:
- Inhalte_Kino_Artikelbild: © Romolo Tavani - Fotolia.com