Heiner Lauterbach zeigt sich von seiner kriminellen Seite: In dem neuen Gangsterstreifen „Harms“ mimt der Schauspieler einen Ex-Knacki, der gemeinsam mit seinen Freunden die Bundesbank ausrauben will. Dabei hat Lauterbach mit „Harms“ einen brutalen und blutigen Gangsterfilm abgeliefert.
Heiner Lauterbach ist einer der bekanntesten Schauspieler in Deutschland, hat in rund 50 Filmen mitgespielt. Und doch hat sein neuer Film seinen „Pioniergeist“ wieder geweckt. Das liegt an zweierlei Dingen: Erstens ist „Harms“ ein brutaler und blutiger Gangsterfilm wie er selten gedreht wird in Deutschland und zweitens hat Lauterbach als Produzent des Films komplett auf Geld aus der Filmförderung verzichtet.
„Es ist ja kein Geheimnis, dass Filme in Deutschland nur gefördert werden, wenn sie eine gewisse Kunstform bedienen oder wenn es sich um eine neue, erfolgsversprechende Feel-Good-Komödie handelt“, sagt Lauterbach im Interview der Nachrichtenagentur dpa in München. „Das Gangster-Genre tut sich da schwer.“
Und so versuchten Lauterbach und Regisseur Nicki Müllerschön gar nicht erst, Gelder für ihr Projekt aufzutreiben, sondern bauten auf die Einsatz- und Risikobereitschaft ihrer Mitstreiter, die zuerst einmal – unabhängig von ihrer Aufgabe, ob Fahrer, Regisseur oder Schauspieler – 1000 Euro pro Woche bekamen. Mehr gibt es nur, wenn der Film Geld einbringt.
Lauterbach spielt die Titelrolle mit dem vielsagenden Namen Harms. Harms ist ein verhärmter, wortkarger, fast alter Mann, der nach 16 Jahren aus dem Gefängnis kommt und nicht viel mehr mit sich anzufangen weiß, als am heruntergekommenen Imbiss eine Zigaretten nach der anderen zu rauchen.
Zwar sind seine Freunde von früher (Axel Prahl, Martin Brambach) die alten geblieben und die Prostituierte Jasmin (Valentina Sauca) nimmt für ihre Dienste von ihm kein Geld. Lebensfreude aber will sich nicht einschleichen in das zerschlagene Leben des Ex-Knackis.
Da verheißt das Angebot des Ex-Bundesbank-Vorstandes Knauer (Friedrich von Thun) ein nicht mehr für möglich gehaltenes Glück: Er hat mit Hilfe eines Maulwurfs in der Bank den Plan ausgetüftelt und will nicht weniger als 70 bis 100 Millionen Euro stehlen – oder eher von Harms und seinen Freunden stehlen lassen. Für die Männer ist es die Chance ihres Lebens, das ganz große Ding, ein Sechser im Lotto. Und so nimmt das Schicksal seinen Lauf.
„Harms“ ist ein für das deutsche Kino durchaus ungewöhnlicher Film zwischen dunkler Melancholie und schmerzhafter, brutaler Blutrünstigkeit geworden – mit berührenden Szenen, allerdings mit einigen Längen und Schwächen in den spärlichen Dialogen.
Allerdings hatten Regisseur und Mit-Produzent Müllerschön und Lauterbach auch kaum Anschauungsmaterial. „Wir wollten uns in Fotobuchläden Bücher über deutsche Gangster kaufen, um den Look des Films zu bestimmen – aber die gab es nicht“, sagt Lauterbach, ein großer Fan der Filme von Jean-Pierre Melville oder Martin Scorsese. „Die hatten Bücher über französische Gangster, amerikanische, italienische, puertorikanische – nur keine deutschen. Schon komisch. Schließlich werden hier genau so viele Banken überfallen wie in anderen Ländern.“
Eine wirkliche Gangsterfilm-Kultur gebe es in Deutschland nicht. „So entstand bei uns das Gefühlt, dass in Deutschland diese Subkultur, dieser Unterbauch der Gesellschaft, negiert und ignoriert wird.“ Das Genre Gansterfilm sei als Spiegel einer gesellschaftlichen Moral etwas in Vergessenheit geraten. „Vielleicht erzählen wir hierzulande, wie im ‚Tatort‘, die Geschichten nunmal lieber aus Sicht der Polizei“, sagt Lauterbach.Kinokritiken im Überblick
[Britta Schultejans/das]
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