Peinlicher Tanz um den Vulkan: historische Katastrophe „Pompeii“

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Bild: © Romolo Tavani - Fotolia.com
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Der Untergang von Pompeji war eine der größten Naturkatastrophen überhaupt. „Pompeii“ von Paul Anderson ist vor allem eine filmische Katastrophe: ein klischeeüberladener Streifen, angesiedelt irgendwo zwischen „Gladiator“ und dem „Pferdeflüsterer“.

Es ist eine der berühmtesten Naturkatastrophen der Geschichte: Im Jahr 79 n. Chr. ging die Stadt Pompeji am Golf von Neapel unter. Sie wurde verschüttet von der Asche des ausbrechenden Vesuv – und konserviert für die Ewigkeit. Noch heute zeugen Menschen, im Todeskampf versteinert, von Schrecken und Leid. Kaum vorstellbar, was sich damals in den Straßen der antiken Stadt abspielte.
 
Trotzdem – oder gerade deshalb – haben Künstler immer wieder versucht, diese Frage zu beantworten und von den menschlichen Tragödien zu erzählen. Schon Friedrich Schiller schrieb über „Pompeji und Herculaneum“, 1834 verfasste Edward Bulwer-Lytton „Die letzten Tage von Pompeji“ – und erst im Jahr 2003 brachte Bestseller-Autor Robert Harris seinen „Pompeji“-Roman auf den Markt. Schon seit Anfang des 20. Jahrhunderts diente die Katastrophe immer wieder als Filmstoff.

Jetzt hat auch der britische „Resident Evil“-Regisseur Paul W.S. Anderson seine Version der Geschichte auf die Leinwand gebracht – und er begegnet der historischen Natur- mit einer filmischen Katastrophe.
 
Die Geschichte in Kürze: Als der Sklave Milo (Kit Harington, der Schöne aus „Game of Thrones“) mit Mitgefangenen auf dem Weg zu Gladiatorenkämpfen nach Pompeji ist, bleibt die Kutsche der schönen Kaufmannstochter Cassia (Model, Sängerin und Schauspielerin Emily Browning) im Schlamm stecken und eines der Pferde verletzt sich so böse, dass es keine Hoffnung mehr gibt. Milo kennt sich mit Pferden aus, hat Mitleid, bricht dem Tier das Genick – und erobert so im Sturm das Herz der jungen Frau.

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In Pompeji soll Milo gegen „Triumphator“ Atticus (Adewale Akinnuoye-Agbaje) antreten. Weil die beiden Männer mit den stahlharten Muskeln im jeweiligen Gegenüber aber einen Bruder im Geiste erkennen, kämpfen sie bald lieber gegen die römisch-imperialistische Macht als gegeneinander. Und so vergeht quälende Minute um quälende Minute mit immer neuen Gladiatorenkämpfen – unterbrochen von schmachtenden Blicken zwischen Milo und seiner Cassia, die ärgerlicherweise dem fiesen römischen Senator Corvus („24“-Star Kiefer Sutherland) versprochen ist.
 
Eine sehr lange Stunde dauert es im Film, bis der Vesuv dann endlich ausbricht, bis die Katastrophe beginnt, die in die Geschichtsbücher einging und zahlreiche Künstler inspirierte. Bei Anderson verkommt sie zum beliebigen Schlussakt. Wären vorher nicht immer wieder, quasi als Alibi, Bilder vom drohend brodelnden Vulkan in die Kampfesszenen aus der Arena geschnitten, „Pompeii“ wäre von Ridley Scotts „Gladiator“ kaum zu unterschieden – zumindest optisch. Qualitativ trennen den Oscar-prämierten Monumentalfilm und die „Pompeii“-Farce natürlich unüberbrückbare Welten.
 
Die klischeebeladene, unglaubwürdige Geschichte, ein Mix aus eben jenem „Gladiator“ und dem „Pferdeflüsterer“, bietet immer wieder unfreiwillig komische Szenen. Anderson lässt kein noch so abgegriffenes filmisches Mittel aus, lässt seinen Helden Milo immer wieder effektvoll aus dem Staube auferstehen. Die völlig unglaubwürdige Romanze zwischen dem Sklaven und der Kaufmannstochter treibt dem Publikum bei der Pressevorführung in München Tränen in die Augen – allerdings vor Lachen. Das ist wahrscheinlich nicht das erklärte Ziel bei einem Streifen, der ein dramatischer, historischer Katastrophenfilm sein soll.
 
Asche und Feuer fliegen dank zwischenzeitlich ganz guter 3D-Effekte einigermaßen beeindruckend durch die Gegend, und der donnernde Soundtrack deutet zumindest hier und da die epochale Emotionalität an, die Anderson mit seinem Film wohl zeigen wollte und woran er grandios scheitert.
 
Nicht einmal Kiefer Sutherland versucht, aus seiner Rolle des bösartigen Senators noch etwas herauszuholen. So verkommt die Figur – wie alle anderen in dem Film – zum Stereotyp, zum eindimensionalen Abziehbildchen. Bei der Geschichte und den unterirdischen Dialogen hätte aber auch kaum ein Schauspieler eine Chance gehabt. Ein Beispiel: „Meine Eltern sind tot“ – „Ich hole die Pferde“.Kinokritiken im Überblick
[Steffen Trumpf/fm]

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