Regie-Debüt für McGregor mit Drama „Amerikanisches Idyll“

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Bild: © Romolo Tavani - Fotolia.com
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Komplexe Story, anspruchsvolle Rollen – mit der Verfilmung des Generationendramas „Amerikanisches Idyll“ hat sich Ewan McGregor eine schwierige Aufgabe für sein Debüt als Regisseur ausgesucht. Ein Meisterwerk gelingt trotz solider Inszenierung nicht.

Die Welt ist aus den Fugen in Philip Roths Roman „Amerikanisches Idyll“. Für seine Erzählung, die zu großen Teilen in der Nixon Ära spielt, erhielt Roth 1998 den Pulitzer-Preis. Das Buch schildert den Niedergang der Familie Levov am Schicksal des Familienvaters Seymour, genannt „der Schwede“.
 
Es ist keine leichte Aufgabe, die sich der schottische Schauspieler Ewan McGregor für sein Debüt als Regisseur eines Spielfilms gestellt hat. Denn der Roman ist komplex – und verzichtet darauf, den Konflikt aufzulösen. McGregor dagegen entscheidet sich für ein versöhnlicheres Ende, die verloren geglaubte Tochter geht schließlich zum Grab ihres Vaters, dessen zunächst sinnlos erscheinendes Warten so einen Sinn bekommt. „Ich fand das einfach eine schöne Auflösung“, sagte McGregor der Deutschen Presse-Agentur in Hamburg.

Die Zuschauer lernen Levov, gespielt von McGregor, zunächst als überlebensgroßen Gewinnertyp kennen, als idealen Amerikaner. Der Spross einer jüdischen Fabrikantenfamilie ist bewunderter High School-Sportler, dann bei den Marines, heiratet mit Dawn Dwyer eine frühere Schönheitskönigin (Jennifer Connelly) und erbt ein florierendes Unternehmen. Wegen seiner stahlblauen Augen und seines hünenhaften Äußeren nennen ihn alle nur „den Schweden“.
 
Die scheinbare Idylle endet mit dem Beginn des Vietnamkrieges und den Studentenkrawallen der späten 1960er Jahre. Die Tochter der Levovs, Meredith, gespielt von Hanna Nordberg und Dakota Fanning, radikalisiert sich, wird zur Terroristin, verübt einen Anschlag auf das örtliche Postamt und tötet dabei einen Menschen. Danach verschwindet sie – und macht ihren Vater zum Suchenden und Wartenden. Was folgt, ist die Erosion der Familie und die Zerstörung des Lebens von Seymour Levov.
 
Der Film beginnt, als der jüngere Bruder Seymours dem Erzähler des Romans, Nathan Zuckerman, bei einem Klassentreffen von Seymours Tod und der Radikalisierung der Tochter erzählt. Nach dem Klassentreffen beginnt Zuckerman zu recherchieren – das Bild, das er vom Schweden hatte, gerät ins Wanken. Es ist die Tragödie des „Schweden“, dass er die Tragödie nicht anerkennen kann: „Die Tragödie des Menschen, der auf Tragödien nicht vorbereitet ist – das ist die Tragödie des Jedermann“, fasst Nathan Zuckerman zusammen.
 
McGregors Inszenierung verzichtet weitgehend auf Zuckermans zynische Rückblenden, die im Roman eine wichtige Rolle spielen und deutlich machen: Vorstellungen, die sich Menschen voneinander machen, sind ungenau. Trotzdem beeinflussen sie die Realität – diese für den Roman zentrale Erkenntnis wird im Film nur angedeutet.
 

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Viel Raum bekommt dafür die Beziehung zwischen Dawn und Seymour, die auf unterschiedliche Weise versuchen, mit dem Verlust der Tochter umzugehen. „Dawn weiß, dass sie nur überleben kann, wenn sie nach vorne schaut und sich selbst eine Erzählung schafft“, sagte Jennifer Connelly der Deutschen Presse-Agentur. Seymour hingegen vermeide jede Konfrontation und warte schlicht darauf, dass der geplatzte Traum seiner idealen Familie wieder real werde.
 
Dass sich Zuschauer durch bestimmte Motive auch an gegenwärtige Ereignisse erinnert fühlten, sei nicht zu vermeiden, sagte McGregor. Szenen, die den gesellschaftlichen und politischen Kontext in den USA der 1960er Jahren zeigen, wirken mitunter wie eine Replik auf aktuelle Debatten. Eine Szene, die Unruhen in Newark 1967 nachstellt, zeigt einen weißen Polizisten, der einen Afroamerikaner schlägt und misshandelt. „An der Stelle habe ich mich bewusst entschieden, das so zu zeigen. Denn das ist etwas, das wir momentan häufig sehen“, erklärte der Regisseur: „Ich hatte das Gefühl, es ist wichtig zu zeigen, dass das schon lange so passiert.“
 
Auch Merediths Weg in den Terrorismus gehört in diese Kategorie. Dahinter steckt auch ein Generationenkonflikt. Meredith wirft ihren Eltern vor, sich in einer ungerechten Welt eingerichtet zu haben. Was genau zu ihrer Radikalisierung führt, bleibt für die Eltern undurchsichtig.
 
In der Rolle des „Schweden“ überzeugt McGregor, ebenso wie Jennifer Connelly als Dawn, mit brilliantem Spiel. Anders als Connelly passt der eher durchschnittlich groß gewachsene McGregor aber nicht ganz in seine Rolle. Denn Roths „Schwede“ überragt seine Mitmenschen auch körperlich auf eine Weise, die ihn überlebensgroß und unwirklich erscheinen lässt.
 
Da McGregor diese Ausstrahlung in der Rolle nicht wirklich verkörpert, verringert sich seine Fallhöhe im Vergleich zum Roman. Das ist durchaus sinnbildlich für die Inszenierung, die das Meisterwerk zwar seriös und unterhaltsam auf die Leinwand bringt, aber kein neues Meisterwerk schafft.Kinokritiken im Überblick
[Oliver Beckhoff/buhl]

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