Die Oscar-Show wurde länger, die Einschaltquoten stürzen ab: mit neuen Ideen will die Filmakademie in Hollywood die Trophäen-Gala aufmischen. Die Pläne stoßen auch auf Kritik.
Fast vier Stunden zog sich die Oscar-Gala im vergangenen März hin, eine der längsten Shows in Jahrzehnten. Gleichzeitig sanken die Einschaltquoten in den Keller. Nur 26,5 Millionen Zuschauer verfolgten das Trophäenspektakel am Bildschirm mit. Mehr als doppelt so viele waren es 1998, als der Blockbuster „Titanic“ vor 55,2 Millionen Zuschauern abräumte. Mit neuen Ideen will die Oscar-Akademie für frischen Wind sorgen.
Es soll eine neue Sparte („popular film“) zur Würdigung von Publikums-Hits geben. Wie die Filmakademie in Beverly Hills auf Twitter bekannt gab, soll die Oscar-Verleihung auch kürzer ausfallen. Die Show werde auf drei Stunden begrenzt, hieß es. Nach den neuen Plänen sollen einige Preise im Dolby-Theater während der Werbepausen statt in der Live-Show ausgeteilt werden. Höhepunkte dieser Ehrungen würden dann in gekürzter Form in die weltweite Übertragung eingespielt.
Zudem soll die Preisgala früher im Jahr stattfinden – nicht erst zum traditionellen Termin Ende Februar, sondern 2020 bereits am 9. Februar. In einer Mitteilung an Mitglieder der Filmakademie schrieb der Vorstand, diese Neuerungen seien am Dienstagabend von dem Gremium beschlossen worden.
Haben damit „Black Panther“, „Mission Impossible 6“ oder „Deadpool 2“ Chancen auf einen Oscar als Publikumslieblinge und Blockbuster? Im vergangenen März hatte es etwa der Horror-Hit „Get Out“ unter die neun Anwärter in der Top-Sparte „Bester Film“ geschafft. Am Ende holte das an den Kinokassen weniger erfolgreiche Fantasy-Märchen „Shape of Water – Das Flüstern des Wassers“ den Spitzen-Oscar.
Würden Genre-Filme wie „Get Out“ oder Actionstreifen dann nur für einen „populären“ Oscar nominiert werden, aber nicht mehr in der prestigeträchtigen Sparte „Bester Film“? Gelegentlich räumen Blockbuster wie „Titanic“, „Herr der Ringe“ und „Forrest Gump“ bei den Oscars ab. Doch meist werden nicht Kassenknüller, sondern Kritikerlieblinge nominiert, wie etwa in diesem Jahr der Liebesfilm „Call Me By Your Name“ oder die Tragikomödie
„Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“.
Einzelheiten über die geplante neue Sparte wollten die Oscar-Veranstalter erst später mitteilen, doch aus Hollywood verlautete bereits Kritik. „Wirklich, diese ‚best pop movie‘-Kategorie ist die schlechteste Idee der Akademie, seit sie mich gebeten haben, mit Schneewittchen zu singen“, lamentierte der Schauspieler Rob Lowe auf Twitter. Selbstironisch erinnerte er damit an seinen verpatzten Auftritt als Sänger auf der Oscar-Bühne im Jahr 1989.
Sorgen dürften sich auch die Filmschaffenden in Sparten wie Tonschnitt, Kurzfilm oder Make-up, denn die bisher live übertragenen Ehrungen in solchen Nebenkategorien sollen zur Zeiteinsparung beschnitten werden.
Alle paar Jahre lässt sich die Oscar-Akademie etwas Neues einfallen, um die Show spannender zu machen. 2010 etwa gab es aus heiterem Himmel einen Wachstumsschub von traditionell fünf Kandidaten in der Königskategorie „Bester Film“ auf zehn Anwärter. 2012 wurde ein neues Abstimmungsverfahren eingeführt, damit konnte die Zahl zwischen fünf und zehn Anwärtern liegen.
Fest steht: Die 91. Trophäen-Gala im kommenden Jahr soll am 24. Februar über die Bühne gehen. Die Nominierungen für die nächsten Academy Awards werden am 22. Januar 2019 verkündet. Doch bis dahin sind noch viele Fragen offen. Wer wird die Show produzieren? Wer steht als Moderator auf der Bühne? Der US-Komiker und Talkshow-Gastgeber Jimmy Kimmel gab nun zweimal hintereinander den Ton an. Er machte auf der Bühne eine gute Figur, aber auch er könnte dem Reformkurs der Akademie zum Opfer fallen. [Barbara Munker]
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