In seinem neusten Film spielt Tom Cruise den erbarmungslosen Unruhestifter. Mit zahlreichen Schießereien und Verfolgungsjagden ist „Jack Reacher“ ein solider Actionfilm.
Es beginnt mit dem Blick durch das Zielfernrohr eines Maschinengewehrs. Ein Scharfschütze sucht auf den Stufen eines Bürogebäudes nach Opfern. Kurz darauf sterben fünf Menschen – willkürlich ausgesucht, wie es zunächst scheint. Der Täter im gegenüberliegenden Parkhaus kann entkommen, die Polizei jedoch hat schnell einen Verdächtigen im Visier: James Barr, ehemaliger Heckenschütze beim Militär. Als dieser festgenommen wird und ein Geständnis ablegen soll, nimmt er Stift und Blatt zur Hand und schreibt darauf lediglich drei Worte: „Get Jack Reacher!“
Was spannungsgeladen und blutig beginnt, büßt auch im weiteren Verlauf nicht an Actionreichtum ein. Denn aus der Romanvorlage „One Shot“ von Thrillerautor Lee Child hat der amerikanische Regisseur Christopher McQuarrie mit „Jack Reacher“ einen Film geschaffen, der zwar weniger durch seine überschaubare Handlung, dafür aber durch Schnelligkeit sowie klare Zeichnung seiner Figuren besticht.
Da wäre zunächst Reacher selbst – dargestellt von Hollywoodstar Tom Cruise – ein ehemaliger Militärpolizist, der nicht nur für sein ermittlerisches, sondern auch unruhestiftendes Talent bekannt ist. Er ist bereits seit einiger Zeit untergetaucht. Während sich die Ermittler noch fragen, wer zum Teufel eigentlich dieser Kerl ist und wie sie an ihn rankommen, ist dieser bereits auf den Weg zum Präsidium. Dort will er sich an der Aufklärung des Falles beteiligen. Denn Reacher ist keiner der gesucht werden will, sondern einer der findet.
Nach „Operation Walküre – Das Stauffenberg Attentat“, zu dem McQuarrie das Drehbuch mitschrieb, übernahm Cruise bei „Jack Reacher“ erneut die männliche Hauptrolle. Und das tut er in altbewährter „Mission: Impossible“-Manier – Cruise porträtiert Reacher als stoischen Einzelgänger mit trockenen Humor. Sein Reacher ist abgebrüht, brutal und schnell, Schlägereien und Verfolgungsjagden gehören bei ihm zur Tagesordnung. So weit, so üblich. Was die Figur darüber hinaus aber ausmacht, sind ihre Spitzfindigkeit und scharfe Beobachtungsgabe.
Auch Reacher ist zwar anfangs von der Schuld des Festgenommenen Barrs überzeugt, mit der Zeit aber beginnt er an dieser These zu zweifeln. Und während das Ermittlerteam Reacher in seinen Beurteilungen wenig traut, wird die Anwältin des Festgenommenen, Helen Rodin, zu seiner engsten Verbündeten.
Als Pflichtverteidigerin Barrs hat sie sich in der Stadt in eine schwierige Lage gebracht. Ein Verbündeter kommt da also wie gerufen. Vor allem ein solch charmanter. Rodin – gespielt von der britischen Schauspielerin Rosamund Pike („An Education“) – ist somit einem ständigen Gewissenskonflikt ausgesetzt. Einerseits wird von ihr Objektivität erwartet, andererseits lässt sie sich von Reacher zu immer mehr Zweifeln verleiten.
Mit viel Tiefe kann der Film dann aber trotzdem nicht punkten. Während ein Schwerpunkt auf schussreiche Action-Szenen gelegt wird, werden die eigentlichen Motive für den Mord nur oberflächlich gestreift. Daneben kommt die Erzählung nicht ohne manch amerikanisch-patriotische Plattitüde aus. Außerdem hat Cruise als Reacher in den zahlreichen Faustkämpfen und Wortgefechten stets die Oberhand, eine – teils arg aufgesetzte – Aura der Unbesiegbarkeit umschwebt die Hauptfigur des Films.Kinokritiken im Überblick
[Daria Hufnagel/hjv]
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