Best-of 2024: Die besten Filme in TV, Streaming und Kino

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Paul und Chani in "Dune: Part Two"
Szene aus "Dune: Part Two" Foto: 2024 Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved.

Ein Rückblick auf das Filmjahr 2024: DIGITAL FERNSEHEN stellt eine kleine Auswahl an Titeln vor, die man gesehen haben sollte.

Dune: Part Two

Denis Villeneuve hat mit dem zweiten Teil seiner Romanverfilmung bewiesen, dass „Dune“ zu den zentralen Blockbuster-Stoffen unserer Zeit gehört. Der Machtkampf um den Wüstenplaneten, die Rachefantasien und Herrschaftsgelüste haben bislang zu keiner ausformulierten These oder einer Lösung geführt. Dafür hat „Dune: Part Two“ in imposanten Bildern und Klangwelten eine düstere Gegenwartsdiagnose vorgenommen, die zwischen gestreuten Ideologien, geopolitischen und ökologischen Krisen und kapitalistischen Hierarchien den tragischen Sturz in den Faschismus kommen sieht. Selbstreflexives, episches Massenkino, dem die dazugehörigen Serie „Dune: Prophecy“ in diesem Jahr leider nur in Ansätzen das Wasser reichen konnte.

„Dune: Part Two“ lief zunächst in den Kinos und ist inzwischen unter anderem im Wow-Abo sowie auf DVD und Blu-ray verfügbar.

Die Sandwürmer in „Dune: Part Two“ Foto: 2023 Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved.

Die Saat des heiligen Feigenbaums

Es ist nur eines von vielen Bildern, die sich einbrennen: Schrotkugeln, die polternd und blutspritzend in ein Waschbecken fallen. Sie wurden aus dem Körper einer jungen Frau operiert, die in die brutalen Niederschlagungen der Proteste im Iran verwickelt wurde. Der mittlerweile aus dem Land geflohene Regisseur Mohammad Rasoulof hat dieses meisterhafte, fast dreistündige Drama über die aktuelle „Women – Life- Freedom“-Bewegung im Geheimen gedreht. „Die Saat des heiligen Feigenbaums“ entwickelt dabei aus dem Schicksal und Generationenkonflikt einer einzelnen Familie eine eindringliche Parabel über Opportunismus und Aufbegehren in einem Unrechtssystem, die noch dazu in einem hochspannenden Thriller-Finale gipfelt. Bei der bevorstehenden Oscar-Verleihung geht der Film als deutscher Beitrag für die Kategorie „Bester Internationaler Film“ ins Rennen. Ein spätes Highlight im Kinojahr 2024.

„Die Saat des heiligen Feigenbaums“ läuft seit dem 26. Dezember 2024 in den deutschen Kinos.

"Die Saat des heiligen Feigenbaums" ist einer der besten Filme 2024
„Die Saat des heiligen Feigenbaums“ Foto: Films Boutique/ Alamode Film

No Dogs Allowed

Der wahrscheinlich mutigste deutsche Fernsehfilm des Jahres. „No Dogs Allowed“ packt das Tabuthema Pädophilie aus Sicht eines Teenagers an, der feststellt, dass er sich sexuell zu kleinen Jungen hingezogen fühlt. In einem viel älteren Mann findet er eine Bezugsperson, die ihn jedoch bald für ihr eigenes Begehren auszunutzen beginnt. In einer Mischung aus Coming-of-Age-Drama und Kriminalfilm entwickelt dieser eindringliche, brillant gespielte, wenngleich schwer erträgliche Film ein komplexes Bild jugendlicher Scham und der Bildwelten, die sie kreiert und der sie ausgeliefert ist. „No Dogs Allowed“ entwickelt daraus eine diskussionswürdige Momentaufnahme über einen Heranwachsenden, der permanent auf der Flucht vor anderen und sich selbst ist. Mit blinder Stigmatisierung und Stillschweigen, zeigt dieser Film, ist niemandem geholfen.

„No Dogs Allowed“ feierte im November seine Erstausstrahlung im ZDF und kann in der ZDF Mediathek gestreamt werden.

Gabo und Dave im Café
Foto: ZDF/ Jolanda Selting

Ich sehe was, was du nicht siehst: Vier unglaubliche Geschichten

Eigentlich ist es eine Mogelpackung, den Film auf dieser Liste unterzubringen. Schließlich handelt es sich bei den „Vier unglaublichen Geschichten“ lediglich um einen neuen, anderthalbstündigen Zusammenschnitt von Kurzfilmen, die bereits im Vorjahr bei Netflix erschienen. Kultregisseur Wes Anderson („Grand Budapest Hotel“) hat darin mehrere Kurzgeschichten des Kinderbuchautors Roald Dahl auf einzigartige Weise adaptiert. „Ich sehe was, was du nicht siehst“ ist die erste und längste der Geschichten und ergründet das hellseherische Erfolgsgeheimnis eines wohltätigen reichen Mannes.

Anderson zeigt sein prominentes Ensemble (unter anderem Benedict Cumberbatch und Ralph Fiennes) dabei in irren Verwandlungsnummern, die zwischen filmischer Fiktion und den vorgetragenen Prosatexten Roald Dahls hin- und herspringen. Diese abgründig komische Anthologie an Kurzfilmen spielt so mit der eigenen Form und Illusion, der man abwechselnd beim Entstehen und Kollabieren zusehen kann. Comedy und gebrochenes Schauspiel in Bertolt-Brecht-Manier. Ein seltenes, originelles Highlight im Netflix-Programm, das man nicht genug empfehlen kann.

„Ich sehe was, was du nicht siehst“ feierte 2023 Weltpremiere bei den Filmfestspielen von Venedig und wanderte anschließend direkt in das Portfolio von Netflix.

Benedict Cumberbatch schwebt über dem Boden
Benedict Cumberbatch in „Ich sehe was, was du nicht siehst“ Foto: Netflix

The Zone of Interest

Jonathan Glazers Oscar-prämierter Film ist eine Zäsur in der künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Holocaust. In „The Zone of Interest“ zeigt er das beschauliche Familienleben des Kommandanten von Auschwitz, das Mauer an Mauer neben dem Vernichtungslager stattfindet. Aus der Verzahnung eines Wohnidylls mit dem Terror, der nur schemenhaft im Hintergrund oder über die gespenstische Tonspur erfahrbar wird, entsteht ein einzigartiges filmisches Experiment. Nicht nur, dass Glazer eine Provokation über eine Krise des Abbilds, die künstlerische Ungreifbarkeit der Ausmaße des nationalsozialistischen Massenmords kreiert, wie in vielen Besprechungen diskutiert wurde. „The Zone of Interest“ verfremdet den Blick auf das historische Geschehen und abstrahiert es zu einer brisanten, gegenwärtigen Versuchsanordnung über ideologische Verblendung und vermeintliche Pflichterfüllung, die für die Sicherung des eigenen Wohlstands und Konsums über Leichen geht. Solange es einem selbst besser als anderen geht, ist fremdes Leid schnell ausgeblendet.

„The Zone of Interest“ kam im Februar 2024 in die deutschen Kinos und ist mittlerweile unter anderem bei Wow sowie auf DVD und Blu-ray verfügbar.

"The Zone of Interest" Poster
Leben neben dem Vernichtungslager Foto: LEONINE Licensing GmbH

La Chimera

Alice Rohrwacher hat einen bezaubernden Film über das Leben in der italienischen Provinz gedreht. In den 1980er-Jahren zieht dort eine Gruppe Räuber, die Tombaroli, umher, um alte etruskische Gräber auszurauben. Angeführt werden die Gauner von dem Engländer Arthur (Josh O’Connor), der über übersinnliche Kräfte zu verfügen scheint, um die Schätze aufzuspüren. „La Chimera“ erzählt in beeindruckenden, analog aufgenommenen Bildern von dem historischen Erbe, das unter dem Boden lauert und auf dem sich die heimgesuchten Figuren der Gegenwart bewegen. Vergangenes und Heutiges, Wachen und Träumen, Realistisches und Wundersames, Romantik und Gewalt verschmelzen in dem magischen Realismus der Regisseurin, die hier ein melancholisches Drama über das Auratische der Kunst und eine alles verzehrende Nostalgie inszeniert hat. Letztere wird so quälend, dass ihre Weltflucht dort tröstlich wird, wo sie nur noch mit dem eigenen Tod verschmelzen kann.

„La Chimera“ kam im April 2024 in die Kinos und ist inzwischen auf DVD sowie im Streaming-Abo von Mubi verfügbar.

Josh O'Connor in "La Chimera"
Arthur führt die Grabräuber an. Foto: MUBI

Here

„Here“ ist ein oft missverstandener, ein oft zu Unrecht belächelter Film. Robert Zemeckis („Forrest Gump“) überschreitet in seinem durchweg grotesken, aber bislang ambitioniertesten Werk munter Gattungsgrenzen. Eine Graphic Novel wird zur Theaterbühne wird zum Spielfilm. In einer statischen Kameraeinstellung erzählt Zemeckis die Geschichten, die sich in einem Wohnzimmer in einem kleinen Haus zutragen und zugetragen haben. Eine Generation löst die andere ab. Es wird geliebt, gelacht, gelitten und gestorben. Darsteller wie Tom Hanks werden tricktechnisch verjüngt und zum Altern gebracht. Die großen, sensationslüsternen Boulevard-Dramen auf der kleinen Rampe, auf der Figuren in die Kamera und in den Kinosaal sprechen.

Währenddessen tun sich permanent Split Screens und neue Kacheln in den Bildern auf, die alle Zeitgrenzen zum Fließen bringen. Urzeit, amerikanischer Bürgerkrieg, der Alltag der Indigenen, die Corona-Pandemie: Alles ist „Here“ im selben Moment präsent. Amerikanisches Melodram wird zur Avantgarde und die Illusion der abgekapselten heimischen, heilen Wohnzimmerwelt wird von dem, was andere vor uns hinterlassen haben, und dem, was wird anderen hinterlassen, überlagert. Visionäres, formverspieltes Kino!

„Here“ läuft seit dem 12. Dezember 2024 in den deutschen Kinos.

Tom Hanks und Robin Wright in „Here“ Foto: DCM

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