Keanu Reeves und Winona Ryder in einer Romanze, die vom Hass auf alles Romantische lebt: Zu einer Hochzeit im Urlaubsparadies sind auch die frustrierte Ex und der verkorkste Bruder eingeladen. Die Not schweißt sie zusammen.
– Es ist Abneigung auf den ersten Blick. Frank (Keanu Reeves) ist ein arroganter Typ aus der Werbebranche, der jedes Gratis-Schnäppchen mitnimmt und Menschen hasst. Lindsay (Winona Ryder) ist ein hysterisches Nervenbündel, verklagt politisch unkorrekte Unternehmen und grübelt nonstop über ihr Pech. „Sie sind Bestandteil einer Welt, in der sich niemand mehr benehmen kann“, beschimpft die sexy Anwältin den hochgewachsenen Vollbart am Flughafen in der Schlange. Dafür, dass er jeden Smalltalk abwürgt und sich dreist vorbeimogelt, wirft sie ihn wütend in einen Topf mit Investmentbankern und Terroristen. Nein, das ist kein Traumpaar, das da am Anfang der neuen US-Komödie „Destination Wedding“ steht. Doch: Der Feind meines Feindes…
Denn was die beiden so verschiedenen Charaktere im Zentrum Kaliforniens erwartet, ist nicht weniger als eine Vorhölle. Der ölige Halbbruder von Frank, der vor Jahren die Verlobung mit Lindsay platzen ließ, lädt zu seiner Hochzeit mit einer unterbelichteten Dänin in den Urlaubsort Paso Robles ein. Für Frank und Lindsay, die sich bisher nicht kannten, steht ein dreitägiger Alptraum bevor. „Nicht zur Hochzeit zu kommen, wäre angemessen gewesen“, ist das zynische Fazit des Werbers über seine seelisch kaputte Familie.
Die beiden einzigen Solitäre der ach so romantischen Protz-Heirat mit Trauung bei Sonnenuntergang in den Weinbergen sollen offensichtlich verkuppelt werden. Daran wollen beide aber lieber keinen Gedanken verschwenden: „Glaubst du, dass es für jeden jemanden gibt?“ – „Ich glaube, dass es für niemanden jemanden gibt.“ Andererseits: Mit wem soll man auf diesem furchtbaren Fest sonst über das unsägliche Paar und die anderen Gäste lästern? Die beiden Eigenbrötler sind plötzlich in einer Schicksalsgemeinschaft aufeinander angewiesen.
Regisseur Victor Levin, der Drehbücher unter anderem für die preisgekrönte Serie „Mad Men“ schrieb, bleibt fast immer in Nahaufnahme auf dem ungleichen Paar, das diskutiert, lästert, streitet, flirtet. Die gruselige Hochzeitsgesellschaft wird zumeist schwammig und auf Abstand gehalten. So entsteht ein kleines Kammerspiel inmitten einer Menschenmenge – ein charmanter Kniff.
Auch die Idee, die 90er-Jahre-Stars Winona Ryder und Keanu Reeves für eine romantische Anti-Romanze vor die Kamera zu holen, hat ihren Reiz. Die zwei waren schon 1992 in „Bram Stoker’s Dracula“ ein zerbrechliches Paar. Beide haben nach einigen großen Erfolgen und jahrelanger Karriere-Delle neuerdings wieder schwer Konjunktur. Ryder spielt in der Netflix-Serie „Stranger Things“ eine durchgeknallte alleinerziehende Mutter im Kampf gegen Aliens. Reeves kommt in wenigen Monaten mit dem dritten Teil der Science-Fiction-Komödie „Bill & Ted“ in die Kinos, auf den Fans fast 30 Jahre warten mussten.
Was bei dem unterhaltsamen Dauer-Dialog aber etwas abhanden kommt, ist eine sexuelle Spannung zwischen den beiden Anti-Helden. Sie fehlt selbst beim Sex. Was bleibt? Eine leichte Feelgood-Komödie mit schönen Einfällen und spitzer Lebensweisheit. Nett für den Sommer.
[Christof Bock]
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