Ein Bruder, der in einer vollkommen anderen Welt zu leben scheint, und eine völlig frustrierte Mutter – das ist die Welt von „Jeff, der noch zu Hause lebt“. Des Öfteren mit einem Joint bewaffnet, begibt sich Hauptdarsteller Jason Segal im neuen Werk Duo Mark und Jay Duplass auf eine turbulente Suche nach dem Sinn des Lebens.
Jeff ist fast 30 Jahre alt, hat weder Job noch Freundin und lebt im Haus seiner Mutter. Am liebsten hängt er träge vor dem Fernseher. Was an Energie noch übrig ist, steckt er in die Suche nach dem Sinn des Lebens. „Jeff, der noch zu Hause lebt“ von dem Independent-Duo Mark und Jay Duplass sticht als kleine Kostbarkeit aus der Flut von Hollywood-Komödien über Junggesellen und Männer, die nicht erwachsen werden wollen, heraus. In der Hauptrolle: US-Komiker Jason Segel, der mit der Fernsehserie „How I Met Your Mother“ bekannt wurde.
Der Film spielt an einem einzigen Tag im Leben des ziellosen Jeff, seines überheblichen Bruders Pat und ihrer gefrusteten Mutter Sharon. Jason Segel glänzt in dem Part des nervigen, aber liebenswerten Slackers, der seine Familie zur Verzweiflung bringt. Es ist irgendwie rührend, wenn Jeff am Joint zieht oder auf dem Klo sitzt und über seine Bestimmung sinniert. Mit Inbrunst hält er nach Zeichen Ausschau, die ihm die Richtung weisen könnten. Ed Helms, der in den „Hangover“-Komödien über die Stränge schlägt, spielt den älteren Bruder, der sich für ungeheuer cool hält, obwohl sein eigenes Leben den Bach runter geht. Mit Oscar-Preisträgerin Susan Sarandon ist die Mutter-Rolle perfekt besetzt. Von Job und Söhnen gefrustet, steht sie kurz vor dem Nervenzusammenbruch.
Die Independent-Regisseure Mark und Jay Duplass, die auch das Drehbuch lieferten, sorgen mit Klamauk-Momenten für viele Lacher. Dabei machen sie sich aber nie über ihre Charaktere lustig. Statt Schadenfreude empfindet man Mitgefühl, wenn Pat seinen neuen Sportwagen gegen einen Baum fährt, wenn Jeff von einem Drogendealer beklaut wird und Sharon mit dem falschen Mann flirtet.
Jeffs Lieblingsfilm ist der Mystery-Thriller „Signs – Zeichen“, in dem Mel Gibson als Farmer seltsame Kreise und Zeichen in seinem Maisfeld entdeckt. Auch Jeff sieht sich als Spurensucher. Als eines Morgens ein Anrufer, der sich offensichtlich verwählt hat, nach Kevin fragt, deutet Jeff dies als Fügung, der er nachgehen muss. Es wird ein chaotischer Tag – mit einem Unfall, einer Verfolgungsjagd, einem Ehedrama, Schlägereien, skurrilen Begegnungen und einer heldenhaften Tat.
Nichts passiert ohne Grund, philosophiert Jeff. Während er sich bekifft in kuriosen Deutungen verliert, fällt die reale Welt seines Bruders völlig auseinander. Ehefrau Linda, gespielt von Judy Greer („The Descendants – Familie und andere Angelegenheiten“) will den überheblichen Pat verlassen. Die gegensätzlichen Welten der Brüder prallen aufeinander. Als am Ende des Tages Mutter Sharon überraschend ihren Weg kreuzt, kommt es zu einem ganz unerwarteten und wenig hollywoodhaften Happy End.
Schon in der Independent-Romanze „Cyrus“ war es den Duplass-Brüdern gelungen, hintersinnig und vergnüglich Charaktere mit Ecken und Kanten zu zeichnen. In der Lovestory mit John C. Reilly, Marisa Tomei und Jonah Hill ging es um die Glücksuche von Spätverliebten mit einem ironischen Blick auf traditionelle Familienwerte. Mit „Jeff“ machen die Regisseure nun einen Müßiggänger zum Filmhelden, der den hektischen Alltag mit völlig anderen Augen sieht. Es ist allemal unterhaltsam, 83 Minuten lang in Jeffs absurde Welt abzutauchen. Darüber hinaus steckt so viel Herz und Mitgefühl in den Figuren, dass „Jeff, der noch zu Hause lebt“ auch durch berührenden Tiefgang überrascht.Kinokritiken im Überblick
[Barbara Munker/fm]
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