Vom Publikum geliebt und von den Kritikern geschmäht: Als Vollweib und Powerfrau ist Schauspielerin Christine Neubauer seit Jahren ein Quotengarant. Am 24. Juni wird die Münchnerin 50 und will sich auf neue Pfade wagen.
„Mein Geburtstagswunsch ist, dass ich weiterhin die Schubladen verlassen kann und sie nicht ganz über mir zugeklappt werden.“ Christine Neubauer weiß, dass sie seit Jahren auf bestimmte Rollen aboniert ist. Seit 30 Jahren steht die Schauspielerin vor der Kamera und hat als Landärztin, Geierwally und Vollweib überzeugt. Nun will sie ihren Job ruhiger angehen und neue Rollen ausprobieren. Auf die Publikumsrenner will sie nicht verzichten, Experimente aber dennoch wagen. „Ich bin ja Gott sei Dank jetzt dünner und kann deshalb auch aus einem kleineren Spalt besser herausspringen“, sagte sie selbstironisch. Am 24. Juni wird Neubauer 50 Jahre alt.
In den vergangenen Jahrzehnten hat die dunkelhaarige Schöne die ausgetretenen Pfade selten verlassen. Meist war sie in romantischen Komödien und Heimatfilmen zu sehen. Dabei gönnte sie sich kaum Pausen. Es gab Zeiten, da drehte sie mehr als ein Dutzend Filme pro Jahr. Neubauer gilt als eine der meistbeschäftigten Schauspielerinnen im deutschen Fernsehen – für die Fans ein Segen, für die Kritiker ein Fluch. Sie werfen ihr seichte Unterhaltung nach dem immer gleichen Schema vor.
Allein im Jahr 2009 wurden im deutschen Fernsehen 115 Filme mit ihr gezeigt, 2010 kaum weniger. Meist verkörperte sie die immer gleiche Rolle – eine Frau, die sich durchs Leben kämpft. Diese Omnipräsenz brachte ihr viel Häme ein. Regisseurin Doris Dörrie drohte gar mit dem Maschinengewehr, wenn sie noch einmal eine Frau sehe, die eigentlich 50 ist, aber sagt, sie ist 35, und eine Farm in Afrika aufmacht. Neid müsse man sich in der Branche offensichtlich hart erarbeiten, konterte die kurvige Münchnerin damals.
Nach drei Jahrzehnten im Geschäft will Neubauer anspruchsvoller werden, sagt sie. Sie will gern weniger und dafür stärkere Rollen spielen. So wie zuletzt im Nachkriegsdrama „Hannas Entscheidung“ oder als Mutter eines Kindes mit Asperger-Syndrom in „Der kalte Himmel“. Auch internationalen Produktionen will sie sich nicht verschließen. Einen Ruf nach Hollywood schließt Neubauer jedoch kategorisch aus: „Das ist als Frau utopisch. Da spiele ich lieber in Deutschland wunderbare Filme, als in Hollywood zu kellnern.“
Ihre Ausbildung bekam sie an der Schauspielschule in München und am Lee Strasberg Institute in New York. Der Durchbruch gelang ihr in den 80er Jahren mit der TV-Serie „Die Löwengrube“. Für ihre Rolle der Traudl Grandauer erhielt sie den ersten ihrer zwei Grimme-Preise.
Vor wenigen Monaten gönnte sie sich zum ersten Mal in ihrer Karriere eine achtmonatige Auszeit. „Ich hatte noch nie so eine lange Drehpause“, sagt Neubauer. In dieser Zeit reichte sie auch die Scheidung von ihrer Jugendliebe Lambert Dinzinger ein. Rund 3000 Kilometer reiste sie mit dem Auto durch Chile. Es sei eine neue und sehr gute Erfahrung gewesen, für längere Zeit weit weg von zu Hause zu sein. „Dort habe ich eine innere Ruhe gefunden. Es war eine Reise zu mir“, sagt sie. Sie könne seitdem die Kleinigkeiten im Leben mehr genießen.
Das Alter mache ihr keine Sorgen. Im Gegenteil: Sie sei dankbar für die Lebenserfahrung. „Ich bin bei mir angekommen. Ich fühle mich in meiner Haut so wohl wie nie“, sagt die gebürtige Münchnerin. Auch Falten oder ähnliche Zeichen des Alters machten ihr keine Probleme. „Das Leben in meinem Gesicht wird hoffentlich auch Fundament für viele weitere Rollen sein.“ Ihr Herzenswunsch sei es, in ihrem Beruf alt werden zu dürfen. „Das ist ein großer Traum. Wenn ich dabei noch viel reisen kann, wäre es perfekt.“
Ihren Geburtstag wird sie mit Freunden und ihrer Familie in Österreich in einem kleinen Dorf feiern. Dort dreht sie derzeit eine neue Folge der „Landärztin“. „Ich habe an meinem Geburtstag drehfrei und – was noch viel wichtiger ist – am Tag danach zum Glück auch.“Archiv
[Christiane Gläser/ps]
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