Die Hollywood-Version seines Films „Honig im Kopf“ hat Til Schweiger gerade abgedreht, da bringt er selbst ein Remake auf die Leinwand. Unter anderem mit Samuel Finzi und Milan Peschel – und sich selbst.
In der Saunabank klemmt sich ein Mann an seiner intimsten Stelle ein, im Auto hilft ein Schwimmring als Sitzhilfe bei Hämorrhoiden und beim Paar-Therapeuten ist ein kleiner und zu schwacher Penis das Thema: Wer den Trailer zu Til Schweigers „Klassentreffen 1.0 – Die unglaubliche Reise der Silberrücken“ sieht, stellt sich vermutlich auf Pennälerhumor der brachialen Art ein. Damit liegt man auch völlig richtig. Der Film besticht aber zugleich mit vielschichtigen Facetten. Wenn Schweiger zum „Klassentreffen“ lädt, kann man sich einerseits hemmungslos amüsieren, sich andererseits aber auch von menschlichen Problemen anrühren lassen.
Die Endvierziger Nils (Samuel Finzi), Andreas (Milan Peschel) und Thomas (Schweiger) sind Freunde seit der Schulzeit – obwohl oder gerade weil sie so verschieden sind. Als die Einladung zum Wiedersehen 30 Jahre nach dem Abitur eintrifft, haben zwei von ihnen keine Lust darauf: Nils, permanent schlecht gelaunt („Wir hatten alle große Träume, jetzt haben wir Krampfadern“) und mit seiner Familie ständig im Zoff. Und Andreas, den die Ehefrau für jenen Paartherapeuten verlassen hat, der ihre 20-jährige Beziehung eigentlich retten sollte. Nur DJ Thomas (Schweiger) plant für das Trio gleich ein ganzes Party-Wochenende im Luxushotel mit Alkohol und Frauen.
Während Nils und Andreas mitten in der Midlife-Crisis stecken, scheint Thomas sein Alter nichts auszumachen. Der Lebemann, für den Yoga „der Sex der Frustrierten“ ist, liest seinen Freunden die Leviten: „Das ist nur eine Phase, da müssen wir jetzt einfach durch“. Spätestens mit 60 sei die Krise wieder vorbei, außerdem hätten sie doch früher immer gern zusammen abgehangen und sich vergnügt. „Ihr seid nicht zu alt, ihr seid einfach zu langweilig geworden“, sagt der Mann, der noch immer seine Groupies hat. „Was ihr dringend braucht, ist ein bisschen Spaß!“.
Dabei plagen auch Thomas Probleme – die Teenager-Tochter seiner neuen großen Liebe Linda steht dem notorischen Frauenhelden skeptisch gegenüber. Schweigers Tochter Lilli (20), anders als ihre Schwestern Luna und Emma selten vor der Kamera, spielt die 17-Jährige Lili, die mit den drei Freunden auf die Reise geht. Als ihre Mutter Linda ist Stefanie Stappenbeck zu sehen, die auch schon in den Nick-Tschiller-„Tatorten“ seine Partnerin war. Schweiger selbst ist nicht nur einer der Hauptdarsteller, sondern wie bei seinen vorherigen Kinofilmen – von „Keinohrhasen“ über „Kokowääh“ bis „Honig im Kopf“ – wieder Regisseur, Autor und Produzent.
„Wir geh’n steil – das wird geil“ – nach diesem Motto wollen die Endvierziger die Sau rauslassen. Disconächte, Intimrasuren und potenzielle Affären prägen ihren Hotelaufenthalt. Dennoch kommt alles anders als erhofft, etwa wenn Andreas‘ Ex Tanja (Jeanette Hain) auftaucht, wenn Nils feststellt, dass seine junge, attraktive Eroberung genauso frustriert und unglücklich ist wie er und wenn Thomas um Linda und Lili kämpft. Stattdessen erkennen sie, was wirklich zählt: ihre Freundschaft, Familie und Liebe. Mit flapsigem, dabei urkomischen Wortwitz und viel physischem Humor vermitteln die Drehbuchautoren Schweiger und Lo Malinke ihre Botschaft.
Das Autoren-Duo konnte auf eine erfolgreiche Vorlage zurückgreifen: „Klassentreffen 1.0“ ist das Remake des dänischen Films „Klassefesten“. Die Komödie ließ die Kassen klingeln und war der Auftakt zu einer Trilogie – auch Schweigers Produktionsfirma Barefoot Films sicherte sich die deutschen Rechte für alle drei Filme. „Klassentreffen“ sei kein klassisches Remake, erklären die Macher, viele Details und Erzählstränge hätten die Autoren selbst entwickelt. So fehlt etwa im Original die Figur der jungen Lili – von den Autoren eingearbeitet. Die nächsten „Klassentreffen“ sind auch schon geplant: Die beiden Fortsetzungen sollen jeweils im Herbst 2019 und 2020 starten. [Dorit Koch und Ulrike Cordes]
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