Die Verleihung der Golden Globe Awards dürfte spannend werden. Ein kleiner französischer Stummfilm könnte große Hollywood-Stars verstummen lassen: „The Artist“ führt die Nominierungen an.
Von dem französischen Regisseur Michel Hazanavicius hatte in Hollywood noch kaum jemand gehört. Mit dem Verlesen der Golden-Globe-Nominierungen am Donnerstag hat sich das schlagartig geändert. Sein Schwarz-Weiß-Film „The Artist“ – eine Hommage an die Stummfilm-Ära Hollywoods – ist mit sechs Gewinnchancen der Spitzenreiter im Wettstreit um die „Goldene Weltkugel“. Der Überraschungs-Hit aus Frankreich, der ganz ohne Stimmen auskommt, wurde unter anderem in den Sparten „Komödie/Musical“, Regie, Drehbuch und für die Darsteller Jean Dujardin und Berenice Bejo nominiert.
Europa liegt den Globe-Juroren diesmal offenbar am Herzen. Woody Allens Paris-Hommage „Midnight in Paris“ und die in London gedrehte Love-Story „My Week with Marilyn“ konkurrieren neben „The Artist“ um die Trophäe für die beste Komödie. Mit dabei ist auch die derbe Comedy „Brautalarm“ und die Tragikomödie „50/50“ über Krebs und Freundschaft.
Das Paris der 1930er Jahre ist die Kulisse für Martin Scorseses 3D-Film „Hugo Cabret“, der es in die Sparte „Bestes Drama“ schaffte. Er trifft dort auf Steven Spielbergs Kriegsepos „Gefährten“ (War Horse) sowie das Rassendrama „The Help“, das in den 1960er Jahren in den US-Südstaaten spielt.
In der Drama-Kategorie mischen auch große Hollywood-Stars mit: George Clooney mit seinem packenden Politdrama „The Ides of March – Tage des Verrats“, für das er auch eine Nominierung als Regisseur und Drehbuchautor erhielt. Clooney ist zudem mit dem schwarzhumorigen Familiendrama „The Descendants – Familie und andere Angelegenheiten“ vertreten, in dem er einen gestressten Vater auf Hawaii spielt. Mit Brad Pitt in dem Baseball-Film „Die Kunst zu gewinnen – Moneyball“ hält ein weiterer Hollywood-Schönling in der Drama-Sparte Einzug.
Die einzige deutsche Hoffnung bei der nächsten Globe-Verleihung liegt auf dem Schauspieler Michael Fassbender. Der gebürtige Heidelberger mit deutschem Vater und einer irischen Mutter könnte mit seiner Rolle als Sexsüchtiger in „Shame“ den Preis als bester Darsteller (Kategorie Drama) gewinnen. Es ist seine erste Golden-Globe- Nominierung.
Allerdings trifft der 34-Jährige auf starke Konkurrenz: Mit ihm ziehen Brad Pitt („Die Kunst zu gewinnen – Moneyball“), George Clooney („The Descendants – Familie und andere Angelegenheiten“), Leonardo DiCaprio („J. Edgar“) und Ryan Gosling („The Ides of March – Tage des Verrats“) ins Rennen.
Meryl Streep könnte ihren unzähligen Trophäen eine weitere hinzufügen. Mit ihrer Rolle als Margaret Thatcher in „Die eiserne Lady“ holte sich der Hollywood-Star seine 26. Globe-Nominierung. Sieben Mal hat sie bereits gewonnen, zuletzt 2010 für die Komödie „Julie & Julia“. Streep tritt gegen Glenn Close („Albert Nobbs“), Viola Davis („The Help“), Tilda Swinton („We Need to Talk About Kevin“) und Rooney Mara („Verblendung – The Girl with the Dragon Tattoo“) an.
Regie-Altmeister Roman Polanski, der für seine bissige Komödie „Der Gott des Gemetzels“ viel Kritikerlob bekommen hatte, ist selbst nicht nominiert. Dafür aber seine Hauptdarstellerinnen aus der Theaterstückverfilmung: Jodie Foster und Kate Winslet. Sie wetteifern neben Michelle Williams („My Week with Marilyn“), Charlize Theron („Young Adult“) und Kristen Wiig („Brautalarm“) um die Trophäe als beste Comedy-Darstellerin.
Im vorigen Jahr hatte die Nominierung von Florian Henckel von Donnersmarcks Film „The Tourist“ Schlagzeilen gemacht. Trotz vieler Verrisse war der romantische Thriller des deutschen Oscar-Preisträgers gleich dreimal ins Rennen gegangen. Johnny Depp und Angelina Jolie konnten auf die goldenen Weltkugel als beste Komödien-Darsteller hoffen, sie gingen am Ende aber leer aus.
Diesmal hat Jolie erneut einen guten Grund, ihren Lebensgefährten Brad Pitt zu der Globe-Gala zu begleiten. Jolies Regiedebüt – das bosnische Kriegsdrama „In the Land of Blood and Honey“ – tritt in der Kategorie Ausländischer/nicht-englischsprachiger Film gegen Konkurrenten aus China, Belgien, dem Iran und Spanien an.
Die Trophäen werden von dem kleinen Verband der Auslandspresse (Hollywood Foreign Press Association/HFPA) vergeben, dem nur rund 90 internationale Journalisten angehören. Dennoch gelten die Golden Globes als Oscar-Vorbote. Die meist lockere Gala-Show, die zum dritten Mal von dem bissigen Komiker Ricky Gervais moderiert wird, geht am 15. Januar im Beverly Hilton Hotel in Beverly Hills über die Bühne. [Barbara Munker]
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