Headbanging mit Ottili – Komiker Otto Waalkes wird 70

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Bild: © Romolo Tavani - Fotolia.com
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Wenn Blödelkönig Otto runden Geburtstag feiert, dann muss er es auch krachen lassen – mit Gitarre und Gebäck. Der „ostfriesische Götterbote“ will Wacken rocken und hat künftig beim Emder Tee die Wahl des ersten Keks‘.

Am Vornamen Karl-Heinz ist Deutschlands bekanntester Ostfriese knapp vorbeigeschrammt – den bekam sein älterer Bruder. Als Otto Waalkes auf die Welt kam, machten ihm die Eltern eines der besten Geschenke überhaupt: „Otto! Gibt es einen besseren Namen für einen Komiker? Ich behaupte, nein“, ist er sich sicher. „Otto, von hinten wie von vorne lesbar, auf Plakaten von ferne zu entziffern und wunderbar im Chor zu rufen: Otto! Otto!!“, schreibt der Komiker in seiner Ottobiografie. Das Buch rangiert weit oben in den Bestsellerlisten und läutet die außerfriesische Party ein: Otto wird am Sonntag (22. Juli) 70 – Holladihiti!

Mit dem Buch „Kleinhirn an alle“ sei sein größter Wunsch in Erfüllung gegangen, sagt Otto. „Endlich ein Buch, das nur von mir handelt.“ Aber der Friesenjung, der von Emden in die Showwelt zog und zum Alleinunterhalter der Nation wurde, hat auch mit 70 noch mehr vor. Ordentlich krachen lassen möchte er es Anfang August beim Heavy-Metal-Festival in Wacken. Erstmals ist er dabei und will zeigen, dass seine Gitarre mehr kann als nur „Drunt im Tal, da sitzt das kleine Ottili“. Mit dem Hubschrauber sei er mal über den Wacken-Acker geflogen und habe das Headbanging-Meer „aus Zigtausend Hardrockschädeln in Bewegung gesehen“. Die will auch er zum Wogen bringen: „Die Mondscheinsonate werde ich nicht bratschen.“
 
Mit Musik und Komik hatte gleich hinterm Deich alles begonnen. Schon früh fiel das komische Talent des kleinen „Ottje“ auf, aber auch seine Liebe zur Gitarre. Mitte der 60er Jahre hatte er schon erste Auftritte mit der Band The Rustlers – 50 Jahre später feierten Comedystars in einer TV-Show Ottos Bühnenjubiläum. Michael „Bully“ Herbig zeigte ein Foto von sich als Kind in der Badewanne sitzend und das „Wort zum Montag“ nachahmend, Bülent Ceylan bewunderte, wie Otto schon immer das Publikum „von Jung bis Alt“ unterhielt, und Ralf Schmitz sang: „Er soll weiter knödeln, stets weiter blödeln – so jemand wie ihn gibt’s doch nie mehr.“
 
Das ZDF spendierte Otto 2015 jene Show und würdigt ihn erneut: In „Geheimakte Otto Waalkes“ am Sonntag (22 Uhr) ist er als Reporter Harry Hirsch dem Otto-Erfolgsgeheimnis auf der Spur. Hirsch, Susi Sorglos, Oberförster Pudlich, Frau Suhrbier, Robin Hood, der Rächer der Enterbten, schwule Schlümpfe und Ottifanten – allesamt Figuren des Komikers, der eigentlich Musik machen wollte und im Hamburg der 70er Jahre mal in einer WG mit Udo Lindenberg und Marius Müller-Westernhagen lebte. Die Gags und Sprüche des spiddeligen Blonden mit den Spaghetti-Haaren kamen jedoch besser an – der Anfang für eine Blödel-Karriere, die den Humor der Deutschen prägte.
 
„Wo stünde der deutsche Humor ohne Otto Waalkes? Vermutlich immer noch bei Heinz Erhardt und Heinz Rühmann“, schrieb mal der Carlsen Verlag, als er ihm einen Jubiläumsband widmete. Mit Wortspielen und Parodien, Kalauern und Liedern, Situationskomik und zeitkritischen Anspielungen avancierte Otto zum Star. 1973 bekam er eine TV-Show, die lief bis Anfang der 80er etwa einmal im Jahr und war ein Hit. Der zappelige und anarchische Tausendsassa, der herumblödelte und in die verschiedensten Rollen schlüpfte, war ein Phänomen. Auf Schulhöfen wurden Gags nachgespielt, Geräusche und Körpersprache imitiert, mindestens ein Hüpfen und Hoppeln à la Otto war Pflicht. 
 
Der Ostfriese schwamm vor allem in den 70er und 80er Jahren auf der Erfolgswelle, holte sich Goldene Schallplatten und Preise, brach auf der Leinwand mit „Otto – Der Film“ 1985 Besucherrekorde. Auch sein „7 Zwerge – Männer allein im Wald“, immerhin fast 20 Jahre später, wird zu einem der erfolgreichsten deutschen Kinofilme. Als Faultier Sid lispelt er sich in der Animationsreihe „Ice Age“ in die Herzen neuer, junger Fans. Ältere lieben ihn noch immer für Klassiker wie „Der menschliche Körper“ („Großhirn an Milz“), die „Hänsel und Gretel“-Versionen oder sein „Hohes Gericht“ (Hohes Gewicht, liebe Geschwollenen, Angenagter…“).
 
„Otto war der erste Freestyle-Rapper-Comedian“, sagt Rockmusiker Lindenberg, „ein Dr. Sprudelfix und exzellenter Musiker“. Mit dem Alter habe der „Gute-Laune-Aktivist“ kein Problem – „das Alter hat eher ein Problem mit ihm“, sagt der 72-Jährige. „Otto ist ein Mann für heute, morgen und übermorgen.“ Ans Aufhören denkt Otto auch nicht, er sei „geboren um zu blödeln“ und sein Verfallsdatum habe der Otto-Humor noch nicht erreicht. Im Buch definiert er ihn so: „Nonsens ist ja kein reiner Schwachsinn, es ist ein verweigerter Sinn. Der Betrachter wird in ein scheinbar stabiles Sinngebäude gelockt – und dann lassen wir ihn voll gegen die Wand laufen.“
 
Wie sein Kumpel Udo lebt auch Otto in Hamburg, inzwischen zweimal geschieden und seit 1987 Vater eines Sohnes. In der Hansestadt soll im September auch die große Otto-Ausstellung eröffnen, die bis dahin in Frankfurt/Main Werke des Malers und Comiczeichners zeigt. Schon seit 1987 ist in Emden „Dat Otto Huus“ dem populären „ostfriesischen Götterboten“ gewidmet.
 
Zum 70. des berühmten Sohnes beschloss die Stadt, ihn zum Ehrenbürger zu machen. „Das bedeutet: Ich darf unangemeldet zu jedem Emder zum Tee kommen und habe sogar das Recht auf die Wahl des ersten Keks‘!“, sagt Otto, der zu seiner eigenen bevorstehenden Geburtstagsparty nur verrät: „Das wie und mit wem soll eine Überraschung werden – zumindest für mich.“

[Dorit Koch]

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