Spätestens seit dem Kinoerfolg von „Der Herr der Ringe“ sind die kleinen und vor allem haarigen Kreaturen weltbekannt. Als „Der kleine Hobbis“ 1937 das Licht der Welt erblickte, hat kaum jemand damit gerechnet, dass er sich zum Bestseller entwickeln würde. Mit 75 Jahren geht „Der kleine Hobbit“ nun auf seine vielleicht größte Reise.
Für Hobbits ist 75 wahrlich kein Alter. Die meisten werden über 112. Wenn sie sich nicht gerade wie Bilbo Beutlin freiwillig aus dem idyllischen Auenland herausbewegen, um Abenteuer zu erleben. Aber wer sollte bloß auf so eine abwegige Idee kommen? Genau 75 Jahre ist es her, dass der britische Sprachwissenschaftler und Schriftsteller John Ronald Reuel Tolkien seinen haarigen „Kleinen Hobbit“ auf große Reise schickte: Das Kinderbuch erschien am 21. September 1937 erstmals im britischen Verlag George Allen & Unwin. Tolkien war als genial, aber auch ganz schön verschroben bekannt. Doch mit seinen Ideen hat er Generationen von Autoren und Filmemachern beeinflusst. Fantasy-Literatur und Märchen, wie sie heute sind, wären ohne ihn und seinen „Hobbit“ kaum denkbar.
„Es ist so gut wie unmöglich, einen Fantasy-Autoren der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu finden, der nicht von Tolkien beeinflusst worden wäre“, erklärt Literaturwissenschaftler, Schriftsteller und Tolkien-Experte Adam Roberts. Das gelte besonders für Fantasy mit Erwachsenen als Zielgruppe.
Weltberühmt ist vor allem Tolkiens Monumentalwerk „Der Herr der Ringe“, das in Großbritannien 1954/55 erschien. Die deutsche Übersetzung ließ noch bis 1969/70 auf sich warten. Von da an wurde der „Herr der Ringe“ zum Kultbuch. Mit seinem Erfolg stieg auch die Popularität des deutlich älteren, kürzeren und eindeutig für Kinder gemachten „Hobbits“.
Geht es bei „Herr der Ringe“ um den Nationen umspannenden Kampf des Guten gegen das Böse, ist im „Hobbit“ der Überblick noch leichter zu behalten. Hobbits sind kleine, gemütliche, haarige Wesen mit sanftem Charakter. Einen von ihnen, Bilbo, schickt Tolkien zusammen mit Zwergen und Zauberern los, um einen Schatz aus den Klauen eines Drachens zu befreien. Dabei begegnen ihm wundervolle Wesen wie die Elben, aber auch schreckliche Monster wie die Orks. Und er findet einen Zauberring. Am Ende wird alles gut, und Bilbos Blick über den Tellerrand hat nachhaltig Einfluss auch auf seine Nachkommen.
Im englischen Original kam „The Hobbit“ 1937 heraus. „Das Buch war zunächst nur ein mäßiger Erfolg“, sagt Roberts. Bis zum Jahr 1950 seien rund 12 000 Exemplare verkauft worden. Im Schlepptau des „Herrn der Ringe“ sei die Zahl dann bis Ende der 1960er Jahre auf rund eine Million angestiegen. „Heute läge eine konservative Schätzung der Verkaufszahlen in allen Sprachen bei bis zu 100 Millionen Exemplaren.“
Pünktlich zum Geburtstag hat sich auch Hollywood erneut den „Hobbit“-Stoff vorgenommen. Regisseur Peter Jackson, der bereits den lange als unverfilmbar geltenden „Herr der Ringe“ auf die Leinwand brachte, lässt den Film-„Hobbit“ ebenfalls als Trilogie erscheinen. Kinostart des ersten Teils soll im Dezember sein. Die Titelrolle spielt Martin Freeman („Tatsächlich…Liebe“, „Sherlock“).
Aber warum ist der „Hobbit“ auch 75 Jahre nach seinem Auftauchen noch immer so geliebt? Roberts sieht drei Gründe. „Das offensichtlichste ist, dass der „Hobbit“ eine unglaublich fesselnde, gut lesbare Geschichte über einen sympathischen Charakter erzählt: Leser werden niemals müde werden, solche Bücher zu lesen.“ Der zweite sei die Erfindung der Hobbits an sich. „Weil sie so klein sind, können sich Kinder mit ihnen identifizieren; wegen ihres komfortablen Mittelklasse-Lebensstils spiegeln sie Erfahrungen vieler Erwachsener. Alles in allem sind sie ein guter Weg, den ‚kleinen Mann‘ und die ‚kleine Frau‘, also beinahe uns alle, ins Herz der Geschichte zu setzen.“
Drittens bekomme der „Hobbit“ Tiefe und Weitblick, weil er in Tolkiens umfassende Fantasiewelt eingebaut sei. Und die ist wahrhaftig schwer zu toppen. Der Oxford-Professor konstruierte ganze Sprachen für sein Land Mittelerde, in dem sowohl der „Hobbit“ als auch der „Herr der Ringe“ und das weitere Erfolgsbuch „Das Silmarillion“ spielen. Er schrieb eine Art Chronik mit detaillierten historischen Daten, schuf eine komplette eigene Mythologie, einen ganzen Kosmos. Nach eigenem Bekunden wollte er der „Roheit und Hässlichkeit des modernen Lebens“ die „Flucht in die Phantasie“ gegenüberstellen. Millionen Leser weltweit sind der Meinung, dass das bis heute niemand sonst in dieser Form hinbekommen hat. Roberts: „Das Buch bekommt dadurch eine seltene Räumlichkeit und Resonanz.“Archiv
[Britta Gürke/fm]
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