Die Frauenclique rund um Jane Fonda und Diane Keaton hat in den USA einen Überraschungshit gelandet. Das hat viel mit Charme und Chemie der Darstellerinnen zu tun – der Film drumherum hat einige Probleme.
Vieles an „Book Club – Das Beste kommt noch“ kommt in Wirklichkeit zu spät: Der Film ist beispielsweise mindestens sechs Jahre hintendran, was seine grundsätzliche Ausgangsidee angeht. Im Mittelpunkt steht eine Gruppe älterer Frauen, die in ihrem Lesekreis beschließen, „50 Shades of Grey“ zu lesen, und dank dieser Soft-SM-Geschichte beginnen, ihr eigenes Liebesleben aufzuräumen. Klingt nach einer fürchterlich konstruierten Ausgangslage und das ist es auch, aber nach dem holprigen Einstieg über einen schnell in die Jahre gekommenen Softporno in Buchform macht die Frauenkomödie vieles richtig.
Da ist allen voran die herausragende Besetzung: Jane Fonda spielt Vivian, eine erfolgreiche Geschäftsfrau, die am liebsten Beziehungen ohne allzu viel Verbindlichkeit eingeht. Diane Keaton übernimmt die Rolle von Diane, nach 40 Jahren Ehe frisch geschieden, dementsprechend etwas orientierungslos und mit wenig Lust, wieder bei der eigenen Tochter einzuziehen. Candice Bergens Sharon dagegen hat die Scheidung schon einige Jahrzehnte hinter sich, ohne je wirklich darüber hinweggekommen zu sein, und Mary Steenburgen als Carol erlebt nach 35 Jahren Ehe ein schweres Tief, in dem sich ihr Mann kaum noch für sie zu interessieren scheint.
Diese Archetypen werden durch ihre oft absehbaren Drehbucheskapaden geschickt, aber angesichts dieser Besetzung sind der absehbare Plot und die teils schamlos künstlichen Sonnenuntergänge aus dem Computer ohnehin zweitrangig. Die Menschen sind hübsch, die Hosenanzüge teuer, die kalifornischen Häuser der weißen Oberklasse geräumig und immer ist klar, dass da eine Premiumbesetzung zu sehen ist, die es auf beinahe ein Dutzend Oscar-Nominierungen und vier Auszeichnungen bringt. Ihnen 104 Minuten beim Weißweintrinken zu folgen, ist ein Vergnügen, keine Frage. Die Männerrollen rund um Andy Garcia und Don Johnson sind zwar auch ordentlich ausgesucht, aber dermaßen dünn gezeichnet, dass sie beinahe wie weitere Stücke in der Set-Dekoration ausschauen.
Die Damen schaffen es ohnehin nach einiger Zeit, auch ernstere Themen abseits all der Romanzen und halb-frivolen SM-Anspielungen anklingen zu lassen: Wie geht die Gesellschaft eigentlich mit Frauen um die 60 um? Welche Berechtigung haben ihre eigenen Wünsche? Und wieso sehen wir diese Schauspielerinnen nicht viel häufiger auf der großen Leinwand? Hollywood stellt sich gerade eine Reihe solcher Fragen zu bisher kaum repräsentierten Gruppen. Ähnlich wie beim aktuellen US-Hit „Crazy Rich“ mit vielen asiatischen Stars und bei der Teenage-Schwulen-Romantikkomödie „Love, Simon“ sind hier Menschen in zwar vorhersehbaren Geschichten zu sehen, ihre Filme werden aber dennoch Erfolge, gerade weil solche Charaktere eben sonst kaum in Hollywood zu sehen sind.
Dabei könnten die Gründe für eine ausgiebigere Beschäftigung mit Figuren abseits des Mainstreams sogar handfest finanziell ausfallen, denn wie diese anderen beiden Beispiele hat auch „Book Club“ sein Budget um ein Vielfaches wieder eingespielt. Die Branchenseite „The Numbers“ beziffert die Produktionskosten auf für US-Verhältnisse extrem schlanke 10 Millionen Dollar und denen steht allein in den USA und Kanada ein Einspiel von 68 Millionen Dollar gegenüber.
Bis zum Abspann dieses Frauenfreundschaft-Charmebolzens verschwinden dann auch die meisten Bedenken über die formelhafte Story, zu gewinnend fließt alles vor sich hin. Am Ende bleibt das Gefühl, dass das Einzige, was an diesem Sommer-Open-Air-Film zu spät kommt, der deutsche Starttermin zu Beginn des Herbstes ist. Das aber wiederum ist nichts, was sich nicht durch ein Glas Weißwein während der Vorstellung ausgleichen ließe.
[Christian Fahrenbach]
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