Mit „Deadpool“ feiert der etwas andere Marvel-Held sein Leinwand-Debüt. Denn im Gegensatz zu seinen Kollegen geht der von Ryan Reynolds dargestellte Deadpool wesentlich brutaler zu Sache – und strotzt dennoch vor Selbstironie und Witz.
„Ihr denkt jetzt vermutlich: Das ist ein Superhelden-Film, aber der Typ im Anzug hat aus dem anderen gerade einen Scheiß-Kebabspieß gemacht. Überraschung: Das ist ne andere Superhelden-Geschichte.“ Besser als von Marvel-Antiheld Deadpool selbst ist der Film, der in dieser Woche in die deutschen Kinos kommt, wohl nicht zusammenzufassen.
Mit eher bunt geratenen Filmen über die „Avengers“, „Iron Man“, „Thor“ oder die „Fantastischen Vier“ hat „Deadpool“ rein gar nichts zu tun. Die Geschichte ist deutlich sexier, düsterer, blutiger – und sehr viel witziger.
Dabei beginnt sie mit einer Schreckensnachricht, an der nichts lustig ist: Wade Wilson (Ryan Reynolds), ein Ex-Soldat, der sich als Söldner in einer zwielichtigen Organisation seinen Lebensunterhalt verdient, hat Krebs im Endstadium. Da ist nichts zu machen. „Der Krebs sitzt nur in Leber, Lunge, Prostata und Gehirn – alles Dinge, die ich nicht brauche.“ Und das ausgerechnet, als er mit Vanessa (Morena Baccarin) gerade seine große Liebe gefunden und ihr einen Heiratsantrag gemacht hat.
Um ihr schmerzhafte Monate an der Seite eines todkranken Krebspatienten zu ersparen, begibt er sich in die Hände des skrupellosen Ajax (Ed Skrein), der verspricht, einen Superhelden aus ihm zu machen. Wades einzige Sorge: „Ich will nicht, dass der Superhelden-Anzug grün ist – oder animiert.“ Einen grünen Anzug muss Schauspieler Reynolds ja schließlich schon als grüne Laterne in „Green Lantern“ tragen.
Doch Ajax macht aus ihm in grauenvollen Folter-Experimenten, die der Film bis ins schrecklichste Detail auskostet, ein unverwundbares Wesen – und (zumindest optisch) ein Monster.
Denn er sieht danach aus, „wie ein Hoden mit Zähnen“ – oder, wie sein bester Freund es ausdrückt, „als hätte Freddy Kruegers Gesicht eine topographische Karte von Utah gefickt“. Ajax sagt ungerührt: „Sexiest Man alive wirst Du nicht mehr.“ Das wurde Schauspieler Reynolds im Jahr 2010.
Weil Ajax versucht, ihn zu seinem „Supersklaven“ zu machen, wird er zu Wades Erzfeind. Und als sich herausstellt, dass der auch noch hinter Wades Freundin Vanessa her ist, wird Wade zu Deadpool, zum Superhelden wider Willen: „Ich wollte nicht super sein, und ich bin kein Held. Aber wenn Du mitkriegst, dass dein schlimmster Feind hinter deinem Mädchen her ist, ist es höchste Zeit, ein Scheiß-Superheld zu sein.“
Was folgt, ist eine blutige Verbrecherjagd, an der auch Quentin Tarantino seine Freude haben dürfte. Wo herkömmliche Superhelden-Geschichten gnädige Film-Schnitte setzen, hält die Kamera in „Deadpool“ genüsslich drauf. Blut spritzt, Gehirnmasse klatscht zu Boden, Gliedmaßen fliegen. Und nebenbei hat „Deadpool“ auch noch Zeit, sich gegen die Anwerbungsversuche der „X-Men“ Colossus und seiner Praktikantin Negasonic Teenage Warhead (auf den Superhelden-Namen ist Deadpool sehr neidisch) zu wehren.
Der Zuschauer frage sich bestimmt, „wem ich die Eier kraulen musste“, um einen eigenen Film zu bekommen, richtet Deadpool sich ziemlich zu Beginn an sein Publikum. Den Namen verrate er nicht, aber „sein Name reimt sich auf Polverine“. Der Film von Regisseur Tim Miller ist ein sehr unterhaltsamer, mit Seitenhieben auf die „X-Men“, Reynolds selbst und seine Kollegen wie Hugh Jackman gespickter Marvel-Comic für Erwachsene geworden.Kinokritiken im Überblick
[Britta Schultejans/buhl]
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