Vor 20 Jahren gelang Roland Emmerich mit „Independence Day“ ein unerwarteter Hit, nun will er es nochmal wissen: In „Indepencence Day 2“ setzt er auf jede Menge Action, schleimige Aliens und eine Riege neuer Schauspieler, zwischen bekannten Gesichtern. Doch reicht das?
20 Jahre Warten hat sich – zumindest optisch – gelohnt. In „Independence Day: Wiederkehr“ legen Roland Emmerich und die Aliens mächtig zu. Das Mutterschiff, mit dem die Außerirdischen die Erde platt machen wollen, hat gigantische Ausmaße. Mit fast 5000 Kilometern Spannbreite legt sich sein dunkler Schatten über den ganzen Atlantik. Der deutsche Hollywood-Regisseur mag es gewaltig, doch größer ist nicht immer besser.
In „Independence Day“ kleckerte er 1996 mit kleineren Raumschiffen und weniger ausgefeilten Spezialeffekten. Es war geradezu Low-Budget, doch die erste Invasion der Aliens übertraf damals sogar den Traumstart von Steven Spielbergs „Jurassic Park“. Emmerich & Co. legten filmisch das Weiße Haus in Washington, die Wolkenkratzer Manhattans und fast das ganze Land in Schutt und Asche. Doch dann holte der gebürtige Schwabe zum patriotischen Gegenschlag aus. Der US-Präsident, ein paar Kampfpiloten und Computertüftler können die Apokalypse stoppen. Mit Gemeinsinn und Opferbereitschaft wird die Vernichtung der Zivilisation noch einmal abgewendet.
In der Fortsetzung „Independence Day: Wiederkehr“ ist die Welt nun für eine noch größere Invasion gerüstet. Politische Utopie: Nationale Grenzen sind abgeschafft, der Mond hat Außenposten, ein riesiges Verteidigungssystem soll die Erde schützen.
Glücklicherweise ist noch ein Teil der alten Heldentruppe an Bord. Der Tüftler David Levinson (Jeff Goldblum) ist zum Leiter der Erdsicherheit aufgestiegen. Bill Pullman, der 1996 als US-Präsident Thomas Whitmore zum Kampf bläst, geht inzwischen am Stock. Von dem „Independence Day“-Star Will Smith, alias Bomberpilot Steven Hiller, müssen die Zuschauer aber Abschied nehmen. Smith wollte in der Fortsetzung nicht mitspielen, Emmerich hatte keine andere Wahl: die beliebte Figur kommt auf einem Testflug ums Leben.
Das schräge Trio Goldblum, Smith und Pullman war das liebenswerte Herzstück des Original-Films. Diese Lücke füllt Emmerich nun mit noch mehr Action, Effekten und zig neuen Charakteren, von denen aber keiner richtig zum Zuge kommt.
Smith lebt in der Figur seines Stiefsohnes, des jungen Piloten Dylan Hiller, weiter. Doch der Nachwuchsschauspieler Jessie Usher (24) kommt nicht richtig in Fahrt. Auch Liam Hemsworth (26) als Kampfpilot Jake Morrison kann mit den Alt-Stars nicht mithalten. Die französische Starschauspielerin Charlotte Gainsbourg wirkt etwas hilflos als Alien-Forscherin, auch Sela Ward hat als amtierende US-Präsidentin Lanford nicht viel zu sagen.
Doch immerhin macht Emmerich eine Frau zur Chefin im Weißen Haus. Im Wahljahr in den USA sei das eine Art „Kampferklärung“, sagte der Regisseur der Deutschen Presse-Agentur. Zuvor habe er auch schon Filme mit schwarzen Präsidenten gemacht. „Jetzt muss mal ’ne Frau her.“ Er unterstütze die Demokratin Hillary Clinton schon seit langem auch mit Spendenveranstaltungen.
Schon im Wahljahr 2004 hatte Emmerich mit seinem Katastrophen-Thriller „The Day after Tomorrow“ politischen Umweltaktivisten Schützenhilfe gegeben. Als Folge von Umweltsünden schmelzen die Polkappen, und New York versinkt in Wassermassen. Gegner des damaligen Kandidaten George W. Bush nutzten den Klimaschocker, um den Republikaner als Industrielobbyisten anzuprangern, der die Gefahren ungebremster Kohlendioxid-Emissionen verharmlost.
Nach 120 Minuten Action mit gigantischen Explosionen, Flutwellen, schleimigen Aliens und apokalyptischer Zerstörung ist von der Welt noch so viel übrig, dass es für „Independence Day 3“ reichen würde. „Wenn der Film erfolgreich ist, gibt es einen dritten Teil“, prophezeite Emmerich im Juni, kurz vor dem US-Kinostart, in Berlin. Das bleibt nun abzuwarten. In den USA konnte die Fortsetzung bei überwiegend schlechten Kritiken mit dem Kassenhit von 1996 nicht mithalten. Vielleicht muss sich Emmerich noch einmal 20 Jahre Zeit lassen.Kinokritiken im Überblick
[Barbara Munker/fs]
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