Filmkunstmesse startet: Eine Vorschau auf die Kino-Winter-Saison

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Zoe Saldana in "Emilia Perez"
"Emilia Perez" eröffnet die Filmkunstmesse. Foto: Neue Visionen Filmverleih/ Wild Bunch Germany

Zum 24. Mal findet in Leipzig die Filmkunstmesse statt – mit prominenten Gästen, Seminaren und Film-Highlights der Herbst- und Wintermonate.

Der Auftakt wird musikalisch. Zumindest für Kinobetreiber, Verleiher und andere Branchenvertreter, denn für alle Fachbesucher zeigt die Leipziger Filmkunstmesse am Montagabend den in Cannes preisgekrönten Film „Emilia Perez“. Ein Werk über eine Anwältin (Zoe Saldana), die einem mächtigen Gangsterboss (Karla Sofía Gascón) zu einem Neustart im Leben verhelfen soll: und zwar als Frau. Emilia Perez soll ihr Name lauten. Der Franzose Jacques Audiard hat diesen Film inszeniert, ein Regisseur, der sich bislang in verschiedenen Genres ausprobiert hat. Beispielsweise im Melodram mit „Der Geschmack von Rost und Knochen“ oder auch im Western mit „The Sisters Brothers“. In „Emilia Perez“ nimmt er nun den Begriff der Gangsterballade wörtlich.

Ein außergewöhnliches Gangster-Musical zum Auftakt

Audiard lässt seine Figuren in düster funkelnden Bildern singen und tanzen, mal zu wütendem Stampfen und stakkatoartigen Sprechgesängen auf Marktplätzen ansetzen. Mal halten sie die Zeit an, um Wohlhabende auf einer Gala musikalisch Lügen zu strafen. Insofern ist „Emilia Perez“ wahrscheinlich eine glückliche Wahl für den Auftakt dieser Messe-Veranstaltung, da er so spielerisch das formale Experiment mit kämpferischen Haltungen sowie zugänglichen Genrefilm-Konventionen verwebt und diese zugleich auf den Kopf stellt.

Es ist ein vergleichbarer Versuch, der Sparte des Musical-Kinos eine Rauheit und neue Radikalität entgegenzusetzen, wie ihn in diesem Kinoherbst auch der zweite Teil von „Joker“ in den Kinos unternimmt. Und „Emilia Perez“ fügt sich im Rahmen der Filmkunstmesse zu einem spannenden Doppel mit Claire Burgers Berlinale-Beitrag „Tandem – In welcher Sprache träumst du?“, der das Programm für die Öffentlichkeit eröffnet. Kein Musical, aber ebenfalls ein Werk, das sich mit biographischen Lücken, mit dem Erfinden und Konstruieren von Identitäten und dessen Verheerungen in familiären und freundschaftlichen Gefügen beschäftigt.

"Emilia Perez" läuft auf der 24. Leipziger Filmkunstmesse
„Emilia Perez“ von Jacques Audiard Foto: Neue Visionen Filmverleih/ Wild Bunch Germany

Die Filmkunstmesse bietet einen Vorgeschmack auf kommende Kino-Highlights

Beide Filme formen den Eintritt in ein mehrtägiges Messeprogramm, das in diesem Jahr aus fast 80 Filmen besteht, die alle in den kommenden Monaten anlaufen sollen. Branchenvertreter können sich auf der Messe vorab von ihnen überzeugen. Mit dabei ist traditionell ein Best-Of der großen Festivals. Vom Festival in Venedig sind etwa Tim Fehlbaums „September 5“, Andres Veiels Dokumentarfilm über Leni „Riefenstahl“ und „The Room Next Door“ vertreten, für den Pedro Almodóvar den Goldenen Löwen gewann. Von den Filmfestspielen in Cannes kommen neben „Emilia Perez“ unter anderem Ali Abbasis Donald-Trump-Biopic „The Apprentice“, Andrea Arnolds „Bird“ sowie „Anora“ von Regisseur Sean Baker, dem Preisträger der diesjährigen Goldenen Palme.

Der aus dem Iran geflohene Regisseur Mohammad Rasoulof wird sein Drama „Die Saat des heiligen Feigenbaums“ gemeinsam mit zwei der Hauptdarstellerinnen persönlich in Leipzig vorstellen. 2025 geht der Film für Deutschland in das Oscar-Rennen. Neben Rasoulof gehören unter anderem der Regisseur Jan Henrik Stahlberg, die Moderatorin und Produzentin Sandra Maischberger und die Regisseurin Constanze Klaue zu den Gästen der Filmkunstmesse.

„Die Saat des heiligen Feigenbaums“ von Mohammad Rasoulof Foto: Films Boutique/ Alamode Film

Die Herausforderungen der Branche

Im öffentlichen Programm der Messe, die bis zum 21. September stattfindet, werden unter anderem die Stummfilm-Hommage „Hundreds of Beavers“, die Romanverfilmung „Die geschützten Männer“ oder auch das Erotik-Drama „Motel Destino“ vorgeführt.

Die Kino-Branche trifft sich derweil abseits der Filmsichtungen auch in diesem Jahr zu diversen Panels und Seminaren. Diese widmen sich beispielsweise dem Kinder- und Jugendfilm, der Kinotechnik, dem Kino im ländlichen Raum sowie dem großen Thema der Nachfolge von Kinobetreibern. Herausforderungen also, die mit einem abwechslungsreichen Filmprogramm, das man auf der Messe sehen kann, allein nicht zu lösen sind. Es gilt einmal mehr, das Kino als kulturelle Praxis und Erfahrungsraum zukunftstauglich werden zu lassen.

Eine Übersicht über das gesamte Programm der Leipziger Filmkunstmesse findet man auf der offiziellen Website der Veranstaltung.

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