Kinokritik: „Extrem laut und unglaublich nah“ – Extrem gut

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Bild: © Romolo Tavani - Fotolia.com
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In der gelungenen Verfilmung von Jonathan Safran Foers „Extrem laut und unglaublich nah“ nimmt der elfjährige Oskar den Zuschauer mit auf eine emotionale Reise durch das New York nach dem 11. September. Die ergreifende Suche nach Oskars Vater wurde mit zwei Oscar-Nominierungen belohnt.

Oskar hat Angst. Vor lauten Geräuschen, Brücken, Aufzügen und U-Bahnen. Sogar die Schaukeln auf dem Spielplatz sind ihm unheimlich. Doch der Elfjährige lebt in New York und muss sich all diesen Dingen täglich stellen. Zusammen mit seinem Vater gelingt ihm das auch einigermaßen. Die beiden hinterfragen die Dinge und sobald Oskar eine Antwort gefunden hat, verfliegt seine Angst ein wenig. Doch mit Anschlägen vom 11. September 2001 und dem Zusammenbruch des World Trade Centers bricht auch Oskars Welt zusammen. Er findet keine Antwort auf die Frage: „Warum musste mein Vater sterben?“
 
„Extrem laut und unglaublich nah“ ist die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Jonathan Safran Foer. Der Washingtoner Schriftsteller schaffte es 2002 mit seinem Erstlingswerk „Alles ist erleuchtet“ auf die Bestsellerlisten und später mit einer Verfilmung in die Kinos. Auch sein zweites Werk dient nun als Vorlage für einen Hollywoodfilm, mit Tom Hanks und Sandra Bullock.
 
„Ich fand es überwältigend, dass Jonathan Safran Foer die Geschichte nicht nur aus der Sicht eines Jungen erzählt, dessen Vater gestorben ist. Es ist die Geschichte eines Jungen, der seine ganz eigene Sicht auf die Dinge hat“, erklärt Regisseur Stephen Daldry („Billy Elliot“, „Der Vorleser“) über seine Beweggründe, den Roman zu verfilmen.
 
Die Hauptrolle spielt der junge Thomas Horn, der als Oskar Schell ein beeindruckendes Spielfilmdebüt gibt und die Geschichte mit scheinbar spielerischer Leichtigkeit erzählt. Bühnenerfahrungen sammelte der Kalifornier zuvor nur bei einer Schulaufführung als Grashüpfer und als Teilnehmer der Kinderausgabe der TV-Show „Jeopardy“. Regisseur Daldry entschied sich für ihn aufgrund seiner Ähnlichkeit zur Filmfigur: „Thomas ist intelligent und witzig. Darüber hinaus ist er engagiert und zuverlässig wie nur wenige in seinem Alter.“

Genau diese Eigenschaften sind es auch, die Thomas Horn als Oskar Schell dem Zuschauer vermittelt. Der Junge ist besessen davon, das Schloss zu einem Schlüssel ausfindig zu machen, den er zufällig im Kleiderschrank seine Vaters gefunden hat. Er ist besessen davon, weil er Antworten braucht. Und er ist besessen davon, weil er glaubt, damit seinem Vater ein Stück näher kommen zu können.
 
Bei diesem aber scheinbar vergeblichen Vorhaben erkennt Oskar schließlich, dass er nicht der einzige ist, der Fragen hat und keine Antworten findet. Immer weiter entfernt sich Oskar während der Suche nach dem passenden Schloss von seiner Mutter (Bullock), er schwänzt die Schule und denkt sich Lügengeschichten aus. Der Junge verliert immer mehr den Bezug zur Realität, wäre da nicht dieser fremde alte Mann, der bei Oskars Großmutter eingezogen ist und dem er sich anvertraut.
 
Dank ihm überwindet Oskar seine Angst vor U-Bahnen und Brücken.Schauspieler Max von Sydow spielt diesen Mann, der kein Wort spricht, sondern meist mit den Worten „Ja“ oder „Nein“ antwortet, die auf seinen Handflächen notiert sind. Für diese schauspielerische Leistung könnte von Sydow am 26. Februar den Oscar als „Bester Nebendarsteller“ gewinnen. „Extrem laut und unglaublich nah“ ist obendrein in der Königskategorie „Bester Film“ nominiert.

Doch seit dem Kinostart in den USA wird der Film kontrovers diskutiert. Während die einen bereits vom Oscar-Gewinner sprechen, kritisieren andere, dass das Ereignis des 11. Septembers als Ausgangspunkt für einen Kinofilm herhalten musste. Eine Entscheidung, die der Schriftsteller Safran Foer aber ganz bewusst getroffen haben soll.
 
Er soll beim Schreiben des Romans „Extrem laut und unglaublich nah“ seine ganz eigenen Erinnerungen an den Tag und die Zeit danach verarbeitet haben.Nicht er, aber Tausende Kinder verloren durch das Attentat einen oder beide Elternteile. Viele von ihnen kämpfen seit diesem ungeheuerlichen Ereignis mit dem Gefühl der Hilflosigkeit – vielleicht für immer. Dank Oskar Schell haben sie jetzt einen Namen.Kinokritiken im Überblick
[Katharina Sønnichsen]

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1 Kommentare im Forum
  1. AW: Kinokritik: "Extrem laut und unglaublich nah" - Extrem gut Wirklich nett, wie Hollywood mit 9/11 nochmal richtig Kasse macht. Ach und dann fordern die bestimmt wieder passend dazu nochmal ein paar Überwachungsgesetze über ihre Lobbyisten ein. Natürlich nur zur Sicherheit und im Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Man sollte große Angst habe vor... ja wem eigentlich?
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