Lange haben Tarantino-Fans dem neuen Streifen des Meisters entgegen gefiebert, nun ist „Django Unchained“ endlich im Kino – und das gewohnt schräg und blutig, denn Tarantino macht seinem Ruf wieder einmal alle Ehre.
„Django Unchained“ ist unglaublich schräg, knallhart brutal und höchst vergnüglich. Ein waschechter Tarantino eben. Fans von „Pulp Fiction“, „Kill Bill“ und „Inglourious Basterds“ können sich auf eine bluttriefende „Tour de Force“ des 49 Jahre alten Kultregisseurs Quentin Tarantino freuen. Seine Hommage an das Genre des Spaghetti-Westerns, mit markiger Musik und brutalen Showdowns zwischen Schurken und Helden, macht „Django Unchained“ noch schriller als die gewohnt-extreme Tarantino-Kost. Dafür gab es bereits fünf Oscarnominierungen und Anfang dieser Woche auch schon zwei Golden Globes, darunter einen für Christoph Waltz als bester Nebendarsteller.
Nach seiner satirischen Abrechnung mit der NS-Zeit in „Inglourious Basterds“ (2009) nimmt es Tarantino nun mit einem düsteren Kapitel der amerikanischen Geschichte auf. 1858, irgendwo in Texas: Mit Sklaven, die sich an Fußketten durch die Nacht schleppen, geht’s gleich brutal zur Sache. Aber auch witzig, wenn Christoph Waltz alias Dr. King Schultz mit seinem Pferd Fritz als deutschstämmiger Kopfgeldjäger in den tiefen Südstaaten aufkreuzt.
Schultz und Django geben das wohl schrägste Paar ab, das dieses Jahr im Kino zu finden ist. Jamie Foxx spielt den einsilbigen, muskelbepackten Sklaven, der von Schultz befreit und zum Revolverhelden trainiert wird. Zusammen reiten sie schießend durch die Lande, erst auf der Jagd nach Kopfgeldbeute, dann auf der Suche nach Djangos versklavter Frau Broomhilda (Kerry Washington), die auf eine Plantage verkauft wurde.
Richtig, wer hieß damals schon Broomhilda? Es stört auch nicht, wennDjango eine coole Sonnenbrille und eine knallblaue Jacke mit weißerSpitze trägt. Und wenn Dr. Schultz beim nächtlichen Lagerfeuer mitschwerem Akzent von der deutschen Siegfried-Legende und Brünnhildeerzählt.
Ihre Odyssee führt nach Candyland, zu einer riesigen Sklaven-Plantage, die von dem teuflischen Calvin Candie (Leonardo DiCaprio) regiert wird. In seiner ersten wirklich bösartigen Rolle läuft DiCaprio zu Hochform auf. Zwischen ihm und Waltz fliegen Worte und Kugeln, dass es nur so kracht. Fast drei Stunden ist der Brutalo-Western lang – und keine Minute ist zu viel. Tarantino hat die Zuschauer mit Ironie und Blutorgien fest im Griff.
Er wollte vor allem eine „aufregende Abenteuergeschichte“ erzählen,betonte Tarantino in zig Interviews. „Aber sie sollte vor demHintergrund der Sklaverei spielen, damit man die Brutalität wirklichsieht, mit der Amerikaner ihre schwarzen Sklaven behandelt haben“, sagteer vor Journalisten in Berlin. Gedreht wurde an Originalschauplätzen imSüden der USA.
Schonungslos führt Tarantino die Unterdrückung und Tortur derSchwarzen vor Augen. Ständig fällt das verpönte „Nigger“-Wort.Darsteller Samuel L. Jacksonverteidigt den Film. „Ist es nicht vielmehr ein Problem, dass wirbisher nicht über diese Sachen gesprochen haben?“, sagte der schwarzeStar dem US-Filmblatt „Entertainment Weekly“. Er spielt Candies treuergebenen Haussklaven Stephen. Eine Figur, die „zum meist gehasstenNeger der Kinogeschichte“ werden wird, wie Jackson prophezeit. Als Böserist er so umwerfend gut, dass ein Nebenrollen-Oscar wirklich verdientwäre.
Doch es gibt auch Kritik: „Die Sklaverei war kein Sergio-Leone-Spaghetti-Western“, twitterte der schwarze Filmemacher Spike Lee(„Malcolm X“) beim US-Kinostart im Dezember. „Das ist respektlosgegenüber meinen Vorfahren“, sagte der 55-Jährige dem „Vibe“-Magazin.Nach Tarantinos Geschmack wäre „Django Unchained“ noch deutlich brutalerausgefallen. Nach Test-Vorführungen mit schockierten Zuschauern habe ereinige der schlimmsten Szenen abgeschwächt, verriet der Regisseur demUS-Fernsehsender NPR.Kinokritiken im Überblick
[Barbara Munker/fm]
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