Für seine neue Rolle muss Daniel Brühl das Autofahren gewissermaßen neu lernen. Der 33-Jährige wird in der US-Produktion „Rush“ den dreimaligen Formel-1-Weltmeister Niki Lauda spielen.
Im Mittelpunkt des Films von US-Regisseur Ron Howard („Apollo 13“, „A Beautiful Mind“) soll die Rivalität des Österreichers mit dem britischen Formel-1-Playboy James Hunt Mitte der 70er Jahre stehen. Und damit auch Laudas schwerer Feuerunfall auf der legendären Nordschleife des Nürburgrings, bei dem er nur knapp dem Tod entging. „Es ist irgendwie ein komisches Gefühl, einen lebenden Mythos zu spielen“, sagte Brühl in einem Interview der Nachrichtenagentur dpa in São Paulo.
Müssen Sie selbst das Autofahren für die Rolle neu lernen?
Daniel Brühl: Ja, ich muss mich da reinarbeiten. Ich bin zwar schon immer ein Auto-Fan und fahre auch gerne schnell, aber das hat nichts damit zu tun, was die Jungs machen. Ich habe mit Kartfahren angefangen vor kurzem in Spanien und danach einen Formel-3-Kurs gemacht. Das war für mich schon ein Wahnsinnerlebnis. In so einer Formel-3-Kiste kam ich mir schon vor wie ein Rennfahrer – das ist aber natürlich lächerlich gegenüber dem, was professionelle Fahrer machen. Es ist für mich wichtig, dass ich ein Gefühl dafür kriege.
Nach den ersten Eindrücken am Steuer eines Rennautos – was fasziniert Sie am meisten?
Brühl: Es ist die Geschwindigkeit, das Geräusch, so tief über dem Boden zu sein. Einfach das Auto so intensiv zu spüren. Bei der Lenkung, beim Schalten – du spürst einfach alles. Es ist ein irres Erlebnis. Ich hatte danach wirklich Gänsehaut.
Gehen Sie davon aus, dass Ihre Beifahrer sich künftig sicherer neben Ihnen fühlen?
Brühl: Wenn meine Freundin neben mir sitzt, fühlt sie sich nicht sicher (lacht). Das Schöne an dem Beruf ist, dass man immer was dazu lernt. Insofern werde ich hoffentlich auch etwas dazu gelernt haben, was das Autofahren betrifft. Trotzdem wird der Respekt immer bleiben. Was die Jungs hier leisten, da bin ich nicht mal im Ansatz dran. Aber das wird von einem Schauspieler auch nicht verlangt.
Wie wichtig ist es denn, dass Sie Niki Lauda nun persönlich kennen und ihn als Bezugsperson haben?
Brühl: Das ist sehr wichtig. Man kennt ihn ja als sehr direkten Menschen. Ich bin froh, dass er mich, glaub ich, ganz gut leiden kann. Ich war schon etwas aufgeregt vor unserem ersten Treffen. Er war aber von Anfang an sehr offen. Es ist irgendwie ein komisches Gefühl, einen lebenden Mythos zu spielen. Da fühlt man sich schon manchmal ein bisschen befangen.
Waren Sie schon an der Stelle, wo der Unfall 1976 passierte?
Brühl: Ja, da war ich. Da war ein Vintage-Rennen mit Autos aus dieser Zeit. Regisseur Ron Howard war auch dort und hat schon etwas vorgedreht. Ich kenne den Nürburgring ganz gut, weil ich in Köln aufgewachsen und als Kind dort häufig hingefahren bin. Das ist natürlich eine hammerbrutale Strecke und es ist schon eindrucksvoll, wenn man weiß, dass man die Rolle spielen wird und nun dorthin fährt.
Was denken Sie, wenn Sie sie nun die Bilder von diesem Unfall sehen?
Brühl: Das ist das Faszinierende an dem Rennsport in dieser Zeit, dass man wirklich sein Leben bei jedem Rennen aufs Spiel gesetzt hat. Schrecklicherweise sind auch so viele gestorben.
Es war fast unvorstellbar, dass jemand diesen Unfall überleben könnte. Noch viel weniger aber, dass einer vier Wochen später schon wieder Rennen fährt.
Brühl: Da ist Niki eine Ausnahmefigur. Er hat seinen Körper und seinen Geist punktgenau im Griff. Er kann Ängste beiseiteschieben. Das ist faszinierend. Das muss man in dem Film auch umsetzen. Ich möchte mich diesem Zustand annähern. Ich werde aber nicht Niki werden. Wie bei jeder Rolle, die man von einer realen Figur spielt, bleibt es nur eine Annäherung. Ich versuche auch, diese 70er Jahre-Welt in mich aufzusaugen und zu beobachten. Das waren ganz andere Typen. Auch James Hunt zum Beispiel, der stand mit der Kippe auf dem Podium, und immer waren Frauen in der Nähe. Ein Womanizer, ein Draufgänger, und im Gegensatz dazu war ja Niki der technische Kopf, der auch in Interviews immer brillant und erbarmungslos antwortet.
Es waren auch die Typen, die den Macho-Ruf der Formel 1 geprägt haben. Wie viel ist denn nach Ihren Eindrücken davon heute noch übrig geblieben?
Brühl: Es war einfach anders. Aus der heutigen Sicht guckt man fast schon mal ein bisschen neidisch auf die Vergangenheit. Es würde mir gefallen, mal ein Jahr so zu leben wie in den 70ern. Aber wenn ich mir so einen (Sebastian) Vettel anschaue, dann denke ich auch, es ist ein großartiger Typ. Das macht Spaß. Da kann man zurecht Fan sein.
Wird es ein Lauda-Film sein oder einer über das Duell Lauda gegen Hunt?
Brühl: Der Fokus liegt auf beiden. Wenn ich mir eine Rolle hätte aussuchen können, wäre es genau die gewesen.
Wie lief es denn ab, bis Sie die Rolle hatten? Grundvoraussetzung dürfte ja ein Führerschein Klasse 3 gewesen sein.
Brühl: Ich bekam ein Drehbuch und da stand dann drunter: Lies es auf die Rolle Niki hin. Und dann hab ich mir das Buch durchgelesen und dachte mir: krass. Das fühlt sich erstmal ganz weit weg an. Wie soll ich da hinkommen? Ich habe beim Drehbuch-Lesen aber schon gemerkt, dass es fantastisch geschrieben ist. Wenn es für mich einen Crack gibt als Drehbuch-Autor, der reale Figuren im Film beschreibt, dann Peter Morgan. Alle Filme, die er gemacht hat und die auf realen Figuren basieren, haben mich umgehauen. Und dann noch zu wissen, dass Ron Howard Regie führt, von dem ich eh ein riesengroßer Fan bin, war einfach großartig. Ich habe gedacht, wenn es in deren Händen ist, dann könnte das ein super Film werden.
Wie lief es dann weiter?
Brühl: Ich wurde zum Casting eingeladen. Man hat ziemlich schnell ein Gefühl, ob es gut läuft oder nicht. Ich hatte ein gutes Gefühl. Trotzdem ist es meistens so, dass Du nach zwei Wochen angerufen wirst: War zwar super, aber leider wird es nichts. Ich war grade beim Autofahren, als mich die Nachricht ereilte, auf einer Serpentinen-Strecke in Spanien. Da hab ich aufs Handy geschaut und hatte drei Nachrichten aus London.
Gehen Sie davon aus, dass auch durch die Besetzung (u.a. Chris Hemsworth, Anna Maria Lara und Olivia Wilde) ein größeres Publikum angesprochen wird?
Brühl: Ja, vor allem so, wie die Geschichte geschrieben ist. Sie ist sehr emotional. Es geht um große Themen wie Feindschaft, Freundschaft, Rivalität, Erfolg, Misserfolg, Angst, Liebe, Leben aufs Spiel setzen, der ganze Sexappeal der 70er. Das hat so viele Zutaten, dass ich denke, dass nicht nur Motorsportbegeisterte sich den Film anschauen.
Wann wird „Rush“ in die Kinos kommen?
Brühl: Das kann ich noch nicht sagen. Wir fangen Ende Februar an zu drehen. Es wird bestimmt ein aufwändiger Film in der Nachbearbeitung, weil es viele Action-und Rennsequenzen gibt.
Vielen Dank für das Gespräch.INTERVIEWs im Überblick
[Interview: Jens Marx]
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