Kinokritik: „Ides of March“: Packendes Politdrama von Clooney

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Bild: © Romolo Tavani - Fotolia.com
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Eine politische Lichtgestalt, ein ehrgeiziger Stratege, eine hübsche Praktikantin, Macht und Intrigen: George Clooneys neuer Film hat alle Zutaten für einen klassischen Politthriller. Dass das Drama alles andere als herkömmlich ist, verdankt es vor allem Ryan Gosling.

Seit dem Mord an Julius Cäsar sind die Iden des März zum Synonym geworden für politische Intrigen und Machtspiele, die tödlich enden können. Das dachte sich auch George Clooney, dessen neuer Film „The Ides of March – Tage des Verrats“ dem Drama, das sich vor mehr als 2050 Jahren im antiken Rom abgespielt haben muss, kaum in etwas nachsteht. Clooney führte nicht nur Regie, er hat den Film auch mitproduziert, das Drehbuch mitgeschrieben – und er ist der wichtigste Nebendarsteller.
 
Im Mittelpunkt des Films stehen der charismatische und liberale Gouverneur Mike Morris (Clooney) und sein noch charismatischerer Pressesprecher Stephen Meyers (Gosling). Der junge Meyers ist voller politischer Ideale und will Morris – wie er sagt aus tiefster Überzeugung – dabei helfen, Präsidentschaftskandidat der Demokraten zu werden.
 
Doch dazu muss Morris erstmal die Vorwahl in Ohio gewinnen. Der Film spielt im März, in den letzten, entscheidenden Tagen vor dieser Wahl und zeigt, wie der überaus talentierte Anfänger in den Wirbelsturm eines Skandals gerät, der ihn zu überrollen droht. Plötzlich muss Stephen Meyers sich selbst fragen, wie loyal, wie ehrlich und wie fair derjenige überhaupt sein kann, der im Politikgeschäft Erfolg haben will – und welche Prioritäten er selbst setzen möchte. „Auch du, Brutus?“ – „Auch du, Stephen?“.
 
Mit „The Ides of March“ beleuchtet ein Film einmal mehr die dunkle Seite des Politikgeschäfts. Denn das scheint einen Leitsatz zu befolgen, der in etwa so lautet: Du darfst alles tun in der Politik. Du darfst betrügen und lügen – so lange du nicht mit der Praktikantin ins Bett gehst. Parallelen zum Film „Bill McKay – Der Kandidat“ von 1972 mit Robert Redford in der Hauptrolle sind nicht zu verleugnen. Clooneys Film, der in diesem Jahr das Filmfestival Venedig eröffnete, ist also sicher das, was man ein klassisches Politdrama nennen könnte – aber er ist genau so sicher alles andere als herkömmlich.
 
Das liegt vor allem an der hervorragenden Besetzung: Clooney selbst überzeugt als politische Lichtgestalt mit perfekter Fassade, Philip Seymour Hoffman („Capote“) als alternder Stratege, Evan Rachel Wood („True Blood“) als sexy Praktikantin mit einem einigermaßen erschütternden Geheimnis, Paul Giamatti („The Illusionist“) als erbitterter Gegner des Morris-Teams und Marisa Tomei („The Wrestler“) als üblicherweise ziemlich gut informierte Journalistin.

Dass es Hauptdarsteller Gosling („Wie ein einziger Tag“) gelingt, dieses hochkarätige Team – und selbst den großen George Clooney – fast an die Wand zu spielen, das will schon was heißen. Er reißt den Film an sich, ist unglaublich präsent und zeigt, warum sein Regisseur und Kollege ihn möglicherweise zu Recht «einen der Besten seiner Generation» nennt.

Auch dank Gosling ist der Film, zu dessen ausführenden Produzenten Hollywood-Star Leonardo DiCaprio gehört, ein herausragendes Beispiel seines Genres. „The Ides of March“ ist ein spannender, packender und tatsächlich erschütternder Politkrimi geworden, der – ohne den moralischen Zeigefinger allzu sehr zu heben – die Frage nach eben dieser Moral und ihrem Platz in der Politik stellt.

Und George Clooney? Er begibt sich mit seinem vierten Film als Regisseur immer weiter auf die Spuren Robert Redfords, der mit Filmen wie „Von Löwen und Lämmern“ oder „Die Lincoln Verschwörung“ gezeigt hat, dass er mehr ist als ein guter und gut aussehender Schauspieler. Und sollte Clooney sich tatsächlich einmal dafür entscheiden, nur noch hinter der Kamera zu arbeiten, dann steht mit Gosling schon ein würdiger Nachfolger bereit.Kinostarts der Woche
[Britta Schultejans]

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2 Kommentare im Forum
  1. AW: Kinokritik: "Ides of March": Packendes Politdrama von Clooney Den Titel hätte man für die deutsche Version 1:1 übersetzen können ("Die Iden des Mars"). Nein, für die deutsche Release musste man wieder was plattes neues erfinden ("Tage des Verrats"), dabei ist der Titel eine historische Anspielung.
  2. AW: Kinokritik: "Ides of March": Packendes Politdrama von Clooney Mars? Der Film heißt doch "Ides of March", also März
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