Die sympathsiche Ost-Berlinerin Anna Thalbach stand mit sechs Jahren das erste Mal auf der Bühne. Zu dem Zeitpunkt wusste sie noch nicht, dass sie genau wie ihre Mutter ein Leben als erfolgreiche Schauspielerin führen würde. Aber es schlummern noch ganz andere Talente fernab des Schauspiels in der jungen Frau…
„Befremdlich“ findet es Anna Thalbach, wenn jemand zu ihrem 40. Geburtstag am Samstag (1. Juni) eine Geschichte über sie schreiben möchte. „Ich nehme das nicht so wichtig“, sagt die Schauspielerin aus Berlin. „Heutzutage kann man doch 90 werden, wenn man gut und pfleglich mit sich umgeht. Eigentlich habe ich also die größere Lebenshälfte noch vor mir.“
So ist sie: Klar, direkt, sehr bestimmt – obwohl sie mit ihren 158 Zentimetern und dem zarten Gesicht mit den riesigen Augen fast zerbrechlich wirkt. Ihrer Mutter Katharina Thalbach (59) gleicht sie so sehr, dass Fotografen die beiden auf dem Roten Teppich auch schon mal verwechseln.
Doch während andere Prominentenkinder den ständigen Hinweis auf die großen Fußstapfen ihrer Altvorderen hassen, findet Anna Thalbach nichts dabei, als „Tochter von …“ gehandelt zu werden. „Es stimmt ja – ich bin doch ihre Tochter“, sagt sie bei einem Treffen mit der dpa im heimatlichen Prenzlauer Berg. „Schwierig ist das, glaub‘ ich, nur für Kinder, die sich ihrer selbst nicht sicher sind. Aber ich habe keinen Zweifel an meinen Fähigkeiten.“
Mit sechs stand sie das erste Mal an der Seite ihrer Mutter in dem Ganovenfilm „Engel aus Eisen“ vor der Kamera. Seither ist sie zu einer der angesehensten deutschen Schauspielerinnen geworden. Zu ihren mehr als 90 Kino- und TV-Filmen gehören Hark Bohms „Herzlich willkommen“, Hermine Huntgeburths „Gefährliche Freundin“ und Bernd Eichingers „Der Baader Meinhof Komplex“.
2011 sorgte sie für Aufsehen, als sie in einer Doppelrolle mit ihrer Mutter im TV-Dokudrama „Friedrich – Ein deutscher König“ den berühmten Preußenherrscher spielte. Selbst Kritiker, die sich an der weiblichen Besetzung der Monarchenrolle störten, attestierten ihr Einfühlungsvermögen und dramatische Qualität.
Doch derzeit ist Flaute beim Drehen. „Das Fernsehen stampft sehr ein, und beim Film ist es tendenziell auch so. Für Qualität wird immer weniger gezahlt“, sagt Anna Thalbach. Ein aktuelles Projekt steht zumindest kurzfristig erstmal nicht an. „Und ich bin halt nicht jemand, der gern Klinken putzt. Ich will lieber gefragt werden.“
Ums Überleben macht sich die allein erziehende Mutter einer inzwischen 18-jährigen Tochter trotzdem keinen Kopf. Mit mehr als 350 Hörbüchern ist sie inzwischen eine der gefragtesten Vorleserinnen Deutschlands, 2008 erhielt sie den Deutschen Hörbuchpreis als Beste Interpretin.
Obwohl die gebürtige Ost-Berlinerin nie eine Stimmausbildung hatte, marschiert sie ins Studio, setzt sich vors Mikro und liest jeden x-beliebigen Text, als sei es seit Jahren ihr Lieblingsbuch. „Ich konnte schon mit vier lesen, das ist mir irgendwie in die Wiege gelegt.“ Zumindest die Miete ist so gesichert.
Eine dritte Begabung will T. aus B., wie sie sich auf ihrer Homepage nennt, mit der Zeit noch weiter ausbauen: Schon immer hat sie auch gern geschrieben, gemalt und gezeichnet, im Jahr 2000 trat sie mit einer Ausstellung ihrer „Schriftbilder“ erstmals an die Öffentlichkeit.
„Ich kann mir auch vorstellen, das einmal ganz zu machen, wenn ich ein bisschen älter bin“, sagt sie – und muss beim Gedanken an ihre 40 unwillkürlich lachen. „Das ist eine sehr autonome Arbeit, da ist man von niemandem abhängig.“
Vorerst aber bleibt auch die Teamarbeit – vor allem mit ihrer Mutter – ein wichtiges Standbein. Jedes Jahr im Winter steht sie unter deren Regie im Berliner Theater am Kurfürstendamm auf der Bühne. Zudem treten beide regelmäßig mit einem literarischen Abend auf, bei dem sie Texte des 2001 mit 56 Jahren gestorbenen Dichters und Dramatikers Thomas Brasch („Vor den Vätern sterben die Söhne“) lesen.
Der einstige DDR-Rebell, ebenso radikal wie innerlich zerrissen, war der langjährige Lebensgefährte von Katharina Thalbach und von kleinauf Annas Ziehvater. „Seine Texte haben für mich eine solche Kraft und zugleich eine solche Poesie, wie ich es bis jetzt nicht wieder gelesen habe“, sagt sie. „Für mich ist das eine schöne Art, noch mit ihm zusammen zu sein.“Archiv
[Nada Weigelt/das]
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