„Mr. Holmes“: Ein Sherlock der anderen Art

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Bild: © Romolo Tavani - Fotolia.com
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Dank Benedict Cumberbatch hat man Sherlock Holmes derzeit vor allem als brillantes Genie vor Augen. Doch wie ergeht es dem Detektiv, wenn der Verstand im hohen Alter nachlässt? Die Frage beantwortet Ian McKellan in „Mr. Holmes“, in dem Sherlock seinen letzten Fall lösen muss.

Wer in jüngster Zeit an Sherlock Holmes denkt, der hat womöglich Benedict Cumberbatch und dessen temporeiche Interpretation des großen Meisterdetektivs für die BBC vor Augen – oder vielleicht noch Robert Downey Jr. an der Seite von Jude Law. Jetzt gesellt sich ein Schauspieler dazu, den wohl die wenigsten für die Rolle auf dem Zettel gehabt haben dürften: Ian „Gandalf“ McKellen. Der 76-Jährige, der Kinofans vor allem als weiser Zauberer in der „Herr der Ringe“-Trilogie bekannt wurde, verkörpert in „Mr. Holmes“ von Regisseur Bill Condon eine ziemlich altgewordene Version von Sherlock Holmes.

Der Film spielt im Jahr 1947, Holmes ist 93 Jahre alt und lebt mit seiner Haushälterin Mrs. Munro (Laura Linney) und deren Sohn Roger (entzückend: Milo Parker) zurückgezogen auf seinem Landsitz in der englischen Grafschaft Sussex und züchtet Bienen. Sorge macht ihm nur, dass sein einst so messerscharfer Verstand ihn zunehmend im Stich lässt. Er reist sogar bis nach Japan auf der Suche nach Mittelchen, die seinem Geist wieder auf die Sprünge helfen.
 
Denn auf seine alten Tage will er sich unbedingt an einen Fall erinnern, der ihm keine Ruhe lässt. Es war der Fall, der ihn einst dazu brachte, sich aus dem Detektivgeschäft zurück zu ziehen. Doch mehr als die Tatsache, dass es um eine schöne, blonde Frau mit traurigen Augen ging, fällt ihm einfach nicht ein.
 

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Das ändert sich, als er beginnt, mehr Zeit mit dem aufgeweckten Sohn seiner Haushälterin zu verbringen. Die beiden kümmern sich gemeinsam um die Bienen, und der wissbegierige Junge saugt wie ein Schwamm alles auf, was der Alte ihm erzählt. Seiner Mutter gefällt das nicht. Sie hat nicht das beste Verhältnis zu ihrem Arbeitgeber, sucht einen neuen Job und fürchtet, ihr intelligenter Sohn, der ihr mit seinen jungen Jahren geistig schon deutlich überlegen ist, könnte sich durch die Freundschaft mit dem cleveren Alten von ihr entfernen.
 
Der Junge wird eine Art Muse für Holmes, und nach und nach öffnen sich immer mehr Türen zur verloren geglaubten Vergangenheit. Holmes löst seinen letzten Fall – aber anders als erwartet. In „Mr. Holmes“ geht es nicht um kriminalistische Meisterleistungen. Es geht nicht darum, was der Verstand zu leisten in der Lage ist, sondern um das Herz – eine Erkenntnis, zu der Holmes zwar spät, aber nicht zu spät gelangt.
 
„Mr. Holmes“ ist also alles andere als ein klassischer Detektivfilm. Es ist ein Film über die Suche eines alten Mannes nach einem Selbst, das er bislang nicht kannte. Ein Film über Fehler, Schuld und die Chance auf Wiedergutmachung. Das ist streckenweise sehr poetisch – streckenweise aber – trotz hervorragender Darsteller – auch etwas langatmig.Kinokritiken im Überblick
[Britta Schultejans/fs]

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