Hollywood steht in der Nacht zum Montag die „Party des Jahres“ bevor. Diesen Ruf genießt die Golden-Globe-Gala in Beverly Hills. Ein kleiner Stummfilm könnte dabei großen Stars die Sprache verschlagen.
Ob Reden Silber und Schweigen Gold ist, wird sich ab 2.00 Uhr deutscher Zeit in Los Angeles zeigen. Der Privatsender ProSieben ist live dabei. „The Artist“, eine Hommage an die Stummfilm-Ära, ist mit sechs Gewinnchancen der Spitzenreiter im Wettstreit um die „Goldene Weltkugel“. Der Überraschungs-Hit aus Frankreich, der fast ganz ohne Worte auskommt, ist unter anderem in den Sparten „Komödie/Musical“, Regie, Drehbuch und mit den Darstellern Jean Dujardin und Berenice Bejo nominiert.
Ricky Gervais dagegen wird bestimmt laut tönen. Der für seinen bissigen Humor bekannte britische Komiker steht zum dritten Mal als Globe-Gastgeber auf der Bühne. Und schon vorab warnte der 50-Jährige die Stars, dass er kein Blatt vor den Mund nehmen werde. „Dies sind die reichsten und privilegiertesten Leute der Welt“, flachste Gervais diese Woche über seine glamourösen „Opfer“. In früheren Shows hatte er Stars wie Bruce Willis und Charlie Sheen scharfzüngig verulkt. Auch der Deutsche Florian Henckel von Donnersmarck bekam im vorigen Jahr für seinen Flop-Film „The Tourist“ reichlich Spott ab.
Mit seiner Drohung frecher Sprüche dürfte Gervais mehr Zuschauer vor den Bildschirm locken. Prominente Opfer gibt es genug. Auf dem roten Teppich in Beverly Hills wird ein Ansturm von Stars erwartet. Angelina Jolie, Nicole Kidman, Natalie Portman, Meryl Streep, George Clooney, Robert Downey Jr., Ashton Kutcher, Ryan Gosling, Brad Pitt – sie alle sind nominiert oder eingeladen, Preise zu überreichen.
Der Aufstieg der Golden Globes zum zweitwichtigsten Filmpreis der USA ist erstaunlich, wenn man hinter die Kulissen schaut. Entscheiden beim Oscar rund 6000 Mitglieder der Filmakademie über die Topleistungen, so liegt die Trophäe in Form einer goldenen Weltkugel in der Hand von lediglich knapp 90 Auslands-Journalisten des Verbands Hollywood Foreign Press (HFPA). Viele sind Freiberufler und schreiben für Blätter in weiter Ferne.
Früher wurde der Vorwurf laut, die Globe-Trophäen seien mit großzügigen Geschenken an die Juroren „käuflich“. Das war 1981 so, als Pia Zadora für ihre Rolle in „Butterfly“ als „Entdeckung des Jahres“ ausgezeichnet wurde. Zadoras Gatte, der den Kino-Flop produziert hatte, hatte Mitglieder der Auslandspresse zuvor nach Las Vegas eingeladen und dort hofiert. Teure Geschenke und Einladungen sind aber schon seit langem tabu.
Der Ruf der Golden Globes als zuverlässiger Oscar-Vorbote ist ebenfalls angeschlagen. Diese Rechnung geht seit Jahren nicht mehr auf. Im vorigen Jahr gewann der Facebook-Film „The Social Network“ den Globe als bestes Drama, während das englische Königsdrama „The King’s Speech“ den Spitzen-Oscar holte. Im Jahr zuvor wählten die Globe-Verleiher James Cameron zum besten Regisseur und sein „Avatar – Aufbruch nach Pandora“ zum besten Film. Bei den Oscars siegte aber Kathryn Bigelow mit ihrem Irak-Kriegsfilm „The Hurt Locker“ in beiden Kategorien.
Die Zeremonie, die traditionell Mitte Januar über die Bühne geht, genießt den Ruf, die fröhlichste Preisgala Hollywoods zu sein. Schon während der Live-Show – und nicht erst bei den Partys danach – fließt reichlich Champagner. Über 9000 Gläser prickelnden Champagners werden serviert, geben die Verleiher stolz auf ihrer Webseite an. Es ist der lockere Testlauf für den würdevollen Oscar, der Ende Februar kommt.
Neben „The Artist“ gehen das Rassendrama „The Help“ und die Tragikomödie „The Descendants – Familie und andere Angelegenheiten“ mit George Clooney als gestresstem Vater mit je fünf Nominierungen ins Rennen um die Golden Globes. Clooneys packendes Politdrama „The Ides of March – Tage des Verrats“ hat Aussicht auf vier Trophäen, ebenso Woody Allens Komödie „Midnight in Paris“ sowie Brad Pitts „Moneyball“.
Meryl Streep könnte ihren vielen Trophäen eine weitere hinzufügen. Mit ihrer Rolle als Margaret Thatcher in „Die eiserne Lady“ holte sich der Hollywood-Star seine 26. Globe-Nominierung. Siebenmal hat sie bereits gewonnen, zuletzt 2010 für die Komödie „Julie & Julia“. Streep tritt in der Drama-Sparte gegen Glenn Close („Albert Nobbs“), Viola Davis („The Help“), Tilda Swinton („We Need to Talk About Kevin“) und Rooney Mara („Verblendung – The Girl with the Dragon Tattoo“) an.
Bei den Drama-Darstellern konkurrieren Brad Pitt („Die Kunst zu gewinnen – Moneyball“), George Clooney („The Descendants – Familie und andere Angelegenheiten“), Leonardo DiCaprio („J. Edgar“), Ryan Gosling („The Ides of March – Tage des Verrats“) und Michael Fassbender („Shame“). Der 34-jährige Fassbender ist in diesem Jahr die einzige deutsche Hoffnung. Der gebürtige Heidelberger mit deutschem Vater und einer irischen Mutter holte mit der Rolle als Sexsüchtiger seine erste Golden-Globe-Nominierung.
Alle Nominierungen für den Golden Globe 2012 finden Sie an dieser Stelle bei DIGITALFERNSEHEN.de im Überblick.[Barbara Munker/ar]
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