Schauplatz ist Los Angeles im Jahr 1969. „Once Upon a Time… in Hollywood“ spielt vor dem Hintergrund der Charles-Manson-Mordserie. Quentin Tarantino holt Brad Pitt und Leonardo DiCaprio dazu.
Blutorgien und exzessive Gewalt, wie in „Pulp Fiction“, „Kill Bill“ und „Django Unchained“, sind Quentin Tarantinos Markenzeichen. Der Oscar-prämierte Regisseur, Drehbuchschreiber und Produzent ist auch Meister brillanter, langer Dialoge. Doch mit diesen Zutaten hält sich Tarantino in seinem neunten Spielfilm „Once Upon a Time… in Hollywood“ dezent zurück. Erst am Ende des fast dreistündigen Films geht es mit Flammenwerfern und extremer Brutalität gewohnt zur Sache.
Dennoch ist das große Finale voller Überraschungen – und ganz anders, als es die Geschichte von 1969 vorgibt. Mit „Once Upon a Time… in Hollywood“ geht Tarantino auf Zeitreise nach Los Angeles in die Ära der Hippie-Bewegung mit Sex und Drogen, wilden Partys in der Playboy-Mansion und einer der berüchtigsten Mordserien der Filmmetropole: Der 1963 geborene Regisseur war gerade sechs Jahre alt, als die Schauspielerin Sharon Tate und sechs weitere Menschen im August 1969 von jungen Anhängern des Kultführers Charles Manson brutal ermordet wurden.
Tarantino lässt Berühmtheiten wie Steve McQueen, Bruce Lee, Roman Polanski und dessen hochschwangere Ehefrau Sharon Tate aufleben, doch die eigentlichen Stars seines Films sind zwei fiktive Figuren. Leonardo DiCaprio spielt Rick Dalton, einen abgehalfterten Schauspieler, der seiner Glanzzeit als Westernstar und Kinobösewicht nachhängt. Er trinkt zuviel und ist emotional ein Wrack. Cliff Booth (Brad Pitt) ist sein Stuntman und mehr noch seine rechte Hand. Er chauffiert Dalton ans Set und durch die Straßen von Hollywood.
Dalton und Booth schauen sich gerne alte Filme und TV-Serien an, in denen sie selbst zu sehen sind. Dabei fließen Alkohol und auch Tränen für das Hollywood längst vergangener Tage. Es ist Tarantinos Hommage an die Traumfabrik und an die Werte einer Männer-Freundschaft. Pitt und DiCaprio sind perfekt als Buddies, die ihrer Vergangenheit nachhängen und von einer besseren Zukunft träumen.
Die Topriege Hollywoods ist für sie unerreichbar, doch Dalton tröstet sich damit, wenigstens berühmte Nachbarn zu haben: In die Villa nebenan am Cielo Drive über den Hügeln von Beverly Hills sind Polanski (Rafal Zawierucha) und Tate (Margot Robbie) eingezogen. Mit weißen Stiefeln, Mini-Rock und langen blonden Haaren gelingt Robbie die verblüffende Verwandlung in die 60er-Jahre-Ikone, die mit 26 Jahren von einer großen Filmkarriere träumt.
In einer sensationellen Szene in einem Kino schmilzt sie förmlich dahin, als sie sich selbst auf der Leinwand beobachtet und die Zuschauer lachen. Tarantino schwelgt in vielen solcher stillen, fast intimen Momente. Bis zum Countdown für das brutale Ende lässt er sich genüsslich Zeit.
In engen Jeans, bunten 60er-Jahre-Shirts und cooler Pilotenbrille strahlt Brad Pitt eine ungeheure Lässigkeit aus. Die behält er auch, als er beim Besuch einer verlassenen Film-Ranch, wo einst Western gedreht wurden, auf eine Gruppe feindseliger Manson-Groupies trifft. Es ist einer von vielen historischen Standorten, den Tarantino für seine Hommage an das alte Hollywood in akribischen Details und in satten Farben nachgestellt hat.
„Once Upon a Time… in Hollywood“, mit Stars wie Al Pacino, Bruce Dern, Kurt Russell und Dakota Fanning in Nebenrollen, endet mit einer Gewaltorgie, in der Tarantino seinen Fans nichts erspart. Nicht zum ersten Mal stellt der Regisseur dabei historische Ereignisse völlig auf den Kopf. In „Inglourious Basterds“ etwa lockte er Adolf Hitler und Joseph Goebbels zur Premiere eines Propagandafilms in einem Pariser Lichtspielhaus in eine Falle. Die Nazis starben im Inferno aus brennendem Zelluloid und Maschinenpistolen-Salven. Zum Ende von „Once Upon a Time… in Hollywood“ wird nicht viel verraten, nur so viel: Diesmal helfen ein blutrünstiger Pitbull und ein Flammenwerfer.
[Barbara Munker]
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