Kinokritik: „Der ganz normale Wahnsinn“ Marke Hollywood

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Bild: © Romolo Tavani - Fotolia.com
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Dass Sarah Jessica Parker auf High Heels durch New York eilen kann, hat sie als Carrie in der TV-Serie „Sex and the City“ längst bewiesen. Nun sprintet sie in dem Kinofilm“Der ganz normale Wahnsinn – Working Mum“ als berufstätige Mutter durch Boston.

Carrie Bradshaw hat Kinder bekommen, könnte man meinen.Denn Sarah Jessica Parker alias Carrie bewegt sich nicht mehr als On-and-Off-Single zwischen Boutiquen, Bars und Betten, sondern in „Der ganz normale Wahnsinn – Working Mum“ als Kate Reddy zwischen Kindergeburtstag, Schneeballschlacht und einem hochdotierten Job als Finanzmanagerin. Und ähnlich wie als Großstadt-Lady geht sie auch als berufstätige Mutter keiner charmanten Peinlichkeit aus dem Weg, sie lächelt sie einfach weg. Dabei sieht sie stets hinreißend und perfekt gestylt aus. Dass da die Bluse in der Eile des Alltags mal aus dem Rock gerutscht oder das Haar nach einer Kratzattacke zerzaust ist, fällt nicht ins Gewicht – im Gegenteil.

Hätte es die Romanvorlage „Working Mum“ von Allison Pearson nicht schon gegeben, man könnte meinen, Drehbuchautorin Aline Brosh McKenna („Der Teufel trägt Prada“) hätte die Geschichte eigens für Sarah Jessica Parker oder Carrie geschrieben. Denn Carrie scheint einfach von ihrem stylischen New Yorker Appartement ins Einfamilienhaus im beschaulichen Boston gezogen zu sein – ihre komplette Garderobe natürlich im Gepäck.Selbst filmische Einfälle kommen direkt aus Fernsehserie.

Kate Reddy teilt das Schicksal vieler Frauen: Sie hat zwei kleine Kinder, einen liebevollen Ehemann und einen anspruchsvollen, kräftezehrenden Job in einer Bostoner Fondsgesellschaft – zwei Pole, zwischen denen sie sich zerreißt. Spät in der Nacht versucht sie den gekauften Kuchen für das Schulbuffet noch so aufzumotzen, dass er wie selbstgebacken aussieht, danach drapiert sie sich lasziv für ihren Mann Richard (Greg Kinnear) auf dem Bett. Bis der allerdings aus dem Bad kommt, ist sie längst in ihrem schwarzen Hauch von Nichts eingeschlafen. Der ganz normale Wahnsinn also.

Als ihr dann noch ein großes Projekt angeboten wird, für das sie ständig nach New York und sonstwo fliegen muss, scheint das fragile Gleichgewicht im Leben Kates und im hübschen Bostoner Häuschen endgültig aus den Fugen zu geraten. Und das ist noch nicht alles, denn da ist auch noch ihr charmanter Business-Partner Jack (Pierce Brosnan), dem sie als Einstieg zur gemeinsamen Arbeit zunächst versehentlich eine anzügliche SMS schickt und sich dann vor der ersten Video-Konferenz dekorativ von hinten zeigt, während sie Bluse, Businessrock und Strumpfhose zurechtzuppelt.

Das alles ist völlig überdreht und selbstverständlich in den schönsten Farben inszeniert. Selbst in nachdenklichen Momenten, etwa wenn sie kurz betrübt ist, dass der Babysitter ihrem kleinen Sohn die erste Frisur seines Lebens verpasst hat, wirkt das albern.

Kates Mann ist fast unerträglich verständnisvoll gegenüber seiner Frau und deren Karriereambitionen, kümmert sich neben seinem ruhigen Job als Architekt hingebungsvoll um Kinder und Haushalt und verzeiht Kate auch noch, als sie das langgeplante Thanksgiving-Familien- Wochenende im verschneiten Ferienhaus torpediert, indem sie Hals über Kopf wegen eines wichtigen Termins abreist. Zwar wittert er die Bedrohung in Form des smarten Jack, doch wirklich erschüttern kann ihn das nicht.

Und dann sind da noch die dramaturgischen Einfälle, die Regisseur Douglas McGrath geradezu aus „Sex and the City“ entliehen zu haben scheint. Kate oder ihre Widersacherinnen, die perfekten Hausfrauen und Mütter, kommentieren Kates Handeln als direkte Ansprache an die Zuschauer – oder besser Zuschauerinnen. Hinter Kate verharrt schon mal die Szene, damit sie ihre Gedanken artikulieren oder das Geschehen aus dem Off kommentieren kann. Statt wie Carrie Kolumnen über Sex, die Liebe und das Leben in der Stadt in ihren Computer zu tippen, schreibt Kate To-Do-Listen, die auf der ganzen Leinwand erscheinen. Alles bekannt aus „Sex and the City“.

Gut, gesellschaftskritischen oder gar emanzipatorischen Anspruch soll die Hollywood-Komödie gar nicht haben, sondern vor allem unterhalten – und vielleicht ja auch der einen oder anderen «Working Mum» vermitteln, wie sexy und hinreißend Frauen zwischen Kind und Karriere sein können. Genauso, wie Carrie hinreißend, sexy und komisch als New Yorker Kolumnistin mit stetigem Gefühlschaos ist. Wir freuen uns also auf Carrie als Großmutter, dann im Rentnerparadies Florida.
 
Das Interview mit Sarah Jessica Parker zum Kinofilm können Sie hier lesen.Kinokritiken der Woche – Archiv
[Britta Schmeis]

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