Grusel nach Zahlen: Der Psychohorror „Shut In“ bleibt in den Genre-Konventionen stecken und sorgt kaum für Schrecken. Auch die guten schauspielerischen Leistungen von Naomi Watts und Jacob Trembley retten den Film nicht.
Vor seinem Goldfischglas habe er sich schon mehr gegruselt, schrieb ein New Yorker Kritiker unlängst zum US-Start von „Shut In“. Das dürfte übertrieben sein – der eine und andere Moment der Aufregung fällt schon ab bei dem Psychohorror-Film, der in der Tradition eines von der Außenwelt abgeschlossenen Schauplatzes mit der Heimsuchung durch unerklärlichen Geräusche, alptraumartige Szenen und der bangen Frage, ob es vielleicht doch Geister gibt, spielt. Dennoch fällt das Fazit mit „unbefriedigend“ aus bei dem Genre-Kinowerk, das der TV-Regisseur Farren Blackburn nach dem Buch der Newcomerin Christina Hodson geschaffen hat.
Der aufregendste Aspekt bleibt wohl die Frage, wie die Macher es geschafft haben, dafür die wunderbare, wandlungsfähige Naomi Watts zu gewinnen. Die vielfach preisgekrönte 48-jährige Britin („Mulholland Drive“) beeindruckt denn auch durch ihre Ernsthaftigkeit, mit der sie selbst diese Hauptrolle intensiv auszugestalten vermag. Das rettet die grob gestrickte, vorhersehbare Story mit oberflächlich angelegten Figuren und Dialogzeilen wie „Leg die Axt beiseite, wir können darüber sprechen“ aber eben auch nicht. Und Watts muss sich auch noch gefallen lassen, in einer Szene nackt vor einer Toilette zu hocken und sich ordentlich zu übergeben.
Als Kinderpsychologin Mary lebt sie mit ihrem Mann und Stiefsohn Stephen (Charlie Heaton) in der Waldeseinsamkeit eines hübschen Holzhauses an der amerikanischen Ostküste. Als jedoch die Männer mit dem Auto verunglücken, wird Mary Witwe und pflegt fortan aufopfernd den gelähmten und komatösen 18-Jährigen. Eines Tages zieht ihr kleiner Patient Tom (Jacob Tremblay) bei ihnen ein – um kurz darauf bei einem Schneesturm im Wald zu verschwinden. Nach aufwendiger Suche erklärt die Polizei den Jungen für tot. Und als dann nachts Dinge passieren, die sie schweißgebadet aufwachen lassen, verliert die Heldin seelisch mehr und mehr den Boden unter ihren Füßen. Bei Skype-Gesprächen mit ihrem Arzt Dr. Wilson (Oliver Platt) erklärt der ihr solange, dass allein ihre gestressten Nerven ihr übel mitspielten, bis es für jede Hilfe zu spät sein dürfte.
90 Minuten dauert das Geschehen – und die fühlen sich lang an. Vor allem braucht es ewig, bis das Grauen sich erstmals Bahn bricht. Und zum Schluss verfällt das Gruselwerk gar in ein plastikbuntes Happy-End. Kleiner Trost dabei ist das liebenswerte Spiel des zehnjährigen Kanadiers Tremblay. Der hat bereits 2015 in Lenny Abrahamsons Leinwanddrama „Raum“ auf sich aufmerksam gemacht. Kinokritiken im Überblick
[Ulrike Cordes/buhl]
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