Sie sind düster, seltsam und dennoch charmant. Die Addams Family ist ein ungewöhnlicher Mix aus Familienunterhaltung und Grusel. Nun kehren die Addams‘ als Animationsspaß ins Kino zurück.
Sie sind schon ziemlich seltsam, diese Addams‘: Wo andere es sonnig und heiter lieben, bevorzugen sie dunkle Gewitterwolken. Ihre Speisen können nicht eklig und verdorben genug sein. Und ständig versuchen sie, sich gegenseitig in die Luft zu sprengen, aufzuspießen oder sonst wie zu quälen. Aber dennoch muss man sie gern haben, diese okkulten Gestalten – sind sie doch lustig, einfallsreich und trotz aller Düsternis unglaublich liebevoll zueinander. Kein Wunder, dass die „Addams Family“ seit ihrer Schöpfung von Zeichner Charles „Chas“ Addams für das Magazin „New Yorker“ vor gut 80 Jahren immer wieder auf der Bildfläche erscheint und Generation auf Generation unterhält.
Diese gruselige Erfolgstory setzt sich nun fort: Nach etlichen Verfilmungen, mit realen Schauspielern und als Zeichentrickserie, sind die Addams‘ erstmals animiert im Kino zu sehen – natürlich passend zum Gruselfest Halloween. In der amerikanischen Heimat hat das so viele Fans in die Kinos gelockt, dass gleich eine Fortsetzung in Auftrag gegeben wurde. Zu Halloween 2021 dürfte der zweite Teil zu sehen sein. Doch zunächst einmal startet Teil eins von „Die Addams Family“ in Deutschland.
Entgegen dem Erfolg an den Kinokassen gab es auch Kritik: Der Animationsfilm werde der erfolgreichen Kultvorlage aus den 1990ern mit den Stars Anjelica Huston und Raúl Juliá nicht gerecht; er nehme deren Geist nicht wirklich auf, fanden einige US-Kritiker. Doch solche Vergleiche sind häufig müßig und auch ein wenig ungerecht. Kann ein Trickfilm denn an einen Realfilm mit Kultstatus herankommen? Soll er das überhaupt? Und ist er vielleicht einfach für ein anderes, auch jüngeres Publikum gemacht – und nicht für die Ü40-Fans des Realfilms?
Optisch liefern Regisseur Conrad Vernon („Shrek“, „Madagascar 3 – Flucht durch Europa“) und sein Co-Regisseur Greg Tiernan auf jeden Fall einen liebevoll-gruseligen Augenschmaus. Der Animationsstil erinnert an Tim Burtons „Nightmare before Christmas“ und die Vampir-Reihe „Hotel Transsilvanien“: Die Figuren sind plastisch, das Setting fantasievoll mit etlichen schönen Details – immer zwischen Grusel und Spaß changierend.
Die Story holt auch Addams-Unkundige ganz am Anfang ab. Die Hochzeit der düsteren Morticia und des heißblütigen Gomez im Kreise ihrer seltsamen Verwandtschaft wird von Normalbürgern gestört, die diese ihnen fremde Gesellschaft vertreibt. Sie flüchten in ein dunkles Anwesen (irgendwo bei New Jersey). In diesem neuen Zuhause werden die Kinder geboren und groß – die melancholische Wednesday und ihr Streiche spielender Bruder Pugsley.
Alles könnte so schrecklich-schön sein, wäre da nicht Wednesdays pubertäres Verlangen nach Ausbruch aus diesem Familien-Idyll und die Konfrontation mit der Vorzeige-Siedlung „Assimilation“ am Fuße des Addams-Hügels. Denn die ist das genaue Gegenteil der Addams: pastellfarben-bunt, vordergründig gut gelaunt, angepasst – doch mit einem düsteren Geheimnis hinter der leuchtenden Fassade.
Es kommt zum Äußersten: Gerade als die gesamte Addams-Verwandtschaft zu einem wichtigen Familienfest zusammenkommt, greifen die guten Bürger von „Assimilation“ an. Solche Fremden will man nicht als Nachbarn haben! Doch vielleicht gibt es ja entgegen aller Vorurteile eine gemeinsame Zukunft für die „Monster“ und die „Normalos“?
Zugegeben, die Botschaft kommt etwas mit dem Holzhammer daher, aber dafür handelt es sich auch um einen Kinderanimationsfilm. Und in Zeiten des zunehmenden Populismus und von Hassbotschaften (nicht nur) im Internet dürfte es wichtig sein, schon Grundschülern zu zeigen: Das Unbekannte, das Fremde muss einem keine Angst machen, sollte eher Neugier erzeugen, denn möglicherweise sind uns die „Monster“ näher als man denkt.
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