Eine kürzlich veröffentlichte Schwarzmarkt-Studie der Universität Leipzig wirft ein Licht auf die wachsende Präsenz des Glücksspiels im Online-Sektor und die Schwierigkeiten, Spieler in den regulierten Markt zu lenken. Insbesondere der Glücksspielstaatsvertrag von 2021 (GlüStV), der darauf abzielt, Spieler in den legalen Bereich zu kanalisieren, steht in der Kritik.
Besonders die Differenz der offiziellen Zahlen der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL) und der unabhängigen Schwarzmarkt-Studie werfen Fragen auf und verdeutlichen die Komplexität der Situation.
Vor diesem Hintergrund diskutieren Verbände und Behörden intensiv über weitere Maßnahmen zur Stärkung des legalen Marktes und zur Eindämmung von Glücksspielwerbung im Fernsehen.
Neue Regeln, alte Probleme: Ausländische Casinos überschwemmen den Markt
Die Zielsetzung des Glücksspielstaatsvertrags 2021 (GlüStV) bezüglich der Kanalisierung stellt für den deutschen Glücksspielmarkt eine wesentliche Herausforderung dar. Trotz der Einführung neuer Regelungen verbleibt ein beträchtlicher Anteil der Spieler weiterhin auf nicht regulierten und somit illegalen Glücksspielseiten. Diese Entwicklung wirft wichtige Fragen hinsichtlich der Wirksamkeit der Regulierung und der angewandten Strategien auf.
Die Zugänglichkeit von Online-Casinos, die außerhalb der deutschen Regulierung operieren, hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Neuen Online-Casinos wird es zu einfach ermöglicht, Spieler in Deutschland gezielt mit ihrem Angebot anzusprechen.
Trotz der Bemühungen der deutschen Regierung, den Markt zu regulieren und Spieler in den legalen Sektor zu lenken, bleibt das ausländische Casino-Angebot den deutschen Behörden ein Dorn im Auge und der Schwarzmarkt behält weitestgehend die Oberhand.
Im Gegensatz zu deutschen Anbietern können ausländische Betreiber etwa aggressivere Marketingstrategien einsetzen und attraktivere Angebote bereitstellen, was dazu beiträgt, dass ein beträchtlicher Teil der deutschen Glücksspiel-Aktivitäten dem regulierten Markt entzogen wird.
Dominanz des Schwarzmarkts im Online-Glücksspielsegment
Die Zahlen der Schwarzmarkt-Studie von Wirtschaftswissenschaftler Gunther Schnabl der Universität Leipzig zeigen dabei die aktuelle Entwicklung für den Bereich Online-Casino:
- 50,7 % der Spieler spielt legal auf dem deutschen regulierten Markt und
- 49,3 % der Spieler auf dem nicht regulierten illegalen Markt
- 28,9 % EU-Ausland (z. B. Malta)
- 19,9 % Offshore-Anbietern (z. B. Curaçao)
Demnach bevorzugen etwa die Hälfte der deutschen Spieler illegale Anbieter von Online-Casinos.
Zudem erwirtschaftet der Schwarzmarkt 75 % aller Online-Glücksspiel-Umsätze (Bruttospielerträge), was zu erheblichen Steuerausfällen und einem wirtschaftlichen Schaden von mehreren hundert Millionen Euro pro Jahr für die deutsche Regierung führt.
Abweichung bei den offiziellen Zahlen: GGL vs. unabhängige Studie
Die offiziellen Zahlen der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL) unterscheiden sich stark von der unabhängig durchgeführten Schwarzmarkt-Studie.
Die Studie verwendet das Online-Meter-Panel des Marktforschungsunternehmens Nielsen, bei dem etwa 25.000 Personen anhand von nachfolgenden Parametern erfasst wurden:
- Registrierte Besuche mit PC/ Smartphone (Domains, URLs, per App)
- Es muss sich um Echtgeld-Spiele handeln
- Das Angebot ist auf deutsch und in Deutschland (ohne VPN) verfügbar
- Für die Registrierung wird ein deutscher Wohnsitz akzeptiert
Die Behörde verwendet zudem verschiedene Methoden wie eine Analyse der Besucheraktivitäten sowie eine Auswertung von Affiliate-Marketing-Netzwerken. GGL nimmt deshalb an, dass der illegale Markt etwa einem Marktvolumen von 300 bis 500 Millionen Euro entspricht und somit lediglich 2 bis 4 % den legalen Markt ausmacht. Wie genau die GGL bei ihrem Verfahren vorgeht und auf ihre Werte kommt, wird allerdings nicht ausführlicher erklärt.
Daraus resultierend geht die Behörde von etwa 800 bis 900 illegalen Glücksspiel-Portalen aus.
Auffällig scheint jedoch: Die Eidgenössischen Spielbankenkommission (ESBK) der Schweiz oder auch die italienischen Glücksspielaufsicht ADM haben auf ihrer jeweiligen Blacklist deutlich höhere Zahlen an gesperrten Domains.
Maßnahmen zur Kanalisierung: Zusammenarbeit zwischen Verbänden und Industrie
Um das Kanalisierungsziel des Glücksspielstaatsvertrages zukünftig zu erreichen, müssen nachfolgende Maßnahmen ergriffen werden:
- Beschleunigung der Genehmigungsprozesse durch die GGL
- Anhebung der Einsatzgrenzen für virtuelle Spielautomaten
- Erweiterung des Wettangebots im Bereich Sportwetten
- Abschaffung der künstlichen Wartezeit (5 Minuten) beim Wechsel von Spielformen oder Anbietern
- Sicherstellung der Werbemöglichkeiten für legale Anbieter
- Umstellung der Besteuerung auf die Bruttospielerträge anstelle der aktuellen europaweit einzigartigen Spieleinsatzsteuer
Um diese Maßnahmen erfolgreich umzusetzen, bedarf es jedoch einer engen Zusammenarbeit der Verbände mit der Industrie, damit die verfolgten Interessen und Ziele aller Beteiligten übereinstimmen und der illegale Schwarzmarkt zurückgedrängt werden kann. Nur dadurch kann ein optimaler Spielerschutz ermöglicht werden.
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